Wer schon einmal eine Prüfung an der Universität ablegen musste, weiß: Der Druck kann manchmal ganz schön groß sein. Wochenlang bereiten sich manche Studierende auf Klausuren vor, arbeiten sich durch hunderte Manuskript-Seiten und versuchen sich an jedes noch so winzige Detail zu erinnern.
Am Tag der Prüfung ist die Aufregung dann oft riesig. Immerhin sind manche Klausuren nicht nur entscheidend für die Abschlussnote, sondern auch für den Verlauf des gesamten Studiums – Stichwort Drittversuch. Auf lange Warterei haben die meisten keinen Bock; einfach schnell in den Prüfungssaal, hinsetzen und loslegen.
Vorab erklärt die jeweilige Prüfungsaufsicht meist noch die üblichen Rahmenbedingungen, also zum Beispiel die Prüfungszeit und ob Hilfsmittel zugelassen sind. Teils wird auch die Identität der Studis überprüft, damit am Ende nicht jemand Fremdes die Prüfung absolviert. Alles Routine, alles weitgehend verständlich.
In Nigeria stößt eine Prüfungsregel derzeit aber auf wenig Verständnis. Vor wenigen Tagen ging auf X ein Video viral, das wohl Student:innen zeigt, die in einer Schlange vor der Olabisi Onabanjo University stehen. Während die Männer weitgehend unbehelligt in der Reihe warten, scheint eine Frau die Studentinnen einzeln zu mustern.
Eine junge Frau wird schließlich von einer zweiten Person angehalten und aus der Reihe herausgezogen. Dann endet das Video abrupt. Überschrieben ist der Clip auf Englisch mit dem Satz "Olabisi Onabanjo University setzt angeblich die neue 'Kein BH, kein Zugang'-Regel durch". Wann das Video genau entstanden ist, bleibt unklar.
Auf Social Media hat der Vorfall jedenfalls für Empörung gesorgt. Wie die "Taz" berichtet, kritisieren viele User:innen die BH-Regel für Frauen als entwürdigend und übergriffig; zumal das Tragen eines BHs nichts über die akademischen Leistungen einer Studentin aussage.
"Dies soll ein Umfeld höchster Aufklärung und zukunftsorientierten Denkens sein, aber schaut, womit sich die Verwaltung beschäftigt", schreibt ein User beispielsweise unter dem Video.
Die Universität hat sich laut dem TV Sender CNN noch nicht zu der umstrittenen Regel geäußert. Ob, für wen und seit wann sie gilt, ist also weiterhin unklar. Auf X hat sich allerdings der Vorsitzende der Studierendenvereinigung an der nigerianischen Uni zu Wort gemeldet, der die Regel gutheißt.
Muizz Olanrewaju Olatunji erklärt in dem Post, dass die Regel nicht neu sei und "eine Kleiderordnung fördert, die darauf abzielt, eine respektvolle und ablenkungsfreie Umgebung aufrechtzuerhalten und die Studenten zu ermutigen, sich bescheiden und im Einklang mit den Werten der Institution zu kleiden".
Dazu teilte er einen Ausschnitt aus einem Regelwerk, das wohl von der Universität stammt. Demzufolge zeichnet sich unanständige Kleidung durch das Zeigen sensibler Körperteile "wie Brüste, Gesäß, Brustwarzen und Bauchnabel" aus; dazu zählt auch "jede Kleidung, die geeignet ist, beim gleichen oder anderen Geschlecht ein unanständiges Verlangen nach dem Studierenden zu wecken".
Der Menschenrechtsanwalt Inibehe Effiong spricht hingegen gegenüber CNN von einer "drakonischen" Regel, die "einer Form sexueller Belästigung gleichkommen könne". Die körperliche Untersuchung von Studentinnen, ob sie einen BH tragen, sei nicht nur erniedrigend, sondern auch unwürdig.
"Es kann medizinische Gründe dafür geben, warum sich manche Schülerinnen zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht wohl dabei fühlen, einen BH zu tragen", erklärt er weiter. Er schließt nicht aus, dass die strikte Durchsetzung der Regel ohne Ausnahmen zu rechtlichen Schritten führen könne.
Laut CNN hat der Vorsitzende der Studierendenvereinigung in der Zwischenzeit auf X angekündigt, dass man mit der Uni-Verwaltung in Kontakt stehe, um alternative Möglichkeiten der Kleiderkontrolle auszuloten, "wobei der Schwerpunkt auf einem respektvollen und würdevollen Umgang zwischen Studenten und Personal liegen soll".
