Laute Musik, eine überfüllte Tanzfläche und ausgelassene Stimmung – erst im Sommer konnten die Menschen wieder ein bisschen Clubluft schnuppern. Doch nur wenige Monate später stehen schon wieder ausnahmslose Schließungen im Gespräch. Denn Clubs und Diskotheken sind seit Beginn der Corona-Pandemie die ersten, die schließen mussten – und gleichzeitig auch die letzten, die wieder öffnen durften und auch das nur unter strengen Bedingungen.
Ein neuer Beschluss, der am Dienstag bei einer Ministerpräsidentenkonferenz zwischen den Länder-Chefs und Kanzler Olaf Scholz diskutiert und verabschiedet wurde, soll das nun bundesweit umsetzen: Clubs und Diskotheken werden flächendeckend geschlossen, Bars und Restaurants bleiben jedoch weiterhin geöffnet.
Angesichts der neuen Risikobewertung des RKI, die das Ansteckungsrisiko wegen der Omikron-Variante auch für Zweifach-Geimpfte als "hoch" einstuft, hat watson bei den Epidemiologen Prof. Dr. Markus Scholz und Prof. Timo Ulrichs nachgefragt, ob diese Regelung vor der Ausbreitung der Omikron-Variante schützen wird.
Erst am 24. November wurde die epidemische Lage von nationaler Tragweite beendet. Zudem wurde im selben Zuge eine Änderung am Infektionsschutzgesetz beschlossen, die den Bundesländern einen "Werkzeugkasten" an die Hand geben sollte, anhand dessen abhängig von der jeweiligen Situation individuelle Maßnahmen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens getroffen werden konnten. Das sollte ursprünglich bis zum 20. März 2022 gelten, wie es von den Ampel-Parteien SPD, FDP und Grüne im November hieß.
Auf dieser Basis entschieden sich bereits einige Bundesländer in den vergangenen Wochen für eine Schließung von Clubs und Diskotheken, die Gastronomie wurde weitestgehend – unter unterschiedlichen Auflagen – offengehalten.
Doch warum bleiben Bars und Restaurants im Gegensatz dazu geöffnet? Immerhin fordert das Robert-Koch-Institut in einem umfassenden Maßnahmenkatalog "Strategie-Ergänzung zur Bewältigung der beginnenden pandemischen Welle durch die SARS-CoV-2-Variante Omikron" am Dienstag ebenfalls eine Schließung von Bars und Restaurants.
Prof. Dr. Markus Scholz, Epidemiologe an der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig, sieht keinen großen Unterschied zwischen Bars und Restaurants sowie Clubs und Diskotheken. In Diskotheken und Clubs gebe es sicherlich engere Kontakte, "aber diese kosmetische Unterscheidung wird uns in Hinblick auf die bevorstehende Omikron-Welle nichts nützen", sagt Scholz mit Blick auf die sich ausbreitende Omikron-Variante gegenüber watson.
Auch Epidemiologe Prof. Timo Ulrichs von der Akkon Hochschule für Humanwissenschaften in Berlin sieht den Unterschied zwischen Bars und Clubs in den engeren Kontakten und der damit einhergehenden lauteren Kommunikation:
In Restaurants sei demnach "die Situation eher kalkulierbar", erklärt Ulrichs auf Anfrage von watson. Vorausgesetzt sei aber, dass die Gäste "im Abstand zueinander an zugewiesenen Tischen" sitzen und "nur zum Essen und Trinken die Masken" ablegen. Ob das jedoch immer so durchgeführt wird, ist fraglich.
Dass die Gastronomie weiterhin unter bestimmten Bedingungen geöffnet bleiben kann, dürfte Restaurant-Betreibende freuen. Denn trotz der Überbrückungshilfen des Bundes, die laut dem aktuellen Beschluss weiterhin angeboten werden sollen, haben laut eigenen Angaben des Gastronomieverbandes Dehoga "Restaurants und Hotels von März 2020 bis Oktober 2021 real 69,8 Milliarden Euro Umsatz verloren". Aktuell stünden demnach Gastronomen nach "hoffnungsvollen Monaten zwischen Juli und Oktober" erneut vor Umsatzverlusten. "Die fehlende Planungssicherheit ist für uns alle wohl die größte Herausforderung."
Clubs und Diskotheken dürften vor ähnlichen Problemen stehen, diese müssen immerhin laut der Beschlussvorlage bundesweit ab dem 28. Dezember schließen. Das Clubkombinat Hamburg erkennt laut eigenen Angaben "den epidemiologischen Bedarf", auf die Fallzahlen zu reagieren. Die Verantwortlichen erklären am Dienstag in einem Statement:
Sie fordern "gleiche Maßstäbe für alle" und dass "die Kultur- und Veranstaltungsbranche nicht wieder als Erstes für eine Symbolpolitik herhalten muss."
Doch auch der neue Beschluss wird keine "Planungssicherheit" gewährleisten können, denn das Infektionsgeschehen entwickelt sich rasant und muss immer wieder neu bewertet werden. Deshalb wollen sich die Ministerpräsidenten mit Olaf Scholz im Januar erneut zu einer Bund-Länder-Runde treffen. Epidemiologe Scholz prognostiziert für Januar bereits jetzt gravierende Einschränkungen: