Die Politikerin der Linkspartei Sahra Wagenknecht warf der Bundesregierung vor, einen Wirtschaftskrieg gegen Russland "vom Zaun zu brechen" und nannte die Ampelkoalition "die dümmste Regierung Europas". Nach ihrer unsäglichen Rede folgten Parteiaustritte und Distanzierungen zu ihrer Person. Nun ist sie im Studio bei Markus Lanz zu Gast und vertieft ihren Standpunkt.
Heute im Studio anwesend:
Selten hat Markus Lanz so viel Redebeitrag, wie in der heutigen Sendung, in der Oppositionspolitikerin Sahra Wagenknecht zu Gast ist. Es ist unumstritten, wie gerne er mit ihr streitet. Der Auslöser dafür ist ihre jüngste Wutrede im Bundestag, für die sie viel Kritik – auch aus eigener Reihe – kassiert hat. Die Parteimitglieder Fabio De Masi und Ulrich Schneider sind aufgrund ihrer Rede aus der Partei ausgetreten. Sie wirft der Regierung, welche sie die "dümmste Regierung Europas" nennt, vor, einen Wirtschaftskrieg gegen Russland gestartet zu haben. Russland sei der wichtigste Energielieferant, so Wagenknecht.
Das könnte als Russlandpropaganda verstanden werden. "Ich finde das ja auch nicht gut, ich hab das ja nicht erfunden, dass Russland unser wichtigster Lieferant ist", stellt Wagenknecht jedoch klar. Dennoch keine Spur von zufriedenstellenden Antworten. Moderator Markus Lanz nutzt jede Aussage der Linken-Politikerin, um eine Skandalantwort zu provozieren. Es ist nunmal Markus Lanz und sein politisches Lagerfeuer im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Aber Wagenknecht steht zu ihrer umstrittenen Rede vom 08.09. und sieht in den westlichen Sanktionen gegen Russland keinen Sinn:
Man solle weiter austesten, ob man verhandeln kann, damit dieser "Wirtschaftskrieg" endet und der industrielle Mittelstand überleben könne, fordert Wagenknecht. "Wissen Sie, wie das klingt? Putin hat diesen Krieg angezettelt, aber was wir machen ist auch schlimm", stichelt Lanz. Den Angriffskrieg gegen Putin findet Wagenknecht verbrecherisch und schrecklich, versichert sie im Laufe der Sendung mehrmals. Dennoch dürfe man die Sanktionen kritisieren, das mache sie längst nicht zu einer Verbündeten von Putin, so Wagenknecht.
Wagenknecht sei ganz strikt gegen Waffenlieferungen, das sei sie schon immer gewesen. Daher fordert sie einen schnellstmöglichen Stopp der Waffenlieferungen in die Ukraine. „Was haben wir mit den Waffen erreicht?“ fragt sie in die Gesprächsrunde. "Das ist der einzige Weg, damit Putin den Krieg verliert", antwortet ihr der russische Oppositioneller Leonid Wolkow, ein enger Bekannter von Alexej Nawalny. Dieses Argument akzeptiert Wagenknecht nicht, denn ihrer Auffassung nach, habe die russische Armee noch viel Potential, was sie bisher noch nicht eingesetzt habe.
Lanz wirft ihr in diesem Kontext eine "krude Logik" vor und sagt ihr, sie sei Opfer von russischer Propaganda geworden. "Das ist billige Polemik, die Sie hier betreiben", kontert Wagenknecht. Markus Lanz wirkt empört und macht sein Unbehagen deutlich. Er verstehe nicht, wieso sie der Ukraine die Hilfe verwehren möchte. Das sei nicht ihr Ziel, versichert sie:
Mit den Sanktionen jedoch, würden wir nur uns selbst schaden, behauptet sie. Bei den Waffenlieferungen für die Ukraine gehe es aber um demokratische Werte, so die Journalistin Kerstin Münstermann. Sie wirft der Linken-Politikerin vor, mit ihren Aussagen im Bundestag an einem moralischen Punkt der Demokratie gerührt zu haben. "Welcher Punkt denn? Die Regierung hat keinen Plan! Das ist eine Doppelmoral der Demokratie", kontert Wagenknecht. Dabei bezieht sie sich auf die völkerrechtswidrigen Kriege, die von anderen Staaten, wie Aserbaidschan, geführt werden und keine Sanktionen befürchten müssen.
Der Buchautor Leonid Wolkow habe mit Alexej Nawalny, dem bekannten russischen Oppositionsführer, welcher einen Mordversuch überlebt hat und jetzt inhaftiert ist, bereits nach der Annexion der Krim im Jahr 2014 Sanktionen für Russland gefordert. Damals habe der Westen sehr milde auf den völkerrechtswidrigen Angriff von Putin reagiert. So sei Putin auch den Ukraine-Angriff angegangen. Er habe nicht mit einem geeinten Westen gerechnet. Auch der Widerstand der ukrainischen Armee kam für ihn unerwartet. Darüber hinaus habe es eine komplette Fehleinschätzung der eigenen russischen Armee gegeben.
Er spricht einen wichtigen Punkt an: Der Westen würde sich das Recht nehmen, zu meinen, dass man mit Putin verhandeln könnte. "Die Menschen im Westen verstehen nicht, dass Putin nicht verhandlungsbereit ist", so Wolkow. Er habe in Vergangenheit sehr oft völkerrechtlichen Abkommen verletzt und werde das in Zukunft ebenfalls tun.
Wolkow ist sich sicher, dass Putin in den nächsten Tagen eine Mobilisierung der eigenen Bevölkerung ausrufen wird. Sollte er sich auf Sicherheitsabkommen einigen, würde er das nur tun, um in dieser "Pause" seine Armee aufzubauen und dann wieder anzugreifen, stellt Wolkow dar.
Besonders absurd wird die Sendung, als Markus Lanz von Sahra Wagenknecht wissen möchte, was sie denn vorschlägt, wie es jetzt weitergehen soll. Sie sagt es zwar nicht direkt, man kann jedoch herauskristallisieren, dass sie eine Anpassung seitens der Ukraine begrüßen würde. Also: Auf Putins Großmachtfantasien eingehen. Sie ist nämlich der Meinung, dass die Ukraine den Krieg verlieren wird. "Bayern ist ja auch ein Freistaat", so Wagenknecht. "Also Entschuldigung, Bayern kann man wohl nicht mit der Annexion der Krim vergleichen", kontert Münstermann.
Selbst ukrainische Geflüchtete würden sich eine Fügung der Ukraine wünschen, um weitere Tote zu vermeiden und eine Rückkehr in die Ukraine ermöglicht wird, berichtet Wagenknecht. Als sie für diese Aussage kritisiert wird, macht sie erneut deutlich, dass sie keine Sympathien für das russische System habe, aber mit diesem Krieg tagtäglich immer mehr und mehr Menschen sterben würden: "Das bringt den Menschen in der Ukraine überhaupt nichts." Zum Schluss der Sendung greift Markus Lanz erneut die beleidigende Aussage Wagenknechts – "die dümmste Regierung Europas" – auf.
"Als ich das gelesen habe, ist mir übel aufgestoßen", sagt Lanz dazu. Er nennt ihre politische Rhetorik ein "Elitenbashing" und wirft ihr einen "abfälligen AfD Sound" vor. Selbst die AfD habe bei ihrer Rede applaudiert. "Das ist ein dummes Argument", kontert Wagenknecht, "nur weil die AfD applaudiert, soll man jetzt keine Dinge mehr kritisieren dürfen?". Eins muss man Wagenknecht lassen: Wenn sie etwas sagt, steht sie in den meisten Fällen dazu. Die Ampelregierung kritisiert sie bis in die Knochen: Sie würden kein Konzept haben, würden lauter Dinge machen ohne über Konsequenzen nachzudenken und nennt das politische Handeln "grottenschlecht".