"Es wird spirituell heute", kündigte Moderator Jan Böhmermann am vergangenen Freitagabend in seiner Late-Night-Show "ZDF Magazin Royale" an. Nach einem kurzen Abstecher zum eingeführten Genderverbot in Bayern erläuterte Böhmermann den neuen Hashtag der Woche: "#Würg". Das Thema: eine Religionsgemeinschaft mit dem einprägsamen Namen Bhakti Marga und einem Guru, der sich als Reinkarnation Gottes sieht.
Nichts Neues, möchte man meinen, doch dem Guru werden von ehemaligen Anhänger:innen schwerwiegende Vorwürfe gemacht. Dazu später mehr. Vorerst erklärte Böhmermann seinem Publikum, für was Bhakti Marga überhaupt steht. Die Sanskrit-Übersetzung lautet "Weg der Hingabe". Mitmachen könne jeder, "bei dem das Ego klein genug ist", betonte der Moderator, der sogleich ein kurzes Vorstellungsvideo des Gurus einspielte.
Mahamandaleshwar 1008 Paramahamsa Sri Vedavyasa Rangaraj Bhattar Sri Swami Vishwananda, so der vollständige Name des Gurus, predigt das, was wohl auch Gurus anderer Sekten tagein tagaus predigen: "Ich kann dir das geben, was andere nicht können." "Wir denken alle das Gleiche, oder? Eine White-Edition von Nic Nac’s", scherzte Böhmermann. Doch die Thematik ist durchaus ernst. Mit wirrem Beigeschmack.
Vishwananda trage zu besonderen Feiertagen nicht nur die Wundmale Christi an Händen und Füßen, er könne auch Gegenstände wie Schmuck materialisieren, indem er sie aus seinem Körper würge. Hier könnte der Hashtag der Woche wohl kaum besser passen #Würg. Ein skurriles Video vom würgenden Guru hat Böhmermann natürlich auch parat. Das lässt einen als Zuschauenden ziemlich sprachlos zurück.
"Ich habe schon schlechtere Wunder in besserer Bildqualität gesehen", amüsierte sich Böhmermann. Tatsächlich hat der Guru eine breite Anhängerschaft. Auch Prominente wie Cristiano Ronaldo oder Sänger Anthony Kiedis von den Red Hot Chili Peppers lassen sich gemeinsam mit ihm ablichten. Selbstverständlich ist der Guru auch bei Social Media unterwegs. Was Böhmermann dann doch ein wenig stutzig macht: Die internationale Gemeinschaft hat im hessischen Taunus ihr Hauptzentrum errichtet. Warum dort?
Vishwananda selbst spricht von einer Vision. Böhmermann drückt es anders aus: "Gott hat von Hessen geträumt." So oder so hat der Prediger mit harten Vorwürfen gegen sich zu kämpfen. Im Kern der Religionsgemeinschaft steht die frohe Botschaft "Just Love". Dass der Guru selbst gerne im Luxus schwelgt, etwa eine Rolex trägt oder im Mercedes chauffiert wird, scheint seine Anhänger nicht zu stören. Außenstehende kritisieren dagegen die undurchsichtige Finanzierung der Gemeinschaft.
Wie das Hessische Ministerium des Innern und für Sport dem "ZDF Magazin Royale" offenbarte, würde sich die Religionsgemeinschaft aus dem Gästebetrieb, Souveniershop und Kursen finanzieren. Tatsächlich existieren aber zahlreiche Firmen und Vereine, die im Rahmen der Gemeinschaft gegründet wurden und die hohe Jahresumsätze abwerfen. Die Bhakti Event GmbH darf sich beispielsweise über einen Jahresumsatz von etwa 6 Millionen Euro freuen.
Wer eintreten will, der muss eben auch abgeben können. Nicht umsonst verlangt die Gemeinschaft, dass Mitglieder zehn Prozent ihres Einkommens "spenden" sollen. In der offiziellen Devotee-Einweihungserklärung heißt es: Es wird "Seva" erwartet, also freiwillige Arbeit und absoluter Gehorsam dem Guru gegenüber. Die traurige Folge: Ex-Anhänger:innen werfen Vishwananda sexuelle Übergriffe vor. Der Guru bestreitet das und ließ sogar rechtliche Schritte einleiten.
Sarah Pohl, Leiterin der Zentrale Beratungsstelle für Weltanschauungsfragen in Baden Würtemberg, betonte, dass das starke Machtgefälle und die Gruppendynamik zu einer "Verschiebung moralischer Grenzen" führen könne. "Deswegen ist das mit der Einvernehmlichkeit in solchen Settings problematisch", erläuterte die Expertin. Einen schlechten Ruf fürchtet die Religionsgemeinschaft offenbar nicht. Im Gegenteil.
Die Sekte expandiert weltweit und eröffnet Tempel und anderweitige Versammlungsorte. Mit ernsten Folgen. Ein ehemaliges Hotel in Kirchheim bei Hessen, das die Religionsgemeinschaft gekauft hat, gilt mittlerweile als "Treffpunkt für Verschwörungsideologen". Hier tummeln sich nicht nur Rechtsextreme, sondern auch Reichsbürger, Querdenker oder Esotheriker. "Bald auch in ihrer Nähe?", fragte Böhmermann am Ende der Sendung sarkastisch. Man möchte es nicht hoffen...