Bundesfinanzmister Christian Lindner (FDP) tadelt Moderatorin Anne Will.bild: screenshot ard
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Die Energiekosten sind durch den Ukraine-Krieg so stark gestiegen, wie es wohl nur die wenigsten für möglich gehalten hätten. Wie die Regierung den Menschen helfen will, die Gaspreise abzufedern, ist noch nicht klar, aber immerhin hat sich Finanzminister Christian Lindner (FDP) nun überraschend gegen die zusätzliche und höchst umstrittene Gasumlage ausgesprochen.
Anne Will diskutiert die Frage "Niemand soll im Winter frieren oder hungern müssen – kann die Regierung dieses Versprechen halten?" mit folgenden Gästen:
- Christian Lindner (FDP, Bundesminister für Finanzen)
- Karl-Josef Laumann (CDU, Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen)
- Julia Friedrichs (Autorin, Journalistin und Filmemacherin)
- Clemens Fuest (Präsident des ifo Instituts, Wirtschaftsprofessor an der Universität München)
Robert Habeck (Grüne) macht seit einiger Zeit schon eine höchst unglückliche Figur mit seiner Gasumlage, die eigentlich Gasunternehmen vor der Pleite retten und damit die Gasversorgung sichern soll. Viele kritisieren die Gasumlage, die Verbraucher noch zusätzlich belasten würde. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat sich nun überraschend gegen die Umlage ausgesprochen in einem Interview mit der "Bild am Sonntag". Und natürlich ist das auch gleich Thema bei Anne Will. Die Moderatorin konfrontiert ihn:
"Was ist passiert, dass Ihnen quasi über Nacht eingefallen ist, dass die Gasumlage den Gaspreis teurer machen wird?"
Anne Will fragt den FDP-Chef spöttisch provozierend, worauf Christian Lindner routiniert-belehrend reagiert. Natürlich habe sich die Einschätzung der Gasumlage nicht über Nacht entwickelt, er habe schon lange in seinem Ministerium einen Arbeitsstab zur Gaspreisbremse eingerichtet. "Wir haben eine Gasumlage, die den Preis erhöht. Aber wir brauchen eine Gaspreisbremse, die den Preis senkt." So werde die Gasrechnung zwar trotzdem noch steigen für die Verbraucher, aber sie dürfe "nicht ruinös" sein. Und alle sollten am Verbrauch sparen.
Damit hat sich Lindner öffentlich gegen Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und seine unglückliche Gasumlage platziert, anstatt die Lösung gemeinsam in Gesprächen hinter verschlossener Tür zu finden. Diese Art dürfte beim Koalitionspartner nicht besonders ankommen, gerade in dieser angespannten Situation.
Ist die Gasumlage vom Tisch?
Ob die Gasumlage, die eigentlich am Mittwoch beschlossen werden soll, damit nun vom Tisch sei, möchte Anne Will wissen. "Das ist eine Frage, die kann ich nicht allein beantworten", sagt Lindner.
Weniger Scheu hat hingegen, aber Robert Habeck in dessen Bereich als Wirtschafts- und Klimaschutzminister reinzureden: Für Lindner ist es klar, dass man Kohle und Kernkraft am Netz halten müsse im Zusammenhang mit der Gaspreisbremse.
"Wir werden Wege finden, wie eine solche Gaspreisbremse gestaltet werden kann", er wolle da nicht jedes Detail in der Öffentlichkeit diskutieren.
Es ist ein ewiges Hin und Her mit Christian Lindner, der sich solidarisch mit seiner Ampel-Koalition gibt, aber doch genau weiß, wie er vor allem sich selbst öffentlichkeitswirksam positioniert und genau das auch ohne Hemmungen tut.
Genau da hakt Anne Will ein und fragt nochmal nach, warum er manches in der Öffentlichkeit herausposaunt, anstatt es erst einmal mit dem Rest der Regierung zu besprechen. Sie scheint einen wunden Punkt getroffen zu haben, denn statt einfach darüber hinwegzugehen, wie Lindner es bei einigen Anspielungen zuvor gemacht hat, tadelt er die Moderatorin:
"Ich würde wirklich bitten, dass wir diese Diskussion etwas ernsthafter führen und nicht zu glauben, hier geht es um Koalitionszwist, oder zwei Minister, die ein Problem miteinander haben. Ich glaube, da sind wir wirklich nicht in der Lage und ich spreche da auch für Herrn Habeck. Ich wünsche mir da ein bisschen mehr Ernsthaftigkeit."
Anne Will kontert Lindner
Anne Will bohrt trotzdem ungerührt nach: "Legen Sie die auch an den Tag, Herr Lindner?" Seine knappe Antwort: "Ja."
Es ist sicher nicht der überzeugendste Auftritt, den Lindner da hingelegt hat. Das liegt natürlich auch daran, dass die Politik im Moment alles andere als statisch daherkommt. Angesprochen auf das Hin und Her bittet Lindner darum, "menschliche Maßstäbe" angesichts der "akuten Krisensituation" anzulegen. "Wir sind in einem Energiekrieg, wo man die Züge des Gegenübers auch nicht jeden Tag voraussehen kann." Es sei ein "Work-in-Progress."
Aber wie sollte man die Gaspreisbremse denn bezahlen? Lindner ist gegen eine Erhöhung von Steuern. "Wir sind bereits ein Höchststeuerland – das würde unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit vermindern. Eine breitflächige Steuererhöhung würde negative Folgen nach sich ziehen" und Deutschland "in einer wirtschaftlichen Krisensituation weiter schwächen", erklärt der Finanzminister. Aber er habe da schon eine Idee, "auf was es hinauslaufen könnte". Die wolle er aber erst im Rahmen der Bundesregierung besprechen. "Dann ist es was für Anne Will."
Unterstützung nach Steuerbescheid
Karl-Josef Laumenn (CDU) will, dass vor allem die Ärmeren unterstützt werden. bild: screenshot ard
Während sich Christian Lindner gegen 1000 Euro je nach Steuerklasse zu versteuerndes Energiegeld ausgesprochen hat, weil es "zu teuer" wäre, glaubt Energiegeld NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU), dass man sich bei den Entlastungen vor allem auf das untere Drittel der Einkommen konzentrieren müsse. Also diejenigen, die 2300-2400 Euro brutto haben. Er ist für eine relativ bürokratiearme Unterstützung. Man solle eine Kopie des letzten Steuerbescheids einreichen. "Dann sieht man, ob es in dem Bereich liegt, wo man helfen will oder nicht."
15 Euro übrig im Monat
Filmemacherin Julia Friedrichs hat arme Menschen begleitet.bild: screenshot ard
Die Filmemacherin Julia Friedrichs hat bei Dreharbeiten arbeitende Menschen am Existenzminimum begleitet. Sie hat unter anderem eine Postzustellerin getroffen, die jetzt schon am Ende des Monats nur 15 Euro noch übrig hat oder auch einen Mann, der U-Bahnhöfe reinigt. Sie erzählt:
"Die Leute stehen vor dem Herbst und wissen nicht was passieren wird. Die brauchen von der Politik klare Leitlinien. Die brauchen das Gefühl. der Grundbedarf ist gesichert."
Da seien alle anderen in der Pflicht. Auch im eigenen Interesse, dass alles weiterfunktioniert. "Wir haben alle ein Problem, wenn sie irgendwann sagen: 'Dann mache ich nicht mehr sauber, dann gehe ich nicht mehr putzen in der U-Bahn.'"
Ifo-Präsident Clemens Fuest ist gegen eine Gaspreisbremse.bild: screenshot ard
Ifo-Präsident Clemens Fuest rechnet damit, dass ein Gaspreisdeckel 160 Milliarden Euro kosten würde und er glaubt nicht, dass man sich das leisten könne. "Die Gaspreisbremse halte ich für grundfalsch", stellt er klar.
Und das aus mehreren Gründen: Eine Bremse animiere weniger zum Energiesparen als etwa ein Zuschuss. Und zum anderen seien ja auch die anderen Energieformen von Preissteigerungen betroffen. Außerdem ist er für eine Konzentration beim Unterstützen auf die wirklich Bedürftigen.
Also etwa durch eine steuerpflichtige Pauschale von 1000 Euro, bei der je nach Steuerklasse mehr oder weniger übrig bleibe. Unternehmen würde er nur im Bedarfsfall unterstützen. "Die Unternehmen haben zu einem sehr großen Teil Reserven", auch nach Corona, weil sie zuvor gute Gewinne gemacht hätten. Müsste der Staat helfen, dann "lieber mit Krediten als mit Zuschüssen".
(Ark)
Die vergangenen Wochen verbrachte Cathy Hummels in Miami. Von dort aus arbeitete sie, nutzte die Zeit aber auch zur Erholung. Auf ihrem Instagram-Account teilte sie regelmäßig Updates von ihrem Trip nach Florida.