Die Hitze macht uns fertig. Alles bis 30 Grad – okay! Aber 35 Grad? Oder 39? Wo sind wir denn hier? In der Sahara? Seit 2 Wochen haben wir keine Nacht durchgeschlafen! Und dann sind auch noch alle Ventilatoren ausverkauft! Das hält doch keiner aus.
Nun, diese Temperaturen sind noch gar nichts, wenn man sich anschaut, was ein internationales Forscherteam im Magazin PNAS für die Zukunft unseres Planeten voraussagt.
Sie haben sich sogenannte Kippelemente im Klimasystem angesehen und festgestellt: Selbst wenn das Pariser Klimaabkommen eingehalten würde, könnten sich auf der Welt Dominoeffekte in Gang setzen, die uns in eine lebensfeindliche Heißperiode stürzen. In so einer Heißzeit würde sich die Erde langfristig um etwa 4 bis 5 Grad erwärmen und der Meeresspiegel um 10 bis 60 Meter ansteigen, wie das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) schreibt.
Das sind Vorgänge in der Umwelt, die sich durch die steigenden Temperaturen in Gang setzen und dann praktisch unaufhaltsam werden. Ein paar Beispiele:
Vorstellen kann man sich das wie eine Reihe von Dominsteinen:
Dass auf der Erde Leben existieren kann, ist einem genialen System zu verdanken, in dem alles zusammenhängt. Gesunde Regenwälder und Korallenriffe etwa balancieren die Erdtemperatur aus und andersrum. Kippt ein Element, kommt es zu Rückkoppelungseffekten, die wiederum die Erderwärmung befeuern.
Das Pariser Klimaabkommen sieht vor, die globale Erwärmung zwischen 1,5 und 2 Grad zu halten. Momentan ist die Erde im Durchschnitt bereits ungefähr 1 Grad wärmer als noch vor Beginn der Industrialisierung. Doch das Klimaziel von Paris könnte schwieriger zu erreichen sein, als bislang angenommen. Man könne sich nicht darauf verlassen, dass das Erdsystem bei 2 Grad langfristig sicher "geparkt" werden könne.
Selbst wenn sich die Erwärmung vorläufig auf maximal 2 Grad begrenzen ließe, könnten Kippelemente wie oben erwähnt angestoßen werden. Auch ohne dass der Mensch weiter dazu beiträgt, würde sich die Erde dann weiter erwärmen und der Klimawandel verstärke sich selbstlaufend.
In Teilen der Westantarktis zum Beispiel – dort sind bereits einige Kipppunkte überschritten worden. An diesen Orten ist teils schon so viel Eis weggeschmolzen, dass noch umfangreicheres Abschmelzen über lange Zeit vorprogrammiert ist. Und der Kollaps des grönländischen Eisschildes könnte bereits bei einer Temperaturerhöhung um 2 Grad einsetzen.
Manche Forscher kritisierten bereits, dass die Studie unkonkret bleibe. Etwa weil noch unsicher sei, wo die kritische Schwelle tatsächlich liege. Andere sprechen von einem wichtigen und provozierenden Artikel. Der Klimaforscher Jonathan Overpeck von der University of Michigan, der nicht mitgeschrieben hat, sagt, es sei richtig, sich Sorgen zu machen:
Jeder Einzelne könne etwas beitragen, um den Klimawandel zu bekämpfen, sagt Schellnhuber. Am wichtigsten sei aber, dass Politiker aktiv werden. Der Kohleausstieg müsse so schnell wie möglich durchgesetzt werden.
Derzeit sieht es eher so aus, als würde sich nicht viel verändern. Seit Jahren prangern Forscher an, dass wir uns im "Anthropozän" befinden – der Begriff ist angelehnt an das griechische Wort ánthropos, was auf deutsch "Mensch" bedeutet. Also in einem Zeitalter, in dem sich unsere Umwelt vor allem verändert, weil der Mensch sie so heftig beeinflusst.
Vor mehr als 11.000 Jahren begann auf der Erde das Holozän. Das ist das Zeitalter, in dem wir eigentlich heute noch leben. Es zeichnete sich dadurch aus, dass die Temperatur weltweit anstieg und dass damit die Eiszeit endete. Über Tausende von Jahren schwankte das Klima auf und ab. Es gab Dürreperioden, es gab quälend kalte Episoden. Das war der natürliche Gang der Dinge.
Im 18. Jahrhundert startete dann eine Revolution: Die Menschen trieben die Industrialisierung voran, fossile Brennstoffe wie Kohle und Öl waren der Treibstoff. Und je mehr davon verbrannt wurde, desto höher wurde die Konzentration von Kohlenstoffdioxid in der Atmosphäre. Das Gas legte sich um die Erde und bewirkt, dass Hitze eindringen, aber schlecht entweichen kann. Das Klima heizt sich immer weiter auf.
Was in den vergangenen zwei- bis dreihundert Jahren auf der Erde passiert, hat nichts mit natürlichen Schwankungen zu tun. Der jüngste Klimawandel ist menschengemacht und er bringt ein über Jahrtausende eingependeltes Gleichgewicht aus Hitze und Kälte durcheinander.
Vor ungefähr 40 Jahren war sie schon soweit. Ein beeindruckender Text im New York Times Magazine zeigt anschaulich, wie alle Beweise für den Klimawandel damals vorlagen und wie klar war: Das Klima erwärmt sich, der Mensch ist schuld, wir müssen was tun. Politiker unterschrieben Papiere, diskutierten und feilten an Plänen und am Ende war die Lösung der Kohle-Ausstieg – schnell und radikal.
Doch die großen Pläne gerieten ins Schleifen. Die Wirtschaft war wichtiger als die Umwelt. Das Problem war offenbar zu groß und zu existenziell, um es richtig zu kapieren. Also geschah nichts.