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Olympia-Athlet mit harten Worten: "Ich weiß, dass ich nichts reißen werde"

MUNICH, GERMANY - MAY 19: Alexander Megos of Germany competes during the semifinals of the IFSC Climbing World Cup Munich on May 19, 2019 in Munich, Germany.
Alexander Megos gilt als einer der besten Felskletterer der Welt – bei Olypia startet er für Deutschland.bild: DAV/Vertical Axis
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"Ich weiß, dass ich nichts reißen werde": Deutschland-Kletterer Megos vor Olympia-Debüt

27.07.2021, 14:0127.07.2021, 16:00
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Beim Klettern auf dem Berg, mit Blick auf das Tal, kommt oft ein Freiheitsgefühl auf. Das weiß auch der 27-jährige Alexander Megos, einer der zwei Athleten, die für Deutschland am ersten Boulder-Wettbewerb bei den Olympischen Spielen teilnehmen. Er gilt als einer der besten Felskletterer der Welt. Nur findet Olympia eben nicht am Berg statt, sondern an der künstlichen Kletterwand.

Der Unterschied: "Das eine ist am Fels, das andere an der Kunstwand", sagt Megos lachend und fügt hinzu, dass man in der Halle weniger Versuche und Vorbereitungszeit hat. Das weiß auch sein Teamkollege Jan Hojer, denn der 29-Jährige gilt als einer der erfolgreichsten deutschen Wettkampfkletterer.

"Sportlich ist alles gegeben, um sich perfekt auf die Spiele vorzubereiten."
Jan Hojer über die Bedingungen in Tokio

Die beiden sind Medaillenanwärter für das Team Deutschland am 3. und 5. August – Gold wäre jedoch eine Überraschung.

Noch vor kurzem verglich Bundestrainer Urs Stöcker das Leben in der Corona-Bubble in Tokio mit einem Gefängnis. Jeden Tag heißt es: Eine Stunde Shuttlefahrt zur Trainingshalle, vier Stunden Training und dann eine Stunde zurück. "Eigentlich kennen wir uns hier aus und wir hätten Riesenspaß nach dem Training haben können, aber das sehen wir jetzt nur aus dem Fenster", sagt Stöcker auf watson-Nachfrage. "Fußfesseln tragen wir aber keine", fügt er hinzu und erzählt, dass die Hotelzimmer groß und angenehm hell seien.

Urs Stöcker, Alexander Megos, Jan Hojer und Physiotherapeut Martin Schlageter (v.l.) in Tokio.

"Wir überleben’s", sagt Megos prägnant, bevor sein Teamkamerad Hojer erläutert: "Sportlich ist alles gegeben, um sich perfekt auf die Spiele vorzubereiten." Die Kletterhallen seien „Weltklasse“ und ganz wichtig: Klimatisiert. Denn Temperaturen um die 30 Grad und einer Luftfeuchtigkeit, die gern bei 70 Prozent liegt, stellen sich als Herausforderung dar. Die Kletterer müssen sich aber akklimatisieren, denn der Wettkampf findet an einer Wand im Freien statt.

Das Klima in Tokio wird eine zusätzliche Schwierigkeit für die Kletterer

Die ersten Tage seien relativ schwer gewesen, gibt Megos zu. "Man kann sich schon ein bisschen daran anpassen, aber manche kommen damit besser klar als andere", sagt er und fügt hinzu, dass er persönlich Probleme damit habe. Das sei aber grundsätzlich ein Vorteil der Sportler, die aus wärmeren Regionen stammen. "Wir als Europäer werden mehr Probleme mit der Hitze haben als andere", so Megos.

Die Zeitumstellung zu Japan – ganze sieben Stunden – sei aber keine Herausforderung, denn die Kletterwettkämpfe finden auch öfter in den USA oder in Asien statt. "Für uns ist das kein neues Thema, wir haben so viele Langstreckenflüge hinter uns", erklärt Hojer gegenüber watson und fügt hinzu: "Jeder entwickelt da seine Routine, um sich gut darauf einzustellen".

"Ich kann mich ganz entspannt zurücklehnen und warten, dass andere Leute Fehler machen."
Alexander Megos zu seiner Strategie

Die beiden können also "fit und gesund", wie Hojer sagt, in den Wettkampf starten. Der ist bei den Olympischen Spielen besonders, denn hier wird im sogenannten "Olympic Combined" geklettert. Dabei müssen sich die Sportler in drei Disziplinen messen: "Speed", also wer am schnellsten am höchsten klettert; "Boulder", wobei ohne Seil in auf höchstens vier Metern und mit maximaler Schwierigkeit geklettert wird; und "Lead", bei der die Kletterer mit einem Versuch die 15 Meter hohe Wand hochsteigen müssen. Am Ende werden die Wertungen der einzelnen Formate miteinander multipliziert und wer die niedrigste Zahl erreicht, der gewinnt die Goldmedaille. Besonders die Speed-Disziplin wurde im Vorhinein viel kritisiert, da sie wenig mit dem klassischen Klettern zu tun hat.

Alexander Megos beim Bouldern im Fels.

"Ich kann immer noch nichts damit anfangen", sagt Megos über das Speedklettern und macht sich keine großen Hoffnungen. "Ich weiß, dass ich nichts reißen werde", bleibt er realistisch und fügt hinzu: "Ich kann mich ganz entspannt zurücklehnen und warten, dass andere Leute Fehler machen".

Die Kletter-Frauen haben sich nicht für die Olympischen Spiele qualifiziert

Hojer hat hingegen direkt angefangen Speed zu trainieren, als das olympische Komitee das Wettkampfformat bekannt gab, um sich "einen kleinen Vorteil" zu verschaffen. Aber auch er sagt: "Speedklettern war für uns alle neu". Er sieht sich jedoch in der Lage, in jeder Disziplin zumindest in die vordere Hälfte des Feldes aufzusteigen.

Leider gar nicht erst für die Sommerspiele qualifiziert haben sich die Kletter-Damen. Die Kölnerin Hannah Meul verpasste den Einzug nur knapp. "Es wäre natürlich toll, ein volles Team mit zwei Damen dabeizuhaben", sagt Hojer auf watson-Nachfrage. Er geht aber davon aus, dass es "2024 ganz anders aussehen wird". Sein Teamkamerad pflichtet ihm bei: "Dann ist es vielleicht eher umgedreht, zwei Damen und keine Herren".

"Hier im Trainingslager ist irgendwie kein Olympia-Flair zu spüren."
Urs Stöcker über die Olympia-Erfahrung

Trotz der guten Stimmung im Team ist bisher noch kein richtiges Olympia-Feeling aufgekommen. "Hier im Trainingslager ist irgendwie kein Olympia-Flair zu spüren", sagt Hojer, denn die Athleten dürfen, aufgrund von Corona-Regeln, erst fünf Tage vor ihrem Wettkampf in das olympische Dorf einziehen. Deshalb konnten die Kletterer auch nicht an der Eröffnungszeremonie teilnehmen, denn das dürfen nur Olympioniken, die im Dorf wohnen. "Wir konnten das Feuerwerk von unserem Hotelfenster aus sehen", erzählt Stöcker immerhin.

Jan Hojer (l.) und Alexander Megos beim Training im Team Deutschland Outfit.

Da ist es verständlich, dass Hojer die Olympischen Spiele auch unter Normalbedingungen erleben will. "Vielleicht hänge ich noch eine Olympiade dran", sagt er mit Blick auf die Zukunft. Für Megos ist klar, wo es nach Olympia hingeht: "Erstmal wieder zum Felsklettern zurück", sagt er. Aber, ob er 2024 wieder für Deutschland antritt, könne er "nicht ausschließen", aber eben auch "nicht versprechen".

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