Als Patrick Hausding das erste Mal an den Olympischen Spielen 2008 in Peking teilnahm, führte Basketball-Legende Dirk Nowitzki das deutsche Olympia-Team als Fahnenträger ins Olympiastadion von Peking. "Das war eine ganz andere Sphäre", erinnert sich der 32-Jährige auf dem Facebook-Kanal von Team Deutschland.
13 Jahre später ist es nun der Berliner, der gemeinsam mit Beachvolleyballerin Laura Ludwig die deutsche Auswahl am Freitag (13 Uhr deutscher Zeit) ins Olympiastadion von Tokio führen wird.
"Es ist eine riesige Ehre, denn es gibt einfach weniger Fahnenträger als olympische Medaillengewinner", freut sich der Wasserspringer im Gespräch mit watson.
Für Hausding hätte es wohl keinen schöneren Abschluss seiner Karriere geben können. Nach den Spielen wird der Lehramtsstudent seine Laufbahn beenden. Wehmut kommt bei ihm dennoch nicht auf. "Es ist schon etwas Besonderes, aber emotional für mich nicht schlimm", erklärt er. "Alles ist endlich und man stellt sich jahrelang darauf ein." Viel mehr freut er sich, dass die Spiele nun endlich nach fünf Jahren durchgeführt werden können.
Für Hausding sind es bereits die vierten Olympischen Spiele, doch trotz der Corona-Pandemie sieht er die Spiele nicht groß anders als die Wettbewerbe in Peking, London und Rio. "Außer, dass wir das Dorf nicht verlassen dürfen, gibt es keine signifikanten Unterschiede."
Noch bis vor ein paar Wochen habe er gezweifelt, ob die Spiele denn tatsächlich stattfinden würden. Er ergänzt: "Aber nun bin ich froh, dass sie stattfinden."
Und der 32-Jährige stellte bereits bei den Europameisterschaften in Ungarn Mitte Mai seine gute Form unter Beweis. Er holte Gold vom 1-Meter-Brett und vom 3-Meter-Brett im Synchronspringen mit seinem Partner Lars Rüdiger. Außerdem gewann er im Team und vom 10-Meter-Brett mit Sychronpartner Timo Barthel Bronze.
"Die bisherige Saison lief sehr gut, daher wollen wir auch um Medaillen mitkämpfen", erklärt der 17-fache Europameister.
Damit das gelingt, absolvierten Hausding und seine Teamkollegen in der vergangenen Woche ein ganz besonderes Trainingslager.
Statt wie viele andere Sportler schon vorzeitig nach Japan zu reisen, um sich an die Zeitumstellung zu gewöhnen und vor Ort zu trainieren, blieben die Wasserspringer in Dresden.
"Mit der Quarantäne und den Sicherheitsregelungen wäre das alles sehr anstrengend gewesen." So konnten die Sportler in der Stadt bleiben, in der sie bereits zahlreiche Trainingslager absolviert hatten. "Wir hatten mehr Freiraum, konnten normal im Hotel wohnen und uns frei bewegen."
Um sich dennoch optimal auf Tokio vorzubereiten, haben sie die Zeitverschiebung in Dresden simuliert. Bereits zur Olympia-Qualifikation vor drei Monaten wählten die Wasserspringer diese Trainingsmethode, um eine vorzeitige Anreise zu vermeiden.
So hieß es für Hausding eine Woche lang: 18.30 Uhr ins Bett gehen und 2.30 Uhr wieder aufstehen, denn dann gab es Frühstück. Anschließend Training, dann 7.30 Uhr Mittagessen und um 13 Uhr Abendbrot. "Das war am Anfang ziemlich schwer", gibt er selbst zu. "Gerade, wenn die Sonne scheint und das Wetter gut ist, dann sagt der Körper nicht: 'Du musst jetzt schlafen gehen.'"
Die Anreise lief für Hausding komplikationslos und daher erklärt er: "Ich bin in guter Verfassung, habe fleißig trainiert und hoffe, dass ich diese Qualität am Ende zeigen kann."
Als Verband habe man sich ein bis zwei Medaillen vorgenommen. "Das ist realistisch und machbar", schätzt Hausding ein. Doch relativiert gleichzeitig: "Unser Sport hängt von Millisekunden ab und anders als bei Europameisterschaften kommen in der Welt einige dazu, die es zu schlagen gilt." Als stärkste Konkurrenten schätzt er die Chinesen, Russen und Briten ein.
Doch Hausding tritt nicht nur im Einzelwettkampf vom 3-Meter-Brett an, sondern auch im Synchronspringen mit Lars Rüdiger.
Welchen Sprung die beiden ausführen, hänge dabei immer davon ab, was die einzelnen Springer besonders gut können und was im Gesamtbild eine möglichst gute Qualität möglich macht. "Ich bin eher gut in Auerbach-Drehungen, Lars in Schrauben, aber auf so einem Level wie bei Olympia muss man alles gleich gut können", erklärt Hausding.
Mit seinem Synchronpartner ist er sich jedoch meist schnell einig, welchen Sprung sie ausführen wollen. Es gebe auch andere Synchronpaare, die persönlich nicht so gut zueinander passen, aber bei Rüdiger und Hausding funktioniere es gut.
"Wir verbringen auch ab und zu Zeit zusammen, aber wir sehen uns schon den ganzen Tag beim Training, da muss man sich nicht auch noch zehnmal in der Woche privat sehen", erzählt der Berliner. Das Duo zählt zu den Medaillenfavoriten im Synchronspringen.
Ob Medaillenerfolg oder nicht, für Patrick Hausding hat bei den Olympischen Spielen vor allem eine Sache Priorität: "Wichtig ist, dass man mit sich zufrieden ist. Und wenn ich mit mir zufrieden sein will, dann sollte eine Top-6-Platzierung drin sein."