Der 78. Prozesstag beginnt mit einem eher traurigen Witz seitens Bushido: "Herzlichen Glückwunsch zum Zweijährigen", begrüßt er Richter Mrosk am Mittwochmorgen am Landgericht Tiergarten. Der Prozess jährt sich an diesem Tag zum zweiten Mal.
Es ist ein Tag mit vielen Wortgefechten, offenen Fragen und am Ende wird klar: Für Bushido ist die Vernehmung noch nicht vorbei, er muss wieder antanzen. Doch warum er überhaupt aussagt, bevor die Echtheit dieser ominösen Audiodatei bewiesen ist, das fragen sich sowohl sein Anwalt als auch die der Abou-Chaker-Brüder. Denn ist die Datei gefälscht, könnte der Rapper sich die gesamte Aussage einfach sparen. Ist sie echt, dann hat er ein ganz anderes Problem. Eine plausible Antwort gibt es darauf nicht.
Während des letzten Prozesstages wurde die Audiodatei, die mitten im Prozess aus dem Nichts aufgetaucht ist, komplett abgespielt, danach wurde der Rapper in den Zeugenstand gebeten und sollte sich selbst dazu äußern. Bereits da sagte er über einige Ungereimtheiten aus, die ihm seiner Meinung nach aufgefallen sind. Nun soll er seine Aussage fortsetzen, diesmal im Beisein seines Anwalts Steffen Tzschoppe.
Bevor Bushido zu Wort kommt, liefert sich sein Anwalt einen Schlagabtausch mit der Verteidigung. Tzschoppe merkt erneut an, dass das ganze Gespräch "von vorne bis hinten keinen logischen Sinn" ergebe. Greift damit seinem Mandanten die Argumente vorweg. Die Anwälte der Abou-Chaker-Brüder lassen das nicht auf sich sitzen, widersprechen und fallen ihm ins Wort. Bis der Richter dann schließlich selbst genug hat und Bushido zur Aussage bittet.
Bushido wird auch dieses Mal zum Audio-Forensiker und soll beschreiben, welche Passagen seiner Meinung nach nicht übereinstimmen können. Das seien jedoch alles nur "Wertungen", wie Arafat Abou-Chakers Anwalt, Hansgeorg Birkhoff beanstandet. Richter Mrosk widerspricht, denn schließlich soll Bushido ja "ein klein wenig Sachverstand für Tonaufnahmen" durch seinen Beruf bereits mitbringen.
Wie schon beim letzten Verhandlungstag äußert Bushido die Vermutung, dass die Datei aus mehreren Treffen mit Arafat zusammengeschnitten wurde. Dafür sprechen seiner Meinung nach folgende Punkte:
Der Rapper finde insgesamt knapp 30 Ungereimtheiten, die seiner Meinung nach so nicht stattgefunden haben können. Während Bushidos Aussage bleibt Arafat größtenteils ruhig. Nur ein Mal kann er sich einen Kommentar Richtung Bushido nicht verkneifen – und der reagiert prompt: "Es wäre vielleicht cool, wenn die Angeklagten mich nicht ansprechen würden", beschwert er sich beim Richter.
Während der Befragung durch die Staatsanwältin kommt es aber auch in seiner Aussage zu Ungereimtheiten. Als sie wissen will, ob an diesem Tag Getränke durch einen Süleyman gebracht wurden, als Bushido in Arafats Büro war, verneint dieser mit den Worten: "Wenn es ein Bediensteter gewesen wäre, könnte ich mich vielleicht nicht mehr daran erinnern, ob uns Getränke gebracht wurden. Aber Süle kenne ich gut und ich wüsste, wenn er uns Getränke gebracht hätte."
Als jedoch die Verteidigung korrigiert und behauptet, dass Arafat Süleyman nur gebeten hätte jemanden mit Getränken vorbeizuschicken, kommt Bushido kurz in Bedrängnis. Er fasst sich an den Kopf, lehnt sich zurück und korrigiert seine Aussage: Weder ein Süleyman noch jemand anderes habe nach Arafats Telefonat Getränke in das Büro gebracht.
Die Verteidigung verzichtet hingegen auf eine genaue Befragung und möchte zunächst einige Chatverläufe zwischen Bushido und Arafat durchgehen, die an diesem Tag als neues Beweismittel vorgelegt wurden.
Für Bushido heißt das: Er muss wiederkommen. Wann genau, ist jedoch unklar. Der nächste Prozesstag soll am 22. August stattfinden, Bushido kann an diesem Tag "aus Gründen" nicht im Zeugenstand erscheinen.
Eigentlich sollte das Urteil Ende Oktober fallen, Richter Mrosk weist jedoch darauf hin, dass die Kammer bald mit einem weiteren großen Prozess beschäftigt sein wird und sich dieses weiter verzögern kann.
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