Etwas flapsig moderiert Frank Plasberg seine Sendung an. "Bei uns geht es nicht um Leben und Tod, bei uns geht es an den Wohlstand", leitet er ein. Das Thema bei "Hart aber fair" diesmal: "Der Krieg und die Folgen für uns: Wird Energie unbezahlbar?" mit folgenden Gästen:
Als Gesundheitsminister während der Pandemie war Jens Spahn allgegenwärtig. Nach der Wahlniederlage der CDU ist es naturgemäß stiller um ihn geworden. Heute ist er stellvertretender CDU-Fraktionsvorsitzender und Sprecher für Wirtschaft und Energie. Und als solcher ist er zu "Hart aber fair" geladen.
Gas- und Ölpreise sind durch den Krieg in der Ukraine rasant gestiegen. Für alle am deutlichsten erkennbar ist die Lage an den Tankstellen. Der Spritpreis – ein ewiges Reizthema mit viel gesellschaftlicher Sprengkraft. Jens Spahn plädiert für eine allgemeine Kraftstoffsubventionierung "schnell und unbürokratisch – um 40 Cent" mittels einer Steuersenkung. Dass dies allen Autofahrern zugute käme, auch denen, die die Entlastung nicht unbedingt brauchen, findet er zulässig. Angesichts der drängenden Situation müsse man nicht "immer alles en détail ausdifferenzieren". Für ihn aktuell wichtiger: Tempo. Deutschland müsse schnell "fossilfrei, Putin-frei" werden. Im Rahmen eines Gesamtkonzepts sei für ihn auch ein Tempolimit denkbar.
Spahn sitzt jetzt in der Opposition, wie auch Frank Plasberg kurz erwähnt. Angeblich, um die Zuschauer zu informieren. Aber so vergnügt wie der Moderator guckt, macht es ihm auch ein bisschen Spaß, den postenbewussten Ex-Gesundheitsminister etwas im Ego zu pieksen. Und bei Spahn, der in Tonfall und Blicken gereizt wirkt, kommt die Botschaft auch an. Später greift es der Ex-Minister auf. "In der Opposition, wie sie ganz richtig bemerkt haben..."
Entspannt aus der Regierungsposition gibt Thomas Kutschaty, der Landesvorsitzende von NRW und stellvertretende Bundesvorsitzende, zu, dass man sich "zu lange zu sehr abhängig gemacht von Russland". Aber die aktuellen Spritpreise seien nicht auf die Marktpreise für Rohöl zurückzuführen. "Da wird deutlich zu viel genommen. Das bleibt zum großen Teil bei den Mineralölkonzernen hängen." Auch darum kommt Spahns Vorschlag für ihn auch nicht in Frage.
Kutschaty will bis Ende der Woche das Konzept des SPD-Mobilitätsgeldes fertig haben. Der Zuschuss von maximal rund 50 Euro im Monat soll gestaffelt nach Einkommen gezahlt werden. "Es geht um Gerechtigkeit und beschränkte Ressourcen", denn "der dicke Hammer kommt im Frühjahr" mit den Nebenkostenabrechnungen, bei denen vermutlich viele Mieter Unterstützung bräuchten. Darum wolle er nicht schon jetzt "Milliarden verpulvern" mit einem Gießkannen-Modell wie Spahn es vorgestellt hat.
Ulrich Reitz, Chefkorrespondent "Focus Online" springt ihm inhaltlich bei. Ihm werde es "Angst und Bange", weil ihm die Politik angesichts der noch anstehenden Auf- und Ausgaben zu freigiebig erscheint. Er rät "die Flocken, wo es nur geht, zusammenzuhalten".
Dann kommt Moderator Plasberg auf die Bilder von Wirtschafts- und Energieminister Robert Habeck (Grüne) zu sprechen, wie er sich vorm Energieminister von Katar verbeugt, bei den Gesprächen über Gaslieferungen aus dem wegen Menschenrechtsverstößen höchst umstrittenen Emirat. "Klinken putzen beim Emir – bleibt uns das nur: einen Diktator gegen den anderen austauschen?" Kutschaty gibt zu: "Keine schöne Situation, es macht keinem Spaß, auch Robert Habeck nicht. Das Entscheidende ist, dass wir unsere Importe breiter streuen." Deutschland dürfe sich nicht wieder in eine Abhängigkeit von einem Land begeben.
Energie-Expertin Claudia Kemfert kann da nur den Kopf schütteln. "Wir warnen seit 15 Jahren – die Politik hat uns immer munter ins Gesicht gelächelt und gesagt: Da gibt es keine Abhängigkeit. Das ist der hohe Preis der verschleppten Energiewende, das hat die Politik zu verantworten, wir hätten es anders haben können."
Generell hält sie Energie sparen aktuell für den besten Weg: "Wir sind in einer Kriegssituation, das muss man deutlicher machen, wir müssen auch den Gürtel enger schnallen." Ein Tempolimit auf den Autobahnen hält sie für sinnvoll, genau wie den autofreien Sonntag. Das Tempolimit brächte 5-8 Prozent Einsparung, zusammen mit heruntergedrehten Heizungen sei der Verzicht auf bis zu 15 Prozent Gas- und Öllieferungen aus Russland drin. Zumindest, wenn man davon ausgeht, dass alle Leute ihre Wohnung großzügig heizen und auf das Auto verzichten.
Susanne Holtkotte arbeitet als Reinigungskraft in einem Krankenhaus und verdient rund 1200 Euro netto. "Mein ganzes Leben besteht aus 'sparen'", klagt sie. Der Sprit-Preis setzt ihr zu, weil sie auf dem Land wohnt und sie morgens um 5 Uhr kein Bus zur Arbeit bringt.
Unter anderem für Leute wie sie war Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) voran geprescht mit der Idee eines staatlich finanzierten Tankrabatts. Im Prinzip sehr ähnlich der Idee von Jens Spahn, nur eben als staatlicher Zuschuss pro Liter und nicht als Steuerabsenkung pro Liter. Wirklich großen Zuspruch hat Lindners Vorschlag nicht gefunden. Und auch, wenn der Minister an ihm festhält, gibt er zu: "Mit mir wäre auch zu sprechen über eine steuerliche Maßnahme", die habe aber den Nachteil, dass sie mehr Zeit für die Umsetzung brauche.
"Ich mache darauf aufmerksam, wir sind in einer Krise, der Kühlschrank muss am Ende des Monats gefüllt sein." Die Diskussion um Ungerechtigkeit sei "typisch deutsch", findet Lindner und klingt etwas beleidigt. Die Maßnahme sei ja nur eine "Krisenintervention". "Der Staat wird nicht auf Dauer einen Verlust an Wohlstand ausbalancieren können", den müsse man sich dann "wieder erarbeiten".