Als sich das Internet Ende der 1990er-Jahre erstmals im weltweiten Bewusstsein breitmachte, waren die Hoffnungen gewaltig. Eine weltumspannende Plattform, auf der Menschen Ideen austauschen und so zu Frieden und Wohlstand beitragen konnten. Nichts weniger war die Vision.
Im Jahr 2024 sieht die Realität anders aus. Algorithmen, Tech-Milliardäre und Schmierkampagnen in globalen Dimensionen dominieren den Diskurs. Unehrliche Tricks und Lügen haben sich vor allem auf dem "global townsquare", namentlich X, breitgemacht.
Die Atmosphäre der Spaltung versuchte nun ein selbsternannter Künstler und Podcaster auf der Plattform auszuschlachten. Die Internet-Community regierte in altbewährter Manier: mit Häme und Gelächter.
Acht Worte und eine Zahl brauchte Julian Adrat, um sich zum Gespött auf X zu machen. "Milch, Sahne, bisschen was für aufs Brot - 32 Euro", betitelte der Saarländer seinen Foto-Upload. Auf dem Bild bekommen Nutzer:innen gerade mal sechs Produkte auf dem Warentransportband zu sehen. Extra eng gruppiert, sieht der Einkauf auf den ersten Blick mickrig aus.
Doch das Internet wäre nicht das Internet, wenn es nicht genau hinschauen würde. Sofort identifizierten aufmerksame Beobachter:innen nämlich allerhand erstklassiger Bio-Produkte. Und schlüsselten die Rechnung im Faktencheck fein säuberlich auf. Mit dabei: Ein Glas Bio Schokokreme für 13 Euro und eine Fenchel-Salami zum Stückpreis von neun Euro.
Innerhalb von zwei Tagen schoss der X-Beitrag, befeuert durch einen auf Kontroversen gepolten Algorithmus, nach Angaben der Plattform auf 1,6 Millionen Views. Soviel Reichweite erzielte der Beitrag wahrscheinlich auch deshalb, weil er das dicke Preisschild als Steilvorlage für ein Bashing der Ampel-Koalition nutzte: "Wir werden von Verbrechern reagiert."
Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Ein User kommentierte schlicht: "Ist halt tatsächlich gelogen" und erhielt Tausende Likes dafür. Adrats kurze Antwort mit dem Wort "Ruhe" ging mit 35 Likes unter.
Auch kreative Retourkutschen waren auf X schnell zu finden. Ein User bastelte das Foto um, fügte einen Goldbarren und Kaviar hinzu und setzte das Preisschild auf 82.000 Euro hoch. Den Zusatz "Wir werden von Verbrechern regiert" ließ er stehen.
Adrat betätigt sich als eifriger Kommentator der deutschen Politik und Gesellschaft. Dabei geraten primär Themen wie Transsexualität und Einwanderung in sein Visier. Regelmäßig postet oder repostet er Beiträge mit zweifelhaftem, teils verletzendem bis hetzerischem Inhalt.
So spielen in seinen Interaktionen Elon Musk, der rechtsextreme Aktivist Martin Sellner und der AfD-Europaabgeordnete Maximilian Krah eine wichtige Rolle. Zuletzt solidarisierte er sich mit Fußballspieler Kevin Behrens, nachdem dieser sich geweigert hatte, ein Trikot mit dem VW-Logo in Regenbogenfarben zu unterschreiben.
Für Julian Adrat ist es nicht das erste Mal, dass er auf öffentlicher Bühne auf Gegenwind stößt. Wie die "Saarbrücker Zeitung" berichtete, wurde Adrat im April diesen Jahres wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe verurteilt. Der Podcaster hatte unter dem Episodentitel "Transgenderismus Ausrotten?! Wie?" gegen Homosexuelle gehetzt.