In Großstädten schießen gefühlt an jeder Straßenecke Testzentren aus dem Boden. Für die Bevölkerung scheint das eine unkomplizierte Sache zu sein, die dabei hilft, den ersehnten Restaurantbesuch oder das Treffen mit den Eltern mit einem negativen Corona-Schnelltest sicherer zu machen. Für die Betreiber ist es ein lukratives Geschäft – aufgrund schlechter Kontrollen aber offenbar auch eine Einladung an Betrüger, sich illegal zu bereichern.
18 Euro erhalten die Zentren bislang pro durchgeführtem Corona-Schnelltest vom Bund. Nur: Ob die abgerechneten Tests tatsächlich stattgefunden haben, wurde in der Vergangenheit offenbar nicht überprüft. Der Rechercheverbund von NDR, WDR und "Süddeutscher Zeitung" machte das Problem bekannt. Einzelne Testzentren wurden bereits geschlossen, weil sie unter Verdacht gerieten, im großen Stil betrogen zu haben. In fünf Bundesländern wird derzeit polizeilich gegen Betreiber von Corona-Testzentren ermittelt, wie t-online berichtet.
Angesichts dieser Betrugsverdachtsfälle planen die Gesundheitsminister von Bund und Länder nun, in einer Taskforce über schärfere Vorgaben zu beraten. Im Raum stehen mehrere Vorschläge: die Materialkosten der Testkits mit den Abrechnungen bei der Kassenärztlichen Vereinigung abzugleichen, zum Beispiel. Oder einen Abgleich mit den Umsätzen beim Finanzamt vorzunehmen. Verlangt werden solle künftig auch eine schriftliche Bestätigung der zuständigen Gesundheitsämter über die ordnungsgemäße Arbeit von Testzentren. "Nur eine Online-Registrierung reicht nicht", sagte ein Sprecher von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU).
Dem Missbrauch von Steuergeldern könnte so vielleicht entgegengewirkt werden, doch für den Schutz der Patienten sei das Ergebnis der Gesundheitsministerkonferenz am Montag "enttäuschend", sagt der Vorsitzende der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, gegenüber watson. "Weder ein Finanzamt noch die Kassenärztlichen Vereinigungen können in späteren Abrechnungen überprüfen, ob die Qualität eines medizinischen Schnelltests stimmt. Doch die Güte der Testung ist viel entscheidender als die Frage, ob Betrug im Spiel ist." Finanzielle Prüfungen verhinderten weder unprofessionelle Organisation noch falsche Testergebnisse.
Für den Laien ist jedoch schwer durchschaubar, welches Testzentrum seriös arbeitet. Private Dienstleister, die bisher mit dem medizinischem Bereich nichts zu tun hatten, können ohne größere Umstände ebenso Antigentests anbieten wie Apotheken und Hilfsorganisationen. Manche nutzen dafür Container auf Parkplätzen, andere mieten sich in leere Ladenflächen ein. Watson fragte nach, worauf Menschen, die sich testen lassen wollen, achten sollten.
Zuallererst sollten die Räumlichkeiten ausreichend Abstand zwischen den Testpersonen hergeben – sie sollten entsprechend groß und sauber sein. Zudem müssen die Mitarbeiter Schutzkleidung tragen, natürlich auch eine Maske, und vor allem müssen sie professionell und hygienisch vorgehen. "Ein Alarmsignal für Getestete ist es, wenn die Personendaten nicht überprüft und die Handschuhe nicht vor jedem Test desinfiziert werden", erklärt Brysch konkret.
Und so unangenehm es auch ist: Der Mund-Rachen-Abstrich muss sehr tief durchgeführt werden, um korrekte Ergebnisse zu liefern. Es läuft etwas falsch, wenn "das Teststäbchen bei der Entnahme unbemerkt bleibt", so Brysch weiter.
Abschließend befindet sich auf dem Testzeugnis normalerweise auch ein BFARM-ID. Diese ID ist eine Kennziffer, die aufzeigt, dass der durchgeführte Test durch das "Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte" verifiziert wurde.
Aus Sicht von Eugen Brysch sind falsche Ergebnisse durch nachlässig arbeitende Testzentren keine Lappalie, da sie für breite Gesellschaftsgruppen gefährlich sein können: "Es darf nicht sein, dass schlecht getestete Besucher das Virus in Pflegeheime und Krankenhäuser tragen", sagt er. Er hält "anlassunabhängige Qualitätsprüfungen vor Ort für unablässig." Diese sollten in Zukunft durch die Gesundheitsämter oder die Kassenärztlichen Vereinigungen durchgeführt werden.
Watson hat zudem bei den Städten Köln und München nachgefragt, was sie Bürgerinnen und Bürgern raten. Köln erklärt gegenüber watson:
Und das Gesundheitsreferat der Stadt München teilt mit:
Übrigens: Wer sich lieber zuhause auf das Virus prüfen will, hat die Möglichkeit, in Drogerien, Supermärkten oder auch Apotheken einen sogenannten Laientest zu kaufen. Auch diese Schnelltests unterliegen bestimmten Kennzeichnungen, anhand derer man ihre Seriosität erkennt.
Die Bundesregierung erklärt dazu, dass Bürger sich die Verpackung genau anschauen sollen. Darauf müsse gut leserlich vermerkt sein, dass der vorliegende Test über die "Sonderzulassung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte" verfüge – alternativ müsse mindestens eine "CE-Kennzeichnung zusammen mit einer vierstelligen Kennnummer" aufgedruckt sein. Mit der CE-Kennzeichnung erklärt der Hersteller, dass sein Produkt den geltenden Anforderungen genügt. Die vierstellige Zahl zeigt an, welche Prüfstelle das Produkt zertifiziert hat.
(mit Material der dpa)