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Coronavirus: Drei Länder führen bei Pandemie-Bekämpfung – was sie richtig machen

Rom 25.03.2020 Corona Krise: Pressetermin in der Intensivstation des Casal Palocco Krankenhaus Pfleger beobachten durch ein Fenster die Intensivpfleger auf der Covid 19 Intensivstation. *** Rome 25 03 ...
Pflegekräfte auf einer Intensivstation. Bild: www.imago-images.de / ULMER

Drei Länder führen im Kampf gegen Corona: Analyse zeigt, was sie richtig machen

03.07.2020, 15:5203.07.2020, 15:58
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Seit Ausbruch der Corona-Pandemie fragen sich die Staaten der Welt, wie sie am besten mit den Herausforderungen bei der Eindämmung umgehen können. Die Erfolge sind dabei höchst unterschiedlich – genauso wie die Vorgehensweisen.

Besonders erfolgreich in der Pandemie-Bekämpfung waren in den vergangenen Monaten die südostasiatischen Staaten Vietnam und Südkorea sowie die Bundesrepublik Deutschland. Ein Forscherteam hat die Strategien der drei Staaten mittels Datenanalyse ausgewertet und dabei nach den Gründen für den Erfolg gefragt – sowie nach Lektionen, die andere Länder von den drei Musterschülern lernen können.

Hinter der Analyse steckt die Expertengruppe Exemplars in Global Health, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, besonders erfolgreiche Strategien in Sachen Gesundheitswesen zu identifizieren und so für politische Entscheidungsträger nutzbar zu machen.

Deutschland

Die Untersuchung des deutschen Ansatzes stammt zum Teil vom Chef des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler. In der Studie schreiben Wieler und seine Kollegen, Deutschland habe Erfolge in allen Bereichen des deutschen Pandemie-Plans erlebt. Dabei hätten das Gesundheitssystem und wissenschaftliche Einrichtungen großen Anteil am Erfolg gehabt.

  • Vorbeugung: Lokale Gesundheitsbehörden, das RKI und andere wissenschaftliche Einrichtungen hätten Daten und Analysen erstellt, die die deutsche Antwort auf das Coronavirus wissenschaftlich unterfütterten. Zudem hebt die Studie hervor, dass Deutschland bereits im Januar Ressourcen mobilisiert habe, um das epidemiologische Geschehen während der Pandemie zu verstehen.
  • Diagnose: Nicht nur sei einer der ersten Covid-19-Tests weltweit in Deutschland entwickelt worden (unter der Federführung von Charité-Virologe Christian Drosten), sondern die Bundesregierung habe schnell private und öffentliche Labore mobilisiert, um schnell Testkapazitäten zu erhöhen.
  • Eindämmung: Deutschland sei es, auch dank strikter Kontaktbeschränkungen und anderer Lockdown-Maßnahmen, gelungen, die Infektionszahlen bei Menschen jenseits der 70 einzugrenzen. In der Bundesrepublik liege der Anteil der über 70-Jährigen an der Gesamtzahl der Fälle bei 19 Prozent, in Spanien hingegen bei 36 und in Italien bei 39 Prozent.
  • Behandlung: Hier habe es Deutschland dank umsichtiger Planung und einer großen Anzahl an Krankenhausbetten erreicht, dass die Intensivstationen im Land nicht überlastet wurden. Die Studie bemängelt an dieser Stelle allerdings, dass für Krankenhausmitarbeiter nicht ausreichender Menge Schutzausrüstung zur Verfügung gestellt werden konnte.

Vietnam

Ein weiteres Musterbeispiel bei der Eindämmung der Corona-Pandemie ist Vietnam. Trotz seiner geografischen Nähe zu China, wo das Coronavirus im Dezember 2019 zum ersten Mal auftrat, zählt Vietnam nur etwas mehr als 350 Covid-19-Fälle.

  • Diesen Erfolg führt die Studie unter anderem auf Erfahrungen aus früheren Pandemien zurück, etwa der Sars-Pandemie 2002/03 und der darauf folgenden Ausbreitung der Vogelgrippe. Diese hätten in der Bevölkerung zu einer hohen Bereitschaft geführt, Eindämmungsmaßnahmen mitzutragen.
  • Auch habe die klare, beständige und kreative Informationspolitik der vietnamesischen Regierung einen entscheidenden Anteil am Erfolg bei der Eindämmung gehabt. Ausdrücklich erwähnt wird in der Analyse etwa die Zusammenarbeit der Regierung mit Popsängern, die eines ihrer Lieder zu einem Händewaschen-Song umschrieben.
  • Gezieltes Testen auf Infektionen habe zudem dazu geführt, dass Hunderttausende Menschen in Quarantäne-Einrichtungen der Regierung untergebracht werden konnten. So habe sich die Ausbreitung des Virus in Gemeinden und Haushalten drastisch reduziert.

Die Studie gibt allerdings zu bedenken, dass sich die Vietnamesische Strategie nicht ausnahmslos auf andere Staaten übertragen lässt. Die vietnamesische Ein-Parteien-Regierung hat eine Kommandokette, die von nationaler Ebene bis hinein in einzelne Dörfer reicht. Dieses System sei besonders geeignet, Ressourcen zu mobilisieren oder Gesundheitsvorgaben durchzusetzen.

Südkorea

Der dritte Musterschüler in Sachen Corona-Pandemie-Bekämpfung ist Südkorea. Dessen Antwort auf die Ausbreitung des Coronavirus steche laut der Studie heraus, weil die Infektionskurve schnell abgeflacht werden konnte, ohne das etwa Geschäfte geschlossen oder Ausgangssperren verhängt wurden. Südkorea habe früh Erfolge gezeigt in den Bereichen Diagnose, Eindämmung und Behandlung.

  • Diagnose: Südkorea habe hunderte "innovativer Test-Zentren gebaut und eng mit dem privaten Sektor zusammengearbeitet, um ausreichend Tests zur Verfügung zu stellen", heißt es in der Studie. Dort und in etwa 600 weiteren Test-Stationen konnten 15.000 bis 20.000 Tests am Tag durchgeführt werden.
  • Eindämmung: Hier hebt die Studie vor allem die strikte Kontaktverfolgung bei Infizierten hervor, sowie deren Isolation. Hunderte spezieller Epidemie-Nachrichtendienstler hätten auf eine große Zahl von elektronischen Datensätzen (etwa GPS-Daten von Smartphones, Kreditkarten-Daten und Aufzeichnungen von Überwachungskameras) zurückgreifen können und so Kontakte verfolgen und Infektionsketten unterbrechen können.
  • Behandlung: Die Kapazitäten zur Behandlung von Covid-19-Patienten habe Südkorea stark ausgebaut. Alleine im Raum Daegu, in dem sich besonders viele Menschen mit dem Coronavirus infiziert hatten, seien 2400 zusätzliche Mitarbeiter ins Gesundheitssystem eingestellt worden, analysieren die Forscher. Landesweit habe die Regierung zudem Behelfskliniken gebaut und Schutzausrüstung zentralisiert beschafft.

"Wir können viel von Südkoreas Erfahrungen mit Covid-19 lernen, müssen aber gleichzeitig eingestehen, dass diese Lektionen nicht für alle Länder relevant sind", schreiben die Forscher in der Studie. Das hänge unter anderem mit der besonderen geografischen Lage des Landes zusammen und habe kulturelle Gründe.

So seien Südkoreaner eher bereit, persönliche Daten zu teilen und der Erfolg des Landes in der Pandemie-Bekämpfung beruhe zu einem großen Teil auf seiner Fähigkeit, technische Lösungen schnell umzusetzen. Länder, die technologisch weniger entwickelt sind oder in denen es größere kulturelle Vorbehalte im Umgang mit persönlichen Daten gibt, "könnten sich in der Umsetzung solcher Strategien schwertun".

(pcl)