Die italienische Influencerin Chiara Ferragni sorgte in der vergangenen Woche für Aufsehen als sie beim Schlagerfestival von San Remo mit einem Kleid auftrat, das so aussah, als würden ihre Brustwarzen durchscheinen. Entworfen hat das vermeintliche Nacktkleid die Designerin Maria Grazia Chiuri für Dior. Auf Instagram postete Ferragni ein Statement: Ziel sei es, mit dem Kleid auf Frauenrechte aufmerksam zu machen und Frauen "von der Scham zu befreien, die ihnen seit Eva aufgezwungen" werde.
Bei der sonntäglichen Ausgabe von "Stern TV" ging es um die weibliche Brustwarze. Eingeladen waren zu diesem Thema u.a. die Linguistik-Doktorin Reyhan Sahin, die als Rapperin unter dem Namen Lady Bitch Ray einige Bekanntheit erlangt hat.
Aber auch die Commodity Managerin und Instagrammerin Sabrina Quan aus Winterthur ist dabei. Sie geht ohne BH ins Büro und will sich ganz allgemein "so verhalten dürfen wie die männlichen Kollegen auch". Wenn sie ins Schwimmbad geht, möchte sie nicht mit nassem Bikini-Oberteil herumliegen müssen.
Die weibliche Brust stehe nicht nur im sexuellen Kontext, "sie darf auch mal nur Brust sein".
Ihre Gegenparts sind unter anderem Gotlib Rotman. Der junge Vater einer drei Wochen alten Tochter findet. "Einfach das T-Shirt hochzuziehen hat nichts mit einem politischen Statement zu tun."
Und in Gedanken an ein mögliches Verhalten seiner Tochter in dieser Art und Weise sagt er entsetzt: "Was sollen die Leute denken." Damit ruft er die Linguistin und Rapperin Sahin auf den Plan: "Sie sprechen jetzt schon für ihre Tochter – das ist süß, aber wenn sie erwachsen ist, wird sie gar nicht auf Sie hören!"
Rotman startet einen weiteren Versuch, in dem er sagt, dass Männer ja "alle Augen im Kopf" hätten und nahelegt, dass sie auf Brustwarzen unkontrolliert reagieren müssten. Reyhan Sahin seufzt nur. Er sagt zu ihr: "Du setzt Dich für Frauenrechte ein …" und bevor er seinen Satz beenden kann, kontert sie: "Und Du nicht ..."
Einen ähnlich moralisierenden Kurs wie der junge Vater vertritt auch die Stil- und Benimm-Trainerin Janine Katharina Pötsch. "Ich würde meine Brüste nie in der Öffentlichkeit zeigen", sagt sie pikiert, woraufhin Reyhan Sahin nur lässig erwidert: "Schade, bisschen Nippel-Lüften würde ganz guttun."
In der Sendung geht es aber auch um die wirtschaftliche Lage angesichts der Teuerungen, die vor allem durch den Ukraine-Krieg hervorgerufen wurden. Der Wirtschaftsjournalist Ulrich Reitz prognostiziert: "Ich glaube, wir müssen damit leben, dass wir Wohlstand verlieren." Deutschland befinde sich mittlerweile wieder auf dem Niveau von 2014 – acht Jahre Wohlstand seien verloren gegangen. Und auch CDU-Urgestein Wolfgang Bosbach glaubt: “Wir gehen sehr schweren Zeiten entgegen."
Zwei, die es schon jetzt deutlich merken sitzen daneben im Studio: Die Fernfahrerin Brigitte Jodlowski und ihr Chef David Zülow. Die LKW-Fahrerin erzählt, dass sie eigentlich vergleichsweise gut verdiene, von ihren 2000 Euro netto kaum was bleibt. Und ihre Freunde hätten zum Teil nur 1400 Euro netto. Davon könne man nicht leben. "Wo bekommt man denn heute eine Wohnung unter 1000 Euro? In Hamburg nicht." Trotzdem hat sie Verständnis für ihren Chef, den ja auch die steigenden Kosten drücken. Die beiden glauben, die Politik müsse entlasten.
Der zugeschaltete Verdi-Chef Frank Werneke findet hingegen: "Die Betriebe haben die Möglichkeit, Entstehungskosten und Energiekosten weiterzugeben. Die Beschäftigten haben diese Möglichkeit nicht." Er fordert 10,5 Prozent Lohnerhöhung, damit nicht das zweite Jahr hintereinander die Reallöhne sinken. Mit wieviel er denn als Verhandlungsergebnis zufrieden wäre, frage Moderator Dieter Könnes schelmisch nach. "Das wird das weitere Verhandlungsgeschehen zeigen", antwortet Werneke.
Ein Video von einer brutalen Schlägerei unter vierzehnjährigen Mädchen am Bahnhof in Rastatt erregte in den sozialen Medien Aufmerksamkeit. Im Studio zu Gast ist der 21-jährige Alex Hartmann. Er wurde von einem 15-jährigen Täter so brutal zusammengeschlagen, dass sein Kiefer dreimal gebrochen war, und er drei Wochen lang nur Brühe essen konnte. Der Täter hat nur anderthalb Jahre auf Bewährung bekommen. "Das macht was mit einem", sagt Hartmann über das Leben nach der Tat. Er sei jetzt vorsichtiger in Gesellschaft und auch körperlich habe er noch immer Einschränkungen. "Wenn ich auf härtere Sachen beiße, tut es immer noch weh." Außerdem hat er öfter Geschwüre und Entzündungen im strapazierten Mund.
Der Strafverteidiger Burkhard Benecken hat in den vergangenen 20 Jahren schon viele junge Gewalttäter verteidigt, am bekanntesten ist der Fall des Berliner Intensivtäters Mehmet geworden. Selbst als Verteidiger bestätigt er:
Neulich habe er einen Mandanten gehabt, der aus nichtigen Gründen seinem Opfer mit dem Baseballschläger zehnmal auf den Kopf geschlagen habe. "Man steht sprachlos daneben."
Benecken fordert härtere Strafen, zur Abschreckung, bisher sei die Ahndung von Taten zu lasch. "Da kommt der Onkel vom Jugendamt, erhebt den Finger und sagt: mach das nicht wieder." Doch darüber würden sie sich "schlapp lachen". Er fordert eine Herabsetzung der Strafmündigkeit um zwei Jahre: "Man müsste die Jungs bestrafen können mit 12 Jahren."
Der auf Resozialisierung spezialisierte ehemalige Gefängnisinsasse Volkert Ruhe hingegen preist pädagogisches Boxen als Therapie an und fordert, man müsse mehr mit den Menschen reden:
Auch CDU-Politiker Wolfgang Bosbach ist nicht für eine Herabsetzung des Strafmündigkeitsalters, es gebe darum bereits mögliche Strafmaßnahmen, wie etwa eine Heimunterbringung, auch umzusetzen. "Wenn sich Bewährung auf Bewährung stapelt, entsteht der Eindruck eines schwachen Staates." Aus seiner Praxis als Anwalt wisse er, dass Bewährung auch oft als "Freispruch zweiter Klasse gewertet" werde.
Bei einer TV-Umfrage unter den Stern-TV-Zuschauern sprechen sich übrigens satte 99 Prozent dafür aus, gewalttätige Jugendliche härter zu bestrafen.
(Ark)