In vielen Restaurants und Geschäften in Deutschland führt kein Weg am Bargeld vorbei.Bild: IMAGO images/photothek.de
Alltagsfrage
Es ist eines der größten Mysterien unserer Zeit und reiht sich nahtlos ein in Fragen nach dem Ursprung des Lebens oder nach dunkler Materie: Warum kann man in Deutschland so oft nicht mit Karte zahlen?
Es ist doch wirklich ein Graus und Anlass für Hohn und Spott noch dazu. Während der Fußball-EM in Deutschland lachten viele der angereisten Fans über die Zahlungsbedingungen hierzulande: Schon bevor man ein Restaurant betritt, liest man auf dem Schild: Cash only – nur Barzahlung möglich.
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Und auch wer aus Deutschland kommt und im Ausland im entlegensten Dorfkiosk in den Genuss von Kartenzahlung kommt, wundert sich über die eigene Heimat. Woran liegt es also? Ist es Unvermögen, Unwille oder gar Kalkül? Watson hat sich der Sache mal angenommen.
Ein paar Zahlen zu unserem Zahlen
2023 haben die Menschen in Deutschland pro Kopf im Schnitt 304 Mal elektronisch bezahlt. Das geht aus dem jährlichen "Global Payment Report" der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) hervor.
Zum Vergleich: Bei Spitzenreiter Norwegen sind es durchschnittlich 815 Zahlungen pro Kopf und Jahr. Deutschland liegt bei dem Ranking im hinteren Drittel.
Der fehlende Karten-Service hat aber weniger mit einer sturen Bargeldliebe der Kund:innen in Deutschland zu tun als vielmehr mit Einschränkungen durch den Händler oder die Händlerin. Auch bei der Verbraucherzentrale Sachsen kennen sie beliebte Argumente gegen die elektronische Zahlung.
Kartenzahlung in Deutschland: Händler verweisen auf Gebühren
"Man hört immer wieder, dass die Gastwirte sagen, es ist zu aufwändig, wir haben schlechtes Internet, wir haben dadurch weniger Trinkgeldeinnahmen, es ist bürokratisch oder die Kosten generell", wird Verbraucherschützerin Claudia Neumerkel vom MDR zitiert.
Und tatsächlich fallen Gebühren an, wenn Kund:innen mit Karte zahlen. Bei Kreditkartenzahlungen sind es rund ein bis drei Prozent der Rechnungssumme an Gebühren, bei EC-Karten beziehungsweise Girocards häufig unter ein Prozent.
Ein Kartenlesegerät ist vor allem für kleinere Betriebe ein weiterer Kostenfaktor.Bild: imago images / MiS
Dazu kommen die Kosten für das Kartenlesegerät. Laut IHK Pfalz betragen die monatlichen Mietkosten zwischen sechs und 14 Euro plus Servicegebühr. Das Gerät braucht zudem eine Verbindung zum Internet und manche Betriebe erklären den Verzicht auf Zahlungsoptionen per Karte mit dem schlechten Empfang vor Ort.
Cash only: keine Kartenzahlung als Steuertrick?
Theoretisch könnten Unternehmen oder Betreiber:innen Kartenzahlungen auch aus einem anderen Grund vermeiden: um schwarz abkassieren zu können und Einnahmen am Finanzamt vorbeizuschleusen. Denn das Akzeptieren von Kartenzahlungen führt automatisch zu einem steuertauglichen Beleg, den manche gerne vermeiden wollen.
Die Deutsche Steuergewerkschaft (DSTG) forderte darum bereits ein verpflichtendes Angebot zur Kartenzahlung, gültig für alle Betriebe ab einem Jahresumsatz von 25.000 Euro. "Wir rechnen damit, dass es 16 Milliarden Euro an Steuern sind, die direkt in den bargeldintensiven Bereichen hinterzogen werden", wird der DSTG-Bundesvorsitzende Florian Köbler bei "tagesschau.de" zitiert.
Laut dem Zoll spielt es bei behördlichen Kontrollen jedoch keine Rolle, ob ein Betrieb Kartenzahlung anbietet oder nicht. Das erklärte eine Sprecherin auf Nachfrage des MDR. 2022 habe die Finanzkontrolle Schwarzarbeit bundesweit über 8.800 Betriebe kontrolliert, wobei die Auswahl nach sogenannten risikoorientierten Gesichtspunkten erfolgt sei. Dazu zählen unter anderem auch Hinweise und Mitteilungen.
Eine Kartenzahlungspflicht gibt es bislang nicht, doch zumindest der Trend geht in eine klare Richtung. Denn die Kund:innen in Deutschland zahlen immer seltener bar: 2008 lag die Bargeldquote beim Bezahlen in Deutschland noch bei 83 Prozent, 2023 waren es noch 51 Prozent. So steht es im Bundesbank-Bericht "Zahlungsverhalten in Deutschland 2023".
Es ist also Besserung in Sicht.
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