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"Illner": Robert Habeck mit Klartext zu Ukraine-Hilfe – "nicht alles Schrott"

Robert Habeck war bei "Illner" zugeschaltet.
Robert Habeck war bei "Illner" zugeschaltet.Bild: ARD screenshot
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Robert Habeck über Waffenlieferungen bei "Illner": "Nicht alles Schrott, was wir in die Ukraine schicken"

03.06.2022, 06:50
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Seit dem 24. Februar herrscht Krieg in der Ukraine. Wie oft schauen wir noch hin, sind betroffen? Und wie oft denken wir darüber nach, dass doch bitte endlich alles vorbei sein möge? Nur wie? Maybrit Illner sorgt sich um eine mögliche "Kriegsmüdigkeit", bei der wir drohen, abzustumpfen.

"Schwache Sanktionen, fehlende Waffen – bröckelt die Solidarität?" war die Frage, der Maybrit Illner mit ihren Studiogästen nachgehen wollte. Eine Frage, die im Zuge von Inflationssorgen, der eigenen Leichtigkeit oder Schwere des Seins und großer Empathie für das Leid der Betroffenen auch jeden Einzelnen umtreibt. Das waren die Gäste bei "Maybrit Illner" am 02. Juni:

  • Katrin Eigendorf, ZDF-Auslandsreporterin, Grimme-Preisträgerin 2022
  • Eva Quadbeck, stellvertretende Chefredakteurin und Leiterin Hauptstadtbüro "Redaktionsnetzwerk Deutschland"
  • Robert Habeck (Die Grünen), Vize-Kanzler, Bundeswirtschaftsminister
  • Kevin Kühnert (SPD), Generalsekretär
  • Roderich Kiesewetter (CDU), MdB, Oberst a. D. der Bundeswehr
  • Johannes Varwick, Professor für Internationale Beziehungen und europäische Politik an der Universität Halle-Wittenberg

Rationale Entscheidungen bei emotionalem Thema

"In dieser Situation kann man nicht nur emotional entscheiden, das ist die Aufgabe einer Regierung, und das unterscheidet uns von Menschen, die im Moment freier ihren Emotionen folgen können", sagte Robert Habeck angesprochen auf die Frage, ob Olaf Scholz nicht ein wenig emotionslos mit der aktuellen Situation in der Ukraine umgehen würde.

Stattdessen dürfen die Bürgerinnen und Bürger darauf vertrauen, dass rationalere Entscheidungen getroffen werden, die die Ukraine am Ende dazu befähigen sollen, ihr definiertes Kriegsziel durchzusetzen. Dabei warb Habeck, ebenso wie Roderich Kiesewetter, dafür, dass niemand außer der Ukraine darüber bestimmen dürfe, wie das Ziel und wie ein Sieg für die Ukraine denn konkret auszusehen habe. Man könne, so der Vizekanzler, das Land mit Waffenlieferungen unterstützen, sollte aber keine Forderungen unterbreiten oder eine diplomatische Lösung vorgeben.

Laut Habeck darf nur die Ukraine das Kriegsziel bestimmen.
Laut Habeck darf nur die Ukraine das Kriegsziel bestimmen.Bild: ARD screenshot

Kein halbfertiger Frieden

Genau das, dieses Abwarten, Zögern und Zusehen, kritisierte die Journalistin Katrin Eigendorf. Sie war wochenlang in der Ukraine unterwegs, steht auch jetzt in Kontakt mit den Menschen vor Ort und weiß, dass die Verzweiflung wächst. Es ginge nicht mehr um die Eroberung der Ukraine, sondern auch um eine "Vernichtung der Zivilbevölkerung". Eigendorf mahnte, dass Putins Krieg uns viel mehr angeht, als wir wahrhaben wollen. Denn mit dem Krieg auf die Ukraine "hat [Putin] dem Westen den Krieg erklärt und das macht ihn zu einem besonderen Krieg. Dieser Krieg geht uns viel zu sehr an", sagte die Journalistin. Ein "halbfertiger Frieden" würde langfristig nichts bringen. Mit einem "starken Putin" wird es keinen Frieden geben, wir sollten uns auf einen "sehr langen Krieg" einrichten.

Konflikt einfrieren statt lösen

Das sieht Johannes Varwick anders. Der Professor für Internationale Beziehungen und europäische Politik vertrat die Meinung, dass Deutschland sich mehr in Akzeptanz üben solle. Er sagte:

"Wir müssen akzeptieren, dass dieser Konflikt gerade nicht lösbar ist, wir müssen ihn einfrieren. Und das ist schwer genug. Das geht nicht mit immer mehr Waffenlieferungen."
Johannes Varwick plädiert für mehr Akzeptanz in der Kriegsfrage.
Johannes Varwick plädiert für mehr Akzeptanz in der Kriegsfrage.Bild: ARD screenshot

Denn diese Waffen würden die Ukraine zwar in die Lage versetzen, sich zu verteidigen, langfristig würde das Land aber einen "aussichtslosen Kampf" führen. Es sei daher die Aufgabe Deutschlands, bei den Lieferungen auch die Wirksamkeit zu hinterfragen. Gleichzeitig solle Deutschland aber auch überlegen welchen Interessensausgleich die Ukraine Putin anbieten könne, um den Krieg zu beenden.

Varwicks Idee: Eine neutrale Ukraine, die zwar souverän, aber nicht westlich tendiert sei. Berechtigterweise fragte Kevin Kühnert dann doch mal nach, wie Varwick sich das im Detail vorstellen würde, denn die Ukrainer und Ukrainierinnen, die bis 2014 vielleicht gar kein Interesse an einer Zuwendung zur EU hatten, haben diese Meinung während des Krieges stark geändert.

Kühnert hakte bei Varwick nach.
Kühnert hakte bei Varwick nach.Bild: ARD screenshot

Ringtausch wegen alter Panzer

Eine souveräne Ukraine mit den Grenzen vom Januar 2022 wünscht sich Roderich Kiesewetter als Ergebnis von Verhandlungen. Aber auch er verteidigte die Haltung, dass die Ukraine bestimmen soll, was für sie ein Sieg in diesem Krieg sei. Mehrfach wies der Oppositionspolitiker aber darauf hin, dass er den Ringtausch der Panzer, die Deutschland an Griechenland liefert, um sie dort gegen ältere Modelle einzutauschen und diese in die Ukraine zu schicken, problematisch sehen würde. Man müsse doch jetzt aktiv werden und neues Material liefern, nicht veraltete Panzer. Robert Habeck verwies darauf, es sei "nicht alles Schrott, was wir in die Ukraine schicken".

"Waffengleichheit herstellen" will auch Bundeskanzler Scholz, weswegen es laut Kevin Kühnert ja durchaus Waffenlieferungen mit neustem Gerät in den Donbas gibt. Nur müssen die Soldaten an den hochmodernen Waffen ja auch ausgebildet werden und das dauere nun einmal. Die aufgeworfene Perspektive sieht Lieferungen im Oktober oder November vor. Solange wird der Krieg uns im schlimmsten Fall also noch beschäftigen, wenn nicht gar noch (viel) länger.

Tun, was vertretbar ist

Damit wurde aber auch die Ausgangsfrage der Sendung wieder aufs Trapez gehoben: Bröckelt die Solidarität angesichts der steigenden Inflation und eigenen Sorgen und Nöten bei den Deutschen dann spätestens im Herbst? Robert Habeck äußerte Verständnis dafür, dass die Aufmerksamkeit vieler Menschen nicht immer auf dem Leid der Ukrainerinnen und Ukrainer liege. Es sei in Ordnung, sich auf die Sommerferien zu freuen, aber man müsse die "strukturelle Gleichgültigkeit" hinterfragen. Auch dem Punkt, dass Deutschland nicht alles täte, was möglich sei, um Putins Krieg zu beenden, stimmte Habeck zu. "Wir tun nicht alles Mögliche", sagte er, "wir tun alles, was verantwortbar ist, um der Ukraine zu helfen".

Als Maybrit Illner abschließend bei Vizekanzler Habeck nachfragte, ob Putin oder der Westen diesen Krieg gewinnen werden, antwortet Habeck mit: "Die Ukraine". Hoffentlich ist das nicht nur ein frommer Wunsch. Denn das Szenario, das Johannes Varwick skizzierte, ist eines, das einen doch recht hilflos zurücklässt.

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