Am 15. März war es für Studierende in Deutschland endlich so weit: die Freischaltung des Portals, um die 200-Euro-Energiepauschale zu beantragen. Wer das am gestrigen Mittwoch zum Stichtag jedoch versuchte, der landete zunächst im digitalen Warteraum:
Was sind schon 33 Minuten Geduld gegen ganze Monate, die die Studierenden nun schon auf die Auszahlung der versprochenen finanziellen Unterstützung warten?
Die Geduld der Studierenden sei reichlich strapaziert worden, hieß es am Mittwoch vom Deutschen Studierendenwerk. Das Antragsportal müsse nun auch fürs Massengeschäft funktionieren, sagte der Vorstandsvorsitzende Matthias Anbuhl der Deutschen Presse-Agentur. "Der Winter ist bald vorbei, und es ist höchste Zeit, dass diese Hilfe jetzt bei den Studierenden ankommt."
Entsprechend zynisch waren auch die Reaktionen der Nutzer:innen im Kurznachrichtendienst Twitter:
Nichtsdestotrotz zog der parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung, Jens Brandenburg (FDP), heute eine positive Bilanz der Abläufe. So sagte er auf Twitter: "416.000 Anträge zur Einmalzahlung200 sind bereits gestellt. Die allermeisten davon werden unmittelbar bewilligt und kurz darauf überwiesen. Momentan kommen pro Minute 420 neue Anträge rein."
Auch auf der Webseite ist nun ein Bewilligungs-Countdown eingerichtet, der zeigt, wie viele Anträge eingegangen, bearbeitet und wie viele Beträge bereits überwiesen sind.
Doch mal abgesehen von den technischen Hürden der Antragsstellung: Wie gut fühlen sich Studierende zur Beantragung der Einmalzahlung informiert und von der Regierung unterstützt? Sind die bürokratischen Hürden für den Antrag zu hoch? Watson hat, mithilfe des Meinungsforschungsunternehmens Civey, vom 1. bis 15. März 2023, 500 Studierende über 18 Jahren zur Antragsstellung der Energiepauschale befragt.
Nur zehn Prozent der befragten Student:innen fühlten sich über die Beantragung der Energiepauschale sehr gut durch die Angebote der Bundesregierung informiert. 17 Prozent antworteten mit "eher gut". Die Mehrheit aber, also satte 34 Prozent, fühlte sich dagegen sehr schlecht, 25 Prozent eher schlecht beraten. Knapp 14 Prozent der Befragten waren in dieser Frage unentschieden.
Auch auf das komplizierte Prozedere der Auszahlung hin gefragt, gab die Mehrheit der Befragten der Bundesregierung schlechte Noten: 41 Prozent stimmten der Aussage "Die komplexe Antragstellung für die Auszahlung der Energiepauschale für Studierende schreckt mich ab" eindeutig zu, 21 Prozent stimmten "eher zu".
Diese Tendenz spiegelte sich auch in den Kommentaren der Antragsteller auf Twitter wider: Die Einmalzahlung200 sei ein Desaster, schreibt der ehemalige Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz und heutige Rechtsstudent Dario Schramm.
Kein Wunder: So braucht man ein Elster-Zertifikat oder eine Bund-ID, einen online-fähigen Ausweis mit Pin, sowie eine Ausweis-App zur Identifizierung auf dem Smartphone oder dem PC, um den Antrag für die Einmalzahlung erfolgreich abzuschicken.
Nur 18 Prozent der Studierenden fanden die Antragsprozedur eindeutig nicht zu kompliziert, weitere 12 Prozent fühlten sich "eher nicht" abgeschreckt. Acht Prozent der Befragten gaben sich unentschieden.
Ein eindeutiges Ergebnis ergab auch die Frage, ob sich die Student:innen im Hinblick auf die Antragstellung der Energiepauschale von den entsprechenden Stellen, über beispielsweise eine Info-Hotline oder ähnliches, unterstützt fühlten.
63 Prozent der Studierenden beantworteten diese Frage mit "Nein, auf keinen Fall" oder "Eher nein". Nur 19 Prozent fühlten sich dagegen offenbar gut unterstützt, 18 Prozent waren in dieser Beziehung unentschieden.
Nicht nur Student:innen scheinen eine Menge bürokratischer Hürden überwinden zu müssen, um an staatlich beschlossene Hilfen zu kommen. Die Lösungen vieler anderer aktueller Problemstellungen in Deutschland werden ebenfalls von der Bürokratie be- oder verhindert. Fachkräftemangel, Einwanderung, Energiewende – die Liste der Probleme ist lang, die Hürden hoch.
Dieser Ansicht sind auch über neun von zehn Bundesbürger bei der Frage: "Wie beurteilen Sie das Ausmaß an Bürokratie in Deutschland?". 93 Prozent antworteten mit "viel zu groß" oder "eher zu groß". Genau richtig finden vier Prozent das Ausmaß der Bürokratie hierzulande, zu wenig davon sieht nur ein Prozent.
Als Zusatzfrage hatte Civey im Auftrag von watson von 15. Dezember 2022 bis 15. März 2023 unter 3000 Bundesbürger:innen ab 18 Jahren erhoben, wie sie das Ausmaß an Bürokratie beurteilten.