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"No Mercy" auf Steam: Spiel bedient Vergewaltigungsfantasien im Netz

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Gewaltverherrlichung, schockierende Szenen und Inzest: All das war auch für minderjährige Gamer:innen zugänglich.Bild: Getty Images / supersizer
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Vergewaltigungs-Spiel "No Mercy": Wie konnte so etwas jemals online sein?

Auf der Gamer-Plattform Steam sorgte ein Inzest-Vergewaltigungsspiel für Aufregung. Das Spiel ist mittlerweile nicht mehr verfügbar – vergessen ist es aber nicht.
14.04.2025, 08:5814.04.2025, 08:58
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Triggerwarnung: Im folgenden Text werden sexualisierte Gewalthandlungen geschildert, die belastend und retraumatisierend sein können.

"No Mercy", zu Deutsch: "Keine Gnade", ist ein Spiel auf der Plattform des Gaming-Anbieters Steam. Die Plattform verzeichnete laut Herstellerangaben im Jahr 2019 über eine Milliarde aktive Benutzerkonten und ist somit eine der beliebtesten Websites für Gamer:innen.

Schwere sexuelle Gewalt gegen Frauen

Am 22. März 2025 ging das Spiel "No Mercy" auf Steam online. Hierbei galten Regeln wie: "Akzeptiere kein Nein". Gamer schlüpfen in die Rolle eines jungen Mannes, der seine Mutter beim Fremdgehen erwischt und dadurch "das wahre Gesicht der Frauen" erkennt.

Er schwört Rache und verübt im Spiel schwere Straftaten in Form von sexueller Gewalt. Denn egal ob Mutter, Tochter oder Tante – Ziel ist es, möglichst viele Vergewaltigungen zu verüben und dabei ist es auch egal, ob es sich dabei um Inzest handelt oder nicht.

Selbst das Cover strotzt vor Gewaltverherrlichung.
Selbst das Cover strotzt vor Gewaltverherrlichung.Bild: screenshot / reddit/ no mercy

Trotz Altersfreigabe: Auch Teenager konnten "No Mercy" spielen

Offiziell wurde das Spiel erst ab 18 Jahren freigegeben, jedoch war es auch für minderjährige User:innen auffindbar, sobald die Altersbeschränkung am Laptop ausgeschaltet wurde. Das haben unsere watson-Kolleg:innen in der Schweiz berichtetet. Die Plattform Steam ist für alle ab dem 13. Lebensjahr zugänglich. Dort war das Game für zwölf US-Dollar erhältlich.

Nach einer Rezension eines Steam-Nutzers auf der Plattform "Collective Share", in der dieser vor den Gefahren des Spiels warnte und klarmachte, dass es gefährliche männliche Stereotypen suggeriere, kamen die Entwickler des Spieles in den Fokus. In der Kritik wurde Steam dazu aufgefordert, das Spiel von der Plattform zu löschen.

Inzwischen ist das Spiel nicht mehr zum Download verfügbar. Aufgrund der weltweiten Empörung wurde das Game in mehreren Ländern, darunter Kanada, Großbritannien und Australien, gesperrt. Eine Online-Petition forderte die vollständige Entfernung von "No Mercy" auf sämtlichen Download-Portalen und erhielt knapp 40.000 Unterstützer:innen.

Entwickler verteidigen Spiel

Unter der Spielbeschreibung, die weiterhin online zugänglich ist, nimmt der Entwickler Zerat Games Stellung zur Kontroverse – und verteidigt sich und das Spiel. Es handle sich um reine Fiktion zur Befriedigung bestimmter Fetische, betont das Studio. Die Kritik sei überzogen und basiere teils auf Falschinformationen. Vergewaltigung und Inzest seien laut den Machern nichts weiter als harmlose "Fetische".

Shitstorm auf Tiktok: Dieses Spiel geht zu weit

Auf Social Media sorgte die Diskussion um das Vergewaltigungs-Spiel für viel Zündstoff. User:innen kritisieren die Entwicklung und den Hintergedanken zum Game, aber auch die Veröffentlichung auf Steam.

Vor allem weibliche Tiktok-Nutzer sind sichtlich verstört von den Infos rund um das Spiel. "Ich finde sowas einfach mega beunruhigend... Einfach der Prozess: Jemand hatte die Idee, ein solches Spiel zu erfinden, mehrere Personen haben das Spiel designt und programmiert und keiner sagt Stopp?", kritisiert eine Userin in den Kommentaren. "Wisst ihr, wer dieses Spiel nicht spielen würde? Der Bär!", kommentiert eine andere Userin, die auf die Mann-Bär-Debatte anspielt.

In einem Punkt haben die User:innen definitiv recht: Hinter dem Prozess der Entwicklung bis hin zur Veröffentlichung auf der Plattform Steam stehen eine Menge Menschen, die das Spiel möglich gemacht haben. Dass das passieren konnte, ist nicht nur verstörend, sondern gibt einen guten Einblick in das Frauenbild, dass manche Menschen auch noch in der heutigen Zeit vertreten.

Umso verstörender ist, dass es sich nicht um den ersten Fall handelt. 2019 erschien mit "Rape Day" ein Spiel mit ähnlichem Ansatz auf Steam. Damals sorgte es ebenfalls für Aufregung, flog anschließend von der Plattform. Der aktuelle Fall zeigt, dass es auf der Spieleplattform offenbar nach wie vor keine ausreichenden Kontrollinstanzen gibt. Die wären aber bitter nötig.

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