Am Donnerstag haben sich die Ministerpräsidenten der Bundesländer erneut zum Corona-Gipfel getroffen und erste gemeinsame Beschlüsse gefasst. Doch es könnte noch schärfere Maßnahmen geben. Maybrit Illner diskutierte am Donnerstagabend mit ihren Gästen die Frage: "Politik wieder im Ausnahmezustand – kommt der Lockdown für Ungeimpfte?"
Frank Ulrich Montgomery, Vorstandsvorsitzender des Weltärztebundes, hält einen Lockdown für ein stets denkbares Mittel zur schnellen Eindämmung der Corona-Pandemie. Kanzleramtsminister Braun konnte sich – anders als noch vor wenigen Wochen – auch eine Impfflicht für Pflegeberufe vorstellen.
Tag für Tag meldet das Robert-Koch-Institut derzeit einen neuen Höchststand bei den Corona-Infektionen. Wie konnte es so weit kommen?
Der Vorstandsvorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, problematisierte den ständigen Streit in der Politik. Er erklärte: "Die Politik hat aus meinen Augen in ihrem Hickhack die Bürger alleine gelassen und hat ziemlich versagt."
Journalist Giovanni di Lorenzo bemängelte einen "großen Mangel an Entschlossenheit" im politischen Handeln. Doch auch die Menschen hierzulande seien für die Lage verantwortlich. Anders als beispielsweise in Italien fehle es den Menschen di Lorenzo zufolge in Deutschland am Willen zur Bekämpfung der Pandemie.
"Ich stelle fest, es gibt in weiten Teilen der Bevölkerung einen Widerstand gegen Maßnahmen, die als vernünftig gelten und die eigentlich auch beschlossen sind." Dies betreffe laut di Lorenzo nicht nur einen harten Kern von Querdenkenden. Den Menschen in Deutschland fehle der unbedingte Wille, die Pandemie zu beenden.
Alle in der Runde waren sich einig, dass nun möglichst schnell, sehr viel geimpft werden müsse. Lungenfacharzt und Intensivmediziner Christian Karagiannidis bezeichnete die Impfung als "einzige, echte nachhaltige Lösung". Karagianidis mahnte jedoch auch, dass einen Akkuteffekt nur bringen werde, wenn die Bevölkerung sich darüber hinaus ganz diszipliniert an die Maßnahmen hielte.
Laut Hendrik Streeck und Giovanni di Lorenzo fehle es jedoch immer noch an ausreichend Impfaufklärung. Frank Ulrich Montgomery sah dies anders. Er entgegnete:
Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt mahnte: "Wenn das mit dem Impfen jetzt nicht richtig, richtig schnell losgeht, dann wird es uns auch im Januar und Februar noch Probleme machen. Es wird auf den Intensivstationen eine noch dramatischere Situation geben als jetzt schon."
Die entscheidende Frage des Abends packte Moderatorin Maybrit Illner erst ganz zum Schluss auf den Tisch: Wird es einen Lockdown für Ungeimpfte geben? Frank Ulrich Montgomery bezeichnete diese Frage als eine politische, keine medizinische.
Dennoch wollte er die umstrittene Maßnahme nicht ausschließen. "Die erfolgreichste, schnellst-wirksame Maßnahme ist nach wie vor die absolute Kontaktbeschränkung", erklärte der 69-Jährige. Man müsse, so Montgomery, auch einen Lockdown für Ungeimpfte im Instrumentenkasten zur Bekämpfung der Pandemie haben – auch wenn diesen niemand ernsthaft wolle.
Und auch eine Impfpflicht in Pflegeberufen begrüßte Montgomery. Diese solle, ginge es nach ihm, nicht nur für die Pflegenden, sondern auch für Küchenkraft und Reinigungspersonal gelten. Der geschäftsführende Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) war lange gegen eine solche Impfpflicht, doch bei "Maybrit Illner" gab er zu:
Was von den besprochenen Vorschlägen schließlich in einem neuen Infektionsschutzgesetz landen wird – und ob es ein solches überhaupt geben wird – dies wird sich am Freitag zeigen, bei der Abstimmung über die neuen Bestimmungen im Bundesrat.