Mittlerweile startete am Dienstag der 95. Prozesstag gegen Arafat-Abou-Chaker und drei seiner Brüder. Das Verfahren ging mal wieder in die Verlängerung, Stand jetzt gibt es Termine bis zum 26. Juli. Für die kommenden Prozesstage werden weitere Zeugenaussagen erwartet. Darüber hinaus wurde immer noch nicht das Gutachten von der Tonbandaufnahme vorgestellt, die vom 18. Januar 2018 stammen soll. An jenem Tag soll der Rapper eingesperrt, bedroht und mit einer Wasserflasche geschlagen worden sein.
Der Prozess startete im August 2020 und zieht sich somit schon mehr als zweieinhalb Jahre. Zuletzt sollte Rapper Shindy erneut vernommen werden, dazu kam es allerdings nicht, da er sich krankheitsbedingt entschuldigen ließ. Derweil nahmen weitere Zeugen im Saal 500 Platz, die unter anderem bereits vor Gericht ihre Aussage tätigten. Dieses Mal erschienen sie aber mit einem Zeugenbeistand.
Bevor allerdings weitere Zeugen vernommen werden konnten, ging es um die brisante Tonbandaufnahme, die vom 18. Januar stammen soll. Oberstaatsanwältin Petra Leister sagte mit Blick auf das Gutachten: "Schade, dass wir so viel Geld verschwendet haben." Bushidos Anwalt Steffen Tzschoppe fragte daraufhin prompt: "Was hat das Gutachten gekostet?" Der Vorsitzende Richter Martin Mrosk wollte darauf zunächst keine Antwort geben und meinte lediglich: "Das sage ich Ihnen außerhalb der Verhandlung."
Der Richter räumte nun Zeit ein, um eine Stellungnahme in Bezug auf die Tondatei zu verlesen. Tzschoppe ergriff daraufhin das Wort. "Allein schon für den Nebenkläger", betonte er. Und weiter: "Es wurden uns 14 Monate an Lebenszeit geklaut. Mein Mandant habe sich anhören müssen, dass er gelogen habe. Der 'Stern' hat die Datei aus dem Dunstkreis des Angeklagten. Wenn es noch eine gibt, was ist an der anderen faul?"
Das Gutachten würde aussagen, dass die Aufnahme durch viele Störungen belastet sei. Tzschoppe sprach davon, dass mit der Aufnahme versucht werde, Einfluss auf das Verfahren zu nehmen. Die Quelle sei ohnehin allen Prozessbeteiligten bekannt. "Warum taucht die Audiodatei erst anderthalb Jahre später auf?", hieß es in der Stellungnahme. Damit werde der Prozess künstlich um 14 Monate verlängert. Die übermittelte Datei würde vom Original-Format abweichen und zwei Sekunden kürzer sein.
Somit müsse die Kammer "nicht über jedes Stöckchen springen", meinte er. Tzschoppes Fazit lautete schließlich so: "Gezieltes Manipulieren einer Audiodatei ist besonders verwerflich, da das Gericht gezielt getäuscht werden soll." Die Verteidigung sprach daraufhin vielmehr von Nebelkerzen, die gelegt werden würden. Der Vorsitzende Richter fragte nach der Stellungnahme, ob der Sachverständige noch gehört werden solle. Die Verteidigung betonte: "Dass die Nebenklage zum Ergebnis kommt, dass der Sachverständige nicht mehr gehört werden muss, ist erstaunlich."
Und weiter: "Wir müssen den Sachverständigen hören. Ich finde es unredlich, der Verteidigung und den Angeklagten vorzuwerfen, sie würden mediale Aufmerksamkeit nutzen. Wer immer wieder die Medien genutzt hat, um sich darzustellen, war die Nebenklage. Ich kann den Satz von Birkhoff nur wiederholen." Dieser lautete: "Die ständige Wiederholung von Fälschung macht die Behauptung nicht wahr. Die immer wiederkehrende Behauptung, es handelt sich um unterschiedliche Dateien, macht es nicht richtiger."
Daraufhin entgegnete Bushidos Anwalt: "Der Verteidigung werfe ich nichts vor. Außer Frau Leister und der Kammer habe nur ich Fragen gestellt, nicht die Verteidigung. Die Datei, die wir gehört haben, endet nicht mit Kussgeräuschen. Warum kommt es anderthalb Jahre später im 'Stern'? Da können Sie lachen, Herr Abou-Chaker." In dem Moment richtete er seine Worte direkt an Arafat.
Im Anschluss ging es mit den Zeugenvernehmungen weiter. Dabei ging es erneut um den Unfall im Jahr 2019, in den Yasser Abou-Chaker involviert gewesen sei. Er soll sich in ein Fahrzeug von der Fahrertür kopfüber hineingebeugt haben. Hier kamen zunächst zwei Polizeibeamte zu Wort, die für den Einsatz in der Schillerpromenade in Berlin-Neukölln zuständig gewesen seien. Der 48-Jährige gab an, dass der Autofahrer gemeint haben soll, dass der Angeklagte ins Lenkrad gegriffen habe.
Er erklärte mit Blick auf die Anwesenden im Saal: "Arafat kenne ich dienstlich seit 30 Jahren. Ich hatte mit keinem von den Angeklagten jemals Stress." Im Anschluss wurde ein weiterer Polizeibeamter zu dem Fall angehört. Der 27-Jährige sagte, es habe Streitigkeiten zwischen Yasser Abou-Chaker und einer anderen Person gegeben. Yasser soll ins Lenkrad gegriffen und sich ins Auto gehängt haben. Ob er Drogen oder Alkohol zu sich genommen habe, wisse der Polizeibeamte nicht.
Weiter sagten zwei Taxifahrer aus, die sich in unmittelbarer Nähe des Unfallorts befunden haben sollen. Auch hier wurde von einem Streit zwischen den Parteien berichtet. Zum Schluss erschien wieder die 24-Jährige vor Gericht, die zuletzt im Saal 500 weinte und sich nicht mehr an den Vorfall erinnern konnte. Nun kam sie mit einem Zeugenbeistand. Sie meinte: "Ich möchte mich vorab entschuldigen, ich hatte auch an dem Tag gefastet. Ich hatte einen Blackout."
Die Zeugin gab an, dass es eine Konfrontation zwischen Yasser und dem Autofahrer gegeben habe. Sie habe eine Panikattacke gehabt und das Erlebte verdrängt. Die Polizei hätte sie darüber informiert, dass Yasser ein gefährlicher Mann sei. Zum Schluss erschien dann noch der damalige Fahrer mit einem Zeugenbeistand, der sich zuletzt auf den Paragrafen 55 berief. Der Beistand sagte jetzt dazu: "Wenn er aussagen würde, würde er sich einer Straftat bezichtigen."
Der Richter erklärte, dass er "kein vollumfängliches Verweigerungsrecht" habe. Der Zeuge wollte in jedem Fall nichts zur Auseinandersetzung und zu den Gründen dafür sagen. Der Richter fragte ihn: "Wollte Yasser Abou-Chaker Drogen von Ihnen kaufen?" Dies verneinte der Zeuge prompt und stellte klar: "Ich habe nichts mit Kokain am Hut." Der Prozess wird am 4. Mai fortgesetzt.
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