Die europäischen Länder haben sich auf ein weiteres Sanktionspaket gegen Russland geeinigt. Darin enthalten: ein Öl-Embargo. Bei "Markus Lanz" erklärte der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, was es bedeuten würde, wenn Deutschland auch auf russisches Gas verzichten würde – oder Putin uns den Gashahn abdreht.
Die Vorbereitungen seiner Behörde auf eine mögliche Gas-Notlage nannte Müller "ein großes Dilemma, in mehrfacher Hinsicht".
Das waren die Gäste bei "Markus Lanz" am 4. Mai:
CDU-Politiker Norbert Röttgen befürwortete bei "Markus Lanz" die neuesten Sanktionsentscheidungen der Europäischen Union samt Ausstieg aus russischem Öl. Doch Röttgen gehen die Beschlüsse nicht weit genug.
Der CDU-Außenpolitikexperte sprach sich für ein sofortiges Energie-Embargo aus. Die Sanktionen der EU gegenüber Russland müssten an ihrem Zweck und nicht am eigenen Schaden bemessen werden.
Röttgen zeigte sich bei "Lanz" zuversichtlich, dass neben dem Ölausstieg auch ein Gas-Embargo in den nächsten Wochen realistisch ist. "Es ist wirklich machbar", versicherte Röttgen.
Welche Folgen ein solches Gas-Embargo für Deutschland hätte, weiß Klaus Müller nur zu gut. Als Chef der Bundesnetzagentur leitet er derzeit die Vorbereitungen auf einen möglichen Gas-Notstand und hat im Fall der Fälle auch die Entscheidung zu treffen, welche Industriezweige noch mit Gas versorgt werden können.
"Die Behörde ist vorbereitet – aber sie ist noch nicht gut vorbereitet", schilderte Klaus Müller in der ZDF-Sendung die Situation. Eine Gas-Notlage zu verhindern, hänge elementar davon ab, wie die deutschen Gasspeicher gefüllt seien.
Diesbezüglich sieht die Lage derzeit noch weniger gut ist. Müller erklärte: "Fakt ist, der größte deutsche Gasspeicher ist bei 0,5 Prozent Befüllung." Für Norbert Röttgen war dies nicht nur ein Zeichen fehlenden politischen Handelns der vergangenen Jahre, sondern auch Teil der Vorbereitungen Russlands auf den Krieg.
Aufgabe der Regierung sowie der Bundesnetzagentur (und an ihrer Spitze Klaus Müllers) ist es nun, Alternativen für russisches Gas zu finden und die Gasspeicher schnellstmöglich zu füllen, um eine Gas-Notlage zu verhindern. Dabei stehe derzeit die Installation von Flüssiggas-Terminals im Fokus.
Doch ein ganz sauberes Geschäft scheint dies nicht zu sein. Müller gab zu: "Das Flüssiggas nehmen wir auf dem Weltmarkt natürlich anderen Ländern weg."
Dies betreffe besonders asiatische Länder. Der Grund dafür ist ganz einfach: "Deutschland zahlt mehr als andere Länder", so Müller. Um welche Länder, deren volatile Verträge Deutschland hier unterläuft, es sich genau handelt, wollte der Netzagenturchef nicht verraten.
Geschockt darüber, dass Deutschland sich die fehlende Zeit für Alternativen derzeit erkauft, bemerkte Moderator Markus Lanz: "‘Germany first, würde ich mal sagen. Das ist ja ein richtig harter darwinistischer Vorgang."
Klaus Müller gab zu: "Es ist grausam." Die Bundesregierung handle in dieser Sache jedoch in Abwägung ihrer Alternativen. Auf der einen Seite stünde die Beschaffung von Flüssiggas, auf der anderen ein drohender Kollaps der deutschen Wirtschaft. Müller wertet:
Gleichzeitig versicherte Müller, dass die Bundesregierung sowie die Unternehmen, die die Flüssiggas-Terminals beschaffen würden, sich stets im rechtlich möglichen Rahmen bewegen würden.
Die gute Nachricht dabei: "Wenn wir volle Speicher hätten und kein russisches Gas mehr bekämen, würden die Speicher für zweieinhalb Monate reichen", so Müller. Ein weiterer Haken: Für einen ganzen Winter jedoch würde auch diese Reserve nicht reichen.