
Die dritte Runde des Lokführerstreik hat angefangen, hier in Leipzig.Bild: dpa / Sebastian Willnow
02.09.2021, 10:5402.09.2021, 11:04
Die Deutsche Bahn geht juristisch gegen den Streik der
Lokführergewerkschaft GDL vor. Der Konzern hat vor dem Arbeitsgericht
Frankfurt am Main einen Antrag auf einstweilige Verfügung gegen den
Arbeitskampf eingelegt, wie das Unternehmen am Donnerstag mitteilte.
"Das Streikrecht ist ein hohes Gut. Allerdings sind Streiks nur dann
zulässig, wenn sie sich im Rahmen des geltenden Rechts bewegen. Das
ist nach unserer Auffassung bei den Streiks der GDL nicht der Fall",
sagte Bahn-Personalvorstand Martin Seiler laut Mitteilung.
Die GDL hatte in der Nacht trotz eines neuen Tarifangebotes der Bahn
mit ihrem fünftägigen Streik im Personenverkehr begonnen. Dem Konzern
zufolge gilt ein Ersatzfahrplan, mit dem etwa 25 Prozent der Fernzüge
fahren sollen. Für den Regionalverkehr besteht demnach das Ziel, 40
Prozent des regulären Angebotes zu fahren. GDL-Chef Claus Weselsky
wies die neue Offerte zurück. "Der Streik geht weiter."
GDL-Sprecher: "Der Frust ist gewaltig"
Seiler erklärte: "Wir haben jetzt das dritte verbesserte Angebot
vorgelegt – ohne dass die GDL ernsthaft mit uns in Verhandlungen
eingetreten wäre." Auch den Vorschlag, mit Hilfe eines Schlichters
oder Moderators nach einer Lösung zu suchen, habe die Gewerkschaft
abgelehnt. Im Interesse der Kunden und Mitarbeitenden habe der
Konzern nun handeln müssen und werde die Streiks deshalb rechtlich
überprüfen lassen. Das Vorgehen weckt Erinnerungen an den November
2014, als die GDL in zwei Instanzen der Arbeitsgerichte in Frankfurt
siegte und die Gewerkschaft dann überraschend den Streik abbrach. Die
Bahn hatte vor sieben Jahren vergeblich argumentiert, dass der Streik
unverhältnismäßig hohen Schaden angerichtet habe.
An großen Bahnhöfen wie München oder Hannover war die Lage am
Donnerstagmorgen zunächst ruhig, weil sich offensichtlich viele
Fahrgäste über den Ausstand informiert hatten. "Die Streikbeteiligung
ist gut, denn der Frust ist gewaltig", sagte ein GDL-Sprecher in
Bayern. Die Bahn empfiehlt, Reisen zu verschieben. Alle gebuchten
Fernverkehrstickets für die Zeit des Streiks sollen ihre Gültigkeit
behalten. Bei Sparangeboten wird die Zugbindung aufgehoben.
Dritter Streik im aktuellen Tarifstreit
Der Ausstand ist im aktuellen Tarifstreit der dritte und soll bis zum
frühen Dienstagmorgen dauern. Im Güterverkehr lief die Streikwelle
bereits am Mittwoch an. Kurz danach legte die Bahn ein neues Angebot
vor. Es enthält eine Corona-Prämie bis zu 600 Euro und sieht eine
Laufzeit des Tarifvertrags von 36 Monaten vor. Bislang hatte der
Konzern eine Laufzeit von 40 Monaten angeboten und die Höhe der
Prämie nicht beziffert.
Weselsky: "Offerte nicht annehmbar"
Eine Corona-Prämie von 600 Euro gehört zu den wichtigsten Forderungen
der Gewerkschaft. Bei der Laufzeit will die GDL indes nicht über 28
Monate hinausgehen. Außerdem soll die erste Tarifstufe von 1,7
Prozent bereits für das laufende Jahr ausgezahlt werden. Weselsky
beklagte im ARD-"Morgenmagazin", die neue Offerte sei auch inhaltlich
"nicht annehmbar". So enthalte sie für dieses Jahr eine Nullrunde.
Nach Weselskys Darstellung verlangt die Bahn, den Geltungsbereich auf
den derzeitigen Tarifvertrag zu beschränken. Damit droht nach seiner
Ansicht eine Spaltung der Gewerkschaft mit Mitgliedern erster und
zweiter Klasse. "Die Zielsetzung des Bahnvorstandes ist die
Existenzvernichtung der GDL", sagte Weselsky.
(andi/dpa)