Am Mittwoch startete der 97. Prozesstag gegen Arafat Abou-Chaker und drei seiner Brüder. Am vorherigen Prozesstag machte Verteidiger Hansgeorg Birkhoff deutlich, dass es zwingend notwendig sei, dass der Sachverständige vom Gutachten gehört werde. Dabei ging es um die Tonbandaufnahme, die vom 18. Januar 2018 stammen soll. An diesem Tag sei Bushido nach eigenen Angaben bedroht, eingesperrt und mit einer Wasserflasche beworfen worden. Auf der besagten Aufnahme ist davon allerdings nichts zu hören. Der Rapper als auch sein Anwalt Steffen Tzschoppe zweifelten deren Echtheit an.
Tzschoppe fragte sich: "Warum taucht die Audiodatei erst anderthalb Jahre später auf?" Damit werde der Prozess künstlich um 14 Monate verlängert. Zuletzt wurde über die besonderen Sicherheitsvorkehrungen im Verfahren gesprochen. Einer der Verteidiger merkte an: "Für einen Zeugen, der in Dubai lebt, müssen wir nicht diesen Aufwand betreiben." Der Vorsitzende Richter Martin Mrosk erklärte, dass ein "neues Gefährdungslagebild" geprüft werde. Nun sollte aber erstmal die Zeugenaussage von Shindy kommen.
Zuletzt erschien Shindy im August 2022 vor Gericht. Damals wollte der Künstler keine Fragen beantworten und berief sich auf den Paragrafen 55, das Auskunftsverweigerungsrecht, um sich selbst nicht zu belasten. Michael Schindler, wie er bürgerlich heißt, nahm nun im Zeugenstuhl Platz. Neben ihm saß sein Anwalt. Der Zeuge erschien vor Gericht in einer pinken Jogginghose und einem weißen T-Shirt. Der Vorsitzende Richter Martin Mrosk hatte einen Fragenkatalog für ihn vorbereitet. Der Rapper war von 2013 bis 2018 bei Ersgunterjunge gesignt.
Schnell ging es um den sogenannten Zaunstreit, der sich 2017 ereignet haben soll. Dies sei einer der ersten Auslöser gewesen, warum Bushido und Arafat getrennte Wege gegangen seien. "Ich habe etwas mitbekommen, aber keine genaue Erinnerung auf welchem Wege. Es war ein Streit zwischen den Angeklagten und Bushido, wo es um die Platzierung eines Zauns in Kleinmachnow ging", sagte er dazu.
Wer genau involviert gewesen sei, wüsste er nicht. "Es interessiert mich ehrlich gesagt nicht, um was es ging", betonte er. Der Richter kam auf den 18. Januar 2018 zu sprechen. Der 34-Jährige sagte: "Ich habe allerlei Gerüchte gehört. Ich habe gehört, dass in der Puderstraße Sachen passiert sein sollen." Shindy wisse allerdings nicht was. "Das mit der Wasserflasche weiß ich aus den Medien", meinte er. Als der Richter ihn fragte, ob er bei Bushido oder den Angeklagten nachgefragt habe, erklärte er: "Ich habe keinen Kontakt zu keiner Partei."
Zu dem Zeitpunkt, als er davon erfahren habe, bestand bereits kein Verhältnis mehr. Wie die Beziehung zu Bushido zum Zeitpunkt der Trennung gewesen sei, erklärte er so: "Wir hatten bis zum Schluss ein durchweg freundschaftliches Verhältnis. Heute haben wir keinen Kontakt. Warum, keine Ahnung, ich habe die letzte Instagram-Nachricht nicht geöffnet." Demnach habe er seit 2018 sowohl zu Bushido als auch zu Arafat keine persönliche Verbindung mehr.
Schließlich ging es um die Trennung von Bushido und Arafat. Shindy sagte dazu: "Es gab Gespräche zwischen mir und Bushido." Bushido habe ihm gesagt, dass es Streit gebe, wodurch sich die Wege trennen könnten. Dazu meinte Shindy: "Ich habe das nicht ernst genommen, dachte, die raufen sich wieder zusammen. Es war eine langjährige Freundschaft, ich dachte nicht, dass es in die Brüche geht."
Der Umgang zwischen Bushido und Arafat sei freundschaftlich gewesen. Ob zwischen ihnen auch mal die Fetzen geflogen seien, dazu sagte Shindy: "Nicht vor mir, es war nicht so, dass ich es mitbekommen habe." Seine eigene Karriere habe 2013, 2014 angefangen. Mit Blick auf Kay One erklärte Shindy: "Da gab es auch einen Streit. Am Ende haben beide Seiten gestritten. Ich war damals sehr jung und unbeteiligt."
Über das Treffen im Jahr 2018, bei dem alle Künstler zusammengekommen seien, um über die geschäftliche Trennung der beiden informiert zu werden, sagte Shindy: "Im Detail erinnere ich mich nicht. Es gab ein paar Diskussionen, ich war sehr unbeteiligt." Die Bürotür sei allerdings nicht abgeschlossen gewesen. Auf die Frage, ob es eine körperliche Auseinandersetzung mit Arafat gegeben habe, sagte er: "Nein." Auch als Shindy 2018 Arafat in Bietigheim bei Stuttgart begegnet sei, habe es "keine körperliche Auseinandersetzung" gegeben.
Sie hätten sich darüber unterhalten, wie es weitergehe. Shindy betonte: "Ich wollte mit keinem der beiden zusammenarbeiten. Ich wollte beruflich gesehen mehr Freiheiten, das hatte ich davor nicht." Während Shindy sprach, merkte der Richter an, dass er schlecht zu verstehen sei. "Sie müssen sich ein neues Mikrofon kaufen", raunte der Künstler. Und weiter: "Ich habe noch nie in meinem Leben genuschelt." Der Richter witzelte darauf hin: "Ich erinnere Sie an Ihre Wahrheitspflicht."
Shindy lehnte sich im Anschluss zurück. Dies passte dem Richter ebenfalls nicht. "Sie sitzen nicht auf der Couch vorm Fernseher, setzen Sie sich vernünftig hin", gab er an. "Ich muss mich kurz entspannen", meinte der Rapper. "Wir unterbrechen, damit der Zeuge seine Stimme ölen kann", entgegnete der Richter bestimmt. Kurz danach ging es weiter.
Seine Freundschaft zu Arafat habe 2012, 2013 begonnen. Der Richter sprach von einem harten Cut zwischen ihnen. Dazu sagte Shindy: "Ich wollte mehr mein eigenes Ding machen. Herr Abou-Chaker war sehr beschäftigt mit dem Streit um Bushido." Zu der Frage, ob Arafat ihm erzählt habe, Bushido geschlagen zu haben, meinte er: "Das hat er mir nie berichtet." Angst vor Arafat habe er darüber hinaus nicht, es gebe keinen Grund dafür.
Der Richter fragte ihn, ob Arafat Geldforderungen an ihn gestellt habe. Dies erklärte er so: "Da ist nichts draus entstanden, man hat sich auf keine Summe geeinigt." Als es um eine mögliche Ablösesumme aufgrund der Trennung ging, grätschte Shindys Anwalt dazwischen: "Die Fragen spielen in einem anderen Verfahren eine Rolle."
Oberstaatsanwältin Petra Leister hakte jedoch hier auch noch mal nach und hielt ihm Aussagen aus seiner Vernehmung von Mai 2019 vor, in denen es um möglicherweise unberechtigte Forderungen ging. "In einer Vernehmung sprachen Sie davon, sich auf 1,2 oder 1,4 Millionen Euro geeinigt zu haben", sagte Leister. Shindy erklärte: "Ehrlich gesagt habe ich keine genaue Erinnerung. Wenn ich das so gesagt habe, dann wird es so gewesen sein."
Am 22. Mai 2019 sei Shindy nicht zur persönlichen Vernehmung in Berlin erschienen: "Ich wollte das lieber in Stuttgart machen." Und weiter: "Ich war ein bisschen angefressen. Ich habe es bei der Polizei dramatischer gemacht, sodass ich nicht extra nach Berlin muss." Kurz danach sei nämlich sein Album "Drama" releast worden. Der Richter fragte ihn, ob er damit erfolgreich gewesen sei. Shindy entgegnete: "Ich war erfolgreich, wie immer, obwohl ich so nuschele." Mit den Worten "Sie haben es hinter sich" wurde Shindy aus dem Zeugenstuhl entlassen. Am 1. Juni findet der nächste Prozesstag statt.
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