Neobroker, Fintechs, ETFs und Krypto boomen, vor allem bei jungen Menschen. Durch die Online-Angebote war es nie einfacher, Geld zu investieren oder Handel mit Wertpapieren zu betreiben. Kein komplizierter Gang mehr zu eigenen Bank, um Geld anzulegen. Alles geht bequem per App.
Einer der aufstrebenden Neobroker auf dem Markt ist Trade Republic. Das Fintech wurde 2015 durch Christian Hecker mitgegründet. Es ist heute eins der wertvollsten und wenigen Unicorns Deutschlands, ist also mehr als eine Milliarde Euro wert.
Das Berliner Start-up zieht laut eigenen Angaben vier Millionen Menschen in 17 Märkten über ihre App an, davon allein 2,5 Millionen in Deutschland, die zumeist Geld via Wertpapierdepot anlegen wollen. Seit diesem Jahr schreibt das Fintech erstmals schwarze Zahlen.
Trade Republic lockt mit extrem günstigen Konditionen: Wertpapiere kaufen ab einem Euro und derzeit vier Prozent Zinsen auf nicht investiertes Guthaben.
Doch gleichzeitig beklagen zahlreiche Kund:innen den schlechten Kundensupport und Probleme in der App, bewerten das Fintech schlecht. Wie passt das zusammen?
Trade Republic wirbt mit kostenlosen ETF-Sparplänen, für die man bei anderen Online-Brokern häufig Geld bezahlen muss. Trotzdem hat es das Unternehmen um Christian Hecker geschafft, innerhalb kürzester Zeit zu einem der wertvollsten Start-ups Deutschlands zu werden.
"Eine unserer größten Stärken ist, dass wir unsere digitale Infrastruktur selbst entwickelt haben", sagt Hecker im Interview mit watson. Dadurch würden zahlreiche Prozesse automatisiert ablaufen, was zur Folge habe, dass diese Einsparungen an die Kunden weitergegeben werden könnten.
Großteils finanziert sich der Neobroker laut Hecker über Rückvergütungen von Handelspartnern, so wie viele andere Broker auch. Laut Unternehmensangaben erhält Trade Republic für eine Wertpapiertransaktion im Schnitt 1,30 Euro von Handelspartnern. Auch die sogenannte Fremdkostenpauschale in Höhe von einem Euro, die Kund:innen zahlen müssen, ist eine Einnahmequelle.
Wertpapier-Kauf – eine sinnvolle Art, Geld anzulegen, meint Andreas Hackethal im Gespräch mit watson. Er ist Professor für Finanzen an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main. "Am besten achtet man auf weltweite Streuung und geringe Kosten. Das ist auch der Vorteil von Online-Brokern." Gerade neuere Anbieter wie Trade Republic würden es den Anlegern via App besonders einfach und günstig machen.
Trotz des Hypes um Online-Broker gibt es aber auch Kritik am Unternehmen.
"Trade Republic ist momentan Opfer des eigenen Erfolgs geworden", sagt Hackethal. Denn das Unternehmen wird etwa auf dem Bewertungsportal "Finanztip" massiv kritisiert – zumeist für den Kundenservice, der nicht erreichbar sei oder für Probleme mit der App und der Auszahlung. Hackethal vermutet, der Neobroker sei so schnell gewachsen, dass er nun dem Ansturm nicht mehr gerecht werde.
Derzeit wirbt Trade Republic auch mit seiner neuen Kreditkarte. Sie wurde von vielen lang ersehnt. Nun steht man allerdings teils monatelang auf einer Warteliste. Der Frust wächst. Doch das war einkalkuliert, wie Hecker erklärt: "Wer unsere Strategie schon ein wenig länger verfolgt, weiß, dass wir bei jedem größeren Launch so vorgehen."
Grund dafür sei die Sicherheit der Systeme. Deshalb habe sich Trade Republic dazu entschieden, nur nach und nach mehr Kunden zuzulassen.
Allerdings wurde auch die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg auf die Werbung des Neobrokers aufmerksam und mahnte Trade Republic im Januar ab. Der Grund: Die Werbung sei wettbewerbswidrig, weil sie irreführend ist. So verspricht der Neobroker etwa ein "Saveback", also ein sogenanntes Cashback – nur, dass der Betrag (ein Prozent des per Kartenzahlung ausgegebenen Betrags) nicht rückerstattet, sondern als Prämie einem Sparplan gutgeschrieben wird.
Laut der Verbraucherzentrale sei der Saveback-Benefit auf 15 Euro monatlich begrenzt und die Bedingungen, die für einen solchen Vorteil erfüllt werden müssen, zu weitreichend. Hecker sagt dazu:
Vor allem bei jungen Menschen ist ein regelrechter Hype um Online-Broker und das Investieren in ETFs entstanden. "Viele Menschen haben erkannt, dass ETFs eine einfache und kostengünstige Möglichkeit sind, das eigene Geld anzulegen", sagt Hecker. Denn ETFs zeichneten sich genau dadurch aus: Viele Unternehmen sind in einem Anlageprodukt gebündelt, während sie sehr niedrige laufende Kosten verursachen, erklärt der Unternehmens-Chef.
Gerade die einfache, fast spielerische Bedienung der Neobroker-Apps zieht junge Geldanleger:innen in ihren Bann. Ein gewisses Suchtpotenzial? Nicht ganz ausgeschlossen, meint Finanzexperte Hackethal.
Denn wenn einem das Traden zu leicht gemacht werde, steige auch die Gefahr, es zu übertreiben, zu risikoreich anzulegen. Vor allem das Traden per Smartphone treibe Anleger:innen in ein impulsiveres Verhalten als beim klassischen Traden am PC.
Dem Suchtpotenzial sei sich auch Trade Republic bewusst, sagt Hecker: "Auf Gamification-Elemente haben wir von Anfang an bewusst verzichtet."
Hackethal macht jedoch auf ein weiteres Problem aufmerksam. Denn laut dem Experten sind Social-Media-Apps in Sachen Suchtcharakter viel schlimmer als Neobroker.
Eine Rolle für den Hype ums Investieren spielen auch sogenannte Finfluencer. Oftmals junge Männer, die sich als Finanz-Gurus ausgeben und Jugendliche auf Social Media ansprechen wollen. Sie versprechen ihnen nicht selten das große Geld, inszenieren sich selbst mit teuren Statussymbolen.
Neben vielen Kanälen mit "gutem Content für die finanzielle Bildung in Deutschland" gebe es auch einige Negativbeispiele, meint Hecker. "Bei mir gehen in solchen Fällen sofort alle Alarmglocken an." Denn wer mit dauerhaften Traumrenditen werbe, "muss entweder die Zukunft kennen oder ein absolutes Genie sein".
Das unterstreicht auch Finanzexperte Hackethal. Er warnt dringend vor jeglichen Social-Media-Accounts, die schnellen Reichtum versprechen. Denn die hätten zwar unterschiedliche Maschen – aber immer auf Kosten derer, die darauf hineinfallen.
Trotzdem sollten vor allem junge Menschen früh anfangen, Geld beiseite zu legen, um eine drohende Altersarmut zu vermeiden, betont Hecker. "Für uns, also die jüngeren Generationen, führt kein Weg am Kapitalmarkt vorbei."
Dabei müsse aber jeder seine eigenen Vorlieben und Sicherheitsbedürfnisse kennen. Ein paar gute Faustregeln seien laut Hecker: