Verschwörungstheorien: Solange sie nicht zur Weltanschauung werden, können sie fast Spaß machen – das hat wohl eine ganze Generation von Millennials gelernt, als um die Jahrtausendwende Filme und Songs rund um die Nummer "23" in der Popkultur auftauchten.
Hä? Was ist besonders an der 23? Tja, Anhänger der Theorie um die enigmatische Zahl würden wohl sagen: alles! Und deshalb wird das heutige Datum, der 23.5.23 (fünf ist die Quersumme von 23) von Fans, Nerds und Verschwörungstheoretikern mit Spannung erwartet.
Falls du noch nie vom Enigma 23, den Illuminaten oder Eikositriophobie gehört hast, liefern wir hier eine kurze Erklärung zum Mitreden.
Die Aufregung um die Zahl 23 geht bis zurück in die 70er-Jahre. Damals verfassten die US-Autoren Robert Shea und Robert Anton Wilson eine Trilogie mit dem Namen "Illuminatus!", die mal als Science-Fiction, mal als Verschwörungs-Belletristik bezeichnet wurde, in jedem Fall aber Kult-Status erreichte.
Die Handlung ist verwirrend und an vielen Stellen dekonstruiert, im Kern geht es aber um den Kampf mit den Illuminaten, einem mächtigen, elitären Geheimbund, der seit Anbeginn der Zeit die Fäden der Gesellschaft in der Hand hält und sich zahlreicher, versteckter Symbole bedient.
Unter anderem spielt dabei die Zahl 23, sowie ihre Quersumme Fünf, eine große Rolle. Diese Ziffern würden – so die These – mit einer auffälligen Gesetzmäßigkeit historische Momente begleiten und dahinter stecken natürlich: die Illuminaten!
Als "Beweis" für diese Theorie nennen Anhänger dieser skurrilen Numerologie zum Beispiel:
Das Problem dabei ist nur: Hier wird sich zurecht gedreht, was passen soll. Aber dazu später mehr.
Die Idee, dass unsere Welt von einem Geheimbund gelenkt wird und die Zahl 23 über allem schwebt, ist zumindest interessant genug, als dass sie in der Popkultur zahlreich übernommen wurde. So griffen zum Beispiel Bands wie die Gorillaz und die K Foundation das Thema auf.
1998 lief zudem in deutschen Kinos der Film "23", in dem August Diehl den Hacker Karl Koch mimt, der sich so in der Illuminaten-Geschichte verlor, dass er zuletzt – auch befeuert durch Drogen – paranoid wurde. Der Film beruht auf einer wahren Geschichte. Karl Koch starb übrigens mit 23 Jahren.
Eine Hollywood-Produktion mit dem Namen "Nummer 23" widmete sich ebenfalls der fieberhaften Besessenheit mit dieser Zahl. Die Hauptrolle spielte 2007 Jim Carrey. Auch dieser Film zog eine große Fangemeinde nach sich, die sich begeistert auf das Nummernspiel einließ.
Das Phänomen zog Kreise, sodass sogar ein eigener Begriff für die "Angst vor der Zahl 23" erfunden wurde, die sogenannte Eikositriophobie. So wie einige Menschen niemals mit einem Flugzeug der Nummer 13 fliegen würden, meiden andere die Zahl 23. Der Begriff ist aus dem Griechischen zusammengesetzt: Eikosi heißt Zwanzig und Tria Drei.
Was wird also am 23.5.23 passieren? Nach der Logik der Anhänger:innen etwas Welterschütterndes. Allerdings sehen selbst Fans das ganze Nummernspiel inzwischen mit einem Augenzwinkern und halten die Theorie eher für Vergnügen als Verschwörung.
Zunehmend steht in der Community und unter Kritikern die Vermutung im Raum, dass die "Illuminatus!"-Autoren jahrelang missverstanden wurden und mit ihrer Numerologie nur ironisch auf die Manipulation des Geistes aufmerksam machen wollten. Schließlich zeigt der Hype um die 23 auch, wie schnell wir Menschen unser Bewusstsein für das schärfen, was wir als vermeintliches Muster erkennen. Stichwort: Selektive Wahrnehmung.
Und so fällt auch die Theorie um scheinbar "passende Daten" in sich zusammen, sobald man genauer hinschaut. Denn streng genommen fand die Kollision der Titanic mit dem Eisberg bereits am 14. April statt (ergäbe 22) und summiert man alle Daten von Hitlers Todestag (30. April 1945) kommt man auf 26. Dasselbe gilt für den 11. September 2001 (Quersumme 14).
Die enigmatische 23 ergibt sich also nur, wenn man je nach Belieben Monate oder Tage aus der Rechnung streicht. Frei nach dem Prinzip: Wer suchet, der findet!
Ein bisschen in Oldschool-Verschwörungen abzutauchen und zur Feier des Tages einen "23"-Filmabend (mit fünf Freund:innen?) einzuläuten – das ist die Art von Spaß, die uns neben Zauberwürfeln und "Das magische Auge"-Büchern auch die Zahl 23 liefern kann. Was sie aber nicht ist: Eine simple Erklärung für alle Weltereignisse, die uns fassungslos machen. Wäre ja auch zu schön gewesen.