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Schulstart in NRW: Schülerin erklärt, warum die Maskenpflicht nicht genug ist

In NRW herrscht Maskenpflicht im Unterricht.
NRW ist das einzige Bundesland mit Maskenpflicht im Unterricht. (Symbolbild)Bild: E+ / izusek
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Schulstart in NRW: Schülerin erklärt, warum die Maskenpflicht nicht genug ist

13.08.2020, 11:1213.08.2020, 11:20
Johanna Börgermann
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An Deutschlands Schulen kehrt nach und nach der Normalbetrieb zurück – nach monatelangem Ausnahmezustand, holprigem Fernunterricht per Computer oder Tablet und kuriosen Prüfungssituationen mit viel räumlichen Abstand. Die Kultusministerkonferenz hatte dafür bereits vor Wochen einen Hygieneplan ausgearbeitet, mithilfe dessen der Unterricht wieder normal stattfinden kann. Dazu gehören Empfehlungen zum Lüften, Abstandhalten und Maskentragen.

Nordrhein-Westfalen geht einen eigenen Weg, was die Maßnahmen gegen das Coronavirus in Schulen betrifft: Es ist das einzige Bundesland, in dem eine Maskenpflicht auch während des Unterrichts gilt. Die Schülerin Johanna Börgermann, 17, aus Löhne nahe Bielefeld schildert watson gegenüber ihre Eindrücke des ersten Schultags mit Maskenpflicht. Außerdem spricht Johanna – die in die Oberstufe eines Gymnasiums geht Vorstandsmitglied der Landesschüler*innenvertretung NRW ist – über Schule während der Corona-Zeit, welche Lücken im Bildungssystem das Virus aufgedeckt hat und welche weiteren Maßnahmen sie fordert, um einen zweiten Lockdown zu verhindern.

"Wir wussten, dass der Lockdown kommen würde. Wir wussten nur nicht, dass es so plötzlich passieren würde."


Meinen letzten normalen Schultag hatte ich im März: Der Tag – ein Freitag, der 13. – hatte begonnen wie üblich. An Abstandsregeln oder gar eine Maskenpflicht hatte sich zu diesem Zeitpunkt noch niemand so richtig Gedanken gemacht – obwohl wir alle beobachtet hatten, wie das Coronavirus erst in China, schließlich auch in Deutschland angefangen hatte, sich zu verbreiten. Wir wussten, dass der Lockdown kommen würde. Wir wussten nur nicht, dass es so plötzlich passieren würde. Und dann hieß es um 14.15 Uhr an jenem Tag: Die nächsten fünf Wochen mindestens werdet ihr die Schule nicht betreten.

Nun, fast genau fünf Monate später, hatte ich meinen ersten regulären Schultag nach dem Lockdown. Trotz nahezu 35 Grad und an Mund und Nase klebender Maske waren wir alle zumindest mehr oder weniger froh, wieder in der Schule zu sein und einander wiederzusehen.

Nordrhein-Westfalen ist das einzige Bundesland, das eine Maskenpflicht auch im Unterricht eingeführt hat. Das bedeutet, dass wir nicht nur auf den Gängen und dem Schulhof Mund und Nase bedecken müssen, sondern praktisch den ganzen Tag lang, auch im Klassenraum.

"Wenn wir bedenken, wie anstrengend die vergangenen Monate waren, finde ich die strengen Maßnahmen mehr als gerechtfertigt."

Natürlich ist die Maske nicht immer angenehm – vor allem bei den hohen Temperaturen, die gerade herrschen, stört es sehr, ein Stück Stoff im Gesicht kleben zu haben.

Wenn wir allerdings bedenken, wie anstrengend die vergangenen Monate waren, finde ich die strengen Maßnahmen mehr als gerechtfertigt: Wir sollten alles tun, um einen weiteren Lockdown zu verhindern. Die Corona-Zeit hat uns einerseits zwar gezeigt, dass vieles, was vorher undenkbar war, plötzlich möglich ist. Andererseits hat die Krise uns noch einmal deutlich vor Augen geführt, welche Lücken in unserem Bildungssystem klaffen. Und die werden wir nicht von heute auf morgen schließen können.

Wegen der nur langsam voranschreitenden Digitalisierung waren wir auf den Fernunterricht nicht optimal vorbereitet. Einige Schüler und Schülerinnen aus finanziell schwächer aufgestellten Familien verfügten nicht einmal über Geräte, über die sie am Unterricht hätten teilnehmen können. Das Geld, um Laptops oder Tablets zu besorgen, reichen nicht für alle Schülerinnen und Schüler aus. Die Lehrkräfte sind teilweise nicht ausgebildet, um digital unterrichten zu können. Bis wir all diese Probleme gelöst haben, könnten weitere Monate, wenn nicht Jahre, vergehen.

"Niemand von uns möchte wegen der Pandemie nun Unterricht oder Klausuren verpassen oder gar einen schlechteren Abschluss kriegen."

Ich befürchte, dass ein zweiter Lockdown uns hart treffen würde. Nicht alle von uns haben nur negative Erfahrungen während der Pandemie gemacht – ich habe auch gemerkt, wie viele Dinge gut geklappt haben und wie viel wir geschafft haben. Dennoch befürchte ich, dass nicht jede oder jeder die Energie hätte, einen weiteren Lockdown mitzumachen. Auch, wenn wir uns jetzt wahrscheinlich besser organisieren könnten und zumindest in Hinblick auf die Digitalisierung bereits dazu gelernt haben.

Johanna, 17, ist Landesvorstandsmitglied der LSV NRW.
Johanna, 17, ist Landesvorstandsmitglied der LSV NRW. Bild: johanna börgermann

Vor dem Virus selbst fühle ich mich ausreichend geschützt. Sorgen mache ich mir eher um meinen Abschluss, und da bin ich nicht die einzige: Alle Noten, die wir jetzt bekommen, zählen bereits fürs Abi. Niemand von uns möchte wegen der Pandemie nun Unterricht oder Klausuren verpassen oder gar einen schlechteren Abschluss kriegen. Umso wichtiger finden wir es, dass die – zugegeben strengen –Regeln wie die Maskenpflicht im Unterricht konsequent umgesetzt werden. Mehr noch: Ich finde, es gibt noch weitere Maßnahmen, die wir uns überlegen sollten.

"All diese Maßnahmen sind nicht bequem, aber notwendig, um die nächste Zeit gut und sicher durchzustehen."

In der Landesschüler*innenvertretung NRW beispielsweise setzen wir uns dafür ein, dass Hitzefrei auch für die Oberstufe gelten sollte, nicht nur für die Unter- und Mittelstufe, wie es bisher war. Vor allem, wenn wir im Unterricht alle Masken tragen, wird es in Kombination mit der Hitze zu schwer sein, sich auf den Lernstoff zu konzentrieren. Wir werden auch mehr Pausen brauchen, wenn wir unter den aktuellen Bedingungen lernen sollen – und gleichzeitig die Gesundheit unserer Mitschüler nicht gefährden wollen.

Dann sollten wir auch häufiger versuchen, den Unterricht ins Freie außerhalb des Schulgeländes zu verlegen, wo wir möglicherweise auch auf die Maske verzichten können.

Eine weitere Möglichkeit wäre, Unterrichtsfächer, die nicht im schriftlichen Abitur dran kommen, weiterhin aus der Ferne digital zu unterrichten. Idealerweise sollte die Benotung diese Fächer dann den Umständen entsprechend angepasst werden beziehungsweise ganz ausfallen, um so niemanden zu benachteiligen.

All diese Maßnahmen sind nicht bequem, aber notwendig, um die nächste Zeit gut und sicher durchzustehen. Wir dürfen dabei auch nicht vergessen: Schule bedeutet mehr als Bildung. Schule ist auch Lebensraum. Und gerade während einer Pandemie müssen wir darauf achten, ihn so lebenswert wie möglich zu gestalten. Wir müssen nun lernen, mit dem Virus, dieser neuen Normalität, zu leben. Ich bin allerdings optimistisch, dass wir das schaffen werden.

Protokoll: Agatha Kremplewski

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