Sie erscheinen im Jahresrhythmus unter Garantie und sind eine Pest des Clickbaitjournalismus – die Artikel mit der Überschrift: "Wie Sie clever den Urlaub verdoppeln – so fallen die Brückentage im nächsten Jahr".
Was. Ein. Bullshit.
Zuallererst: Verdoppelt wird gar nichts. Wer in der Woche vor und nach Ostern Urlaub nimmt, hat, wenn man die Wochenenden einrechnet, 16 Tage frei. Mit acht Urlaubstagen. Zwei Tage Urlaub gespart. Kann man sagen. Oder entgegnen: Chance verschenkt, vier Tage am Stück von Karfreitag bis Ostermontag einfach mal zwischendurch entspannen zu können, ohne einen einzigen Tag Urlaub nehmen zu müssen. Ansichtssache.
Was mich allerdings noch wütender macht, ist das Wort "clever". Denn clever ist an dieser Denkweise nichts. Sie ist egoistisch. Vorausgesetzt, man arbeitet nicht als Einzelkämpfer ohne Kontakt zu Mitmenschen oder auf einem Amt, in dem es niemanden juckt, wenn einen Tag einfach niemand zur Arbeit erscheint.
Alle anderen Menschen haben Kolleg:innen. Die es ganz bestimmt nicht dufte finden, wenn Michael oder Stefanie mal wieder versuchen, sich alle Brückentage zu krallen. Und ignorieren, dass dadurch eine andere Person, die sich nicht wehrt, leer ausgeht.
Ich habe seit Jahren in meinen Teams eine goldene Regel: Brückentage werden fair aufgeteilt. Ebenso wie Dienste an den Feiertagen, die sich in einer Nachrichtenredaktion nicht vermeiden lassen. Das gilt auch für Eltern, bei denen man natürlich versucht, besonders rücksichtsvoll zu sein, schließlich wollen sie ferienbedingt meist an Ostern und Weihnachten (und in Süddeutschland wegen der späten Sommerferien auch an Pfingsten) frei. Doch es gibt ja noch andere Feier- und Brückentage, an denen man Kolleg:innen ohne Kinder etwas zurückgeben kann.
Auch Menschen ohne Nachwuchs haben ein Recht darauf, mal ein langes Wochenende zu haben.
Es wäre auch alles nicht so kompliziert, würde es nicht die Spezialist:innen geben, die glauben, niemand würde bemerken, wie sie die Kolleg:innen über den Tisch ziehen. Das macht mich rasend. Ebenso wie jene Menschen, die rein zufällig immer am Wochenende vor Brückentagen arbeiten. Um sich dann den Ausgleich so zu legen, dass ganz zufällig ein Kurzurlaub entsteht. Wird schon niemandem auffallen.
Doch, es fällt mir auf.
Versteht mich bitte nicht falsch: Die allermeisten Kolleg:innen, die ich habe und hatte, nehmen Rücksicht auf ihre Mitmenschen. Und ich gönne wirklich jedem eine feiertagsbedingte Verlängerung eines Kurzurlaubs. Nehme ich auch mal dankend mit. Aber es gibt in jedem Team immer ein, zwei, drei besonders clevere Expert:innen, die einen als Chef zur Weißglut treiben.
Ich weiß nicht einmal, warum mich das Thema so wütend macht. Vermutlich sind es die Dreistigkeit, der Egoismus und der damit verbundene fehlende Gerechtigkeitssinn bei diesen Kolleg:innen.
Besonders amüsant wird es, wenn sie dann auch noch auf die Idee kommen, beleidigt zu sein, weil ich einen Urlaubsantrag mit dem Hinweis ablehne, dass unser Laden nicht funktioniert, wenn am Brückentag nur ein Viertel der Angestellten arbeitet. War auch nicht meine Idee, dass Feiertage andauernd donnerstags sind und der Staat den Freitag als Werktag definiert. Sorry!
Ich gehe sogar einen Schritt weiter: Wenn ich könnte, würde ich Feiertage einfach abschaffen. Nicht alle. In einem christlich geprägten Land sind freie Tage an Weihnachten und vielleicht auch Ostern eine feine Sache, auch wenn's hochgradig unfair ist, dass Menschen anderen Glaubens an Chanukka oder im Ramadan nicht einfach zu Hause bleiben dürfen.
Aber: Müssen wir wirklich am 6. Januar im Süden Deutschlands freihaben, weil vor 2000 Jahren drei gar nicht mal so heilige Könige Weihrauch durch die Gegend getragen haben sollen? Weiß irgendein Durchschnittsmensch ernsthaft, was eigentlich Pfingsten ist? Und warum genau ist man in Bayern nicht imstande, an Mariä Himmelfahrt zu arbeiten?
Und jetzt kommt's: Ich will euch eure freien Tage nicht wegnehmen. Wenn ich was zu sagen hätte, würde ich fünf Feiertage streichen und den gesetzlichen Mindesturlaub um eine Woche erhöhen. Dann könnte jeder eine Woche seine Freizeit genießen, wann er oder sie es wirklich möchte.
Und unsägliche Diskussionen mit dem Chef, ob man nun am Brückentag Urlaub haben darf oder nicht, müsste auch niemand mehr führen.