Rund 3,5 Millionen junge Menschen haben Anspruch auf die Energiepreispauschale. Mit der steuerfreien 200-Euro-Einmalzahlung will die Bundesregierung Auszubildenden, Studenten sowie Schüler:innen aus Fach- und Berufsfachschulen bei der Bewältigung der Energiekrise und den gestiegenen Kosten unter die Arme greifen.
Ein hehrer Gedanke mit, seit kurzem, eigenem Onlineportal – denn mehr ist die Finanzspritze bisher nicht. Erhalten hat noch kaum einer der Anspruchsberechtigten sein Geld, bei der Einführung der Hilfe gab es seitens der Behörden so einige Verzögerungen. Beantragen kann man den Zuschuss ab dem 15. März 2023.
Doch der Vorgang ist umständlich: So braucht man beispielsweise ein Elster-Zertifikat oder eine Bund-ID, einen online-fähigen Ausweis mit Pin, sowie eine Ausweis-App zur Identifizierung auf dem Smartphone oder dem PC. Die Reaktionen in den sozialen Medien auf den Antragsprozess wechseln dementsprechend zwischen Kritik und Zynismus, wie bei dieser Nutzerin auf Twitter:
Das Geld lässt sich bisher ausschließlich digital beantragen, was unter Expert:innen Bedenken auslöst. "Wir müssen aufpassen, dass sich junge Menschen nicht ungerecht behandelt fühlen. Anders als bei Rentner:innen und Berufstätigen, wurde hier mit dem Online-Antrag eine zusätzliche Hürde geschaffen", sagte die Grünen-Digitalpolitikerin Misbah Khan der Deutschen Presse-Agentur.
Auch auf Twitter sind die Nutzer:innen skeptisch, was die rein digitale Handhabung des Antrags betrifft:
Ist der Weg zum Zuschuss tatsächlich mit zu vielen Hürden gepflastert? Fühlen sich die jungen Deutschen in der Energiekrise ausreichend von der Bundesregierung in ihren Sorgen und Nöten gesehen und unterstützt?
Watson hat bei dem Meinungsforschungsunternehmen Civey nachgefragt und von 17. Februar bis 6. März 2023 eine Umfrage unter 5.014 Bundesbürger:innen ab 18 Jahren durchführen lassen. Das sind die Ergebnisse:
Insgesamt 640 Menschen im Alter zwischen 18 und 29 Jahren wurden befragt, ob sie sich durch die politischen Maßnahmen zur Bekämpfung der Energiekrise benachteiligt fühlen: Das Ergebnis: Die jungen Menschen sind in dieser Frage offenbar gespalten.
So antworten 32 Prozent bei der Frage, ob sie sich durch die politischen Maßnahmen zur Bekämpfung der Energiekrise benachteiligt fühlen, mit einem klaren: "Ja, auf jeden Fall". Weitere 14 Prozent fühlen sich mit der Antwort "Eher ja" ebenfalls nicht ausreichend unterstützt.
Die knappe andere Hälfte der Befragten (44 Prozent) fühlt sich jedoch nicht benachteiligt. So antworten 18 Prozent auf die gleiche Frage mit "Nein, auf keinen Fall", 26 Prozent sehen sich mit "Eher nein" auch nicht gänzlich im Nachteil.
Auch bei der Frage, ob die Interessen von jüngeren Menschen von politischen Entscheidungsträger:innen ausreichend berücksichtigt werden, sind die Deutschen gespalten. Während 43 Prozent mit "Nein" antworten, sehen 42 Prozent der Befragten die Bedürfnisse der Jungen durch die Politik ausreichend abgedeckt.
Der Meinungsunterschied bei dieser Frage besteht dabei hauptsächlich zwischen den Altersgruppen.
So finden ganze 60 Prozent der 18- bis 29-Jährigen ihre Interessen nicht ausreichend von politischen Entscheider:innen vertreten. Lediglich 31 Prozent sind in dieser Gruppe vom Gegenteil überzeugt. In den Altersgruppen der 30- bis 49-Jährigen sind noch gut die Hälfte (50 bzw. 53 Prozent) davon überzeugt, dass die Belange junger Menschen von der deutschen Politik außer Acht gelassen werden.
Unter den älteren Bundesbürgern über 50 Jahre sieht nur noch ein gutes Drittel eine Benachteiligung junger Menschen bei politischen Entscheidungen.
Die eigene Zuordnung im politischen Spektrum bestimmt offenbar das Empfinden einer Ungerechtigkeit gegenüber den Jungen. Die Auswertung der Umfrage nach Partei-Filter zeigt: Die Anhängerschaft von Union, FDP und AfD ist mehrheitlich der Meinung, dass die Interessen jüngerer Menschen in der Politik ausreichend berücksichtigt werden.
AfD-Anhänger:innen, Wähler:innen der FDP und der CDU/CSU sind zu 61 (AfD) und zu 59 Prozent (FDP und CDU/CSU) der Meinung, dass die Politik genug für junge Menschen in Deutschland tut.
Die Wähler von Grünen, SPD und Linken sind hingegen mehrheitlich der Ansicht, dass die Interessen junger Menschen nicht ausreichend in der Politik berücksichtigt werden.
Innerhalb der SPD-Wählerschaft sind es 51 Prozent, die finden, dass junge Menschen benachteiligt werden, bei den Wählern der Linken sind es 60 Prozent und Grünen-Wähler stimmen sogar mit 78 Prozent für "Nein".
Einen Lichtblick gibt es aber für junge Auszubildende und Studierende in Deutschland in puncto Bürokratie: Der Antragsprozess der 200 Euro-Energiepauschale soll als Pilot für künftige digitale Verwaltungsprozesse dienen, sagte der Staatssekretär des Bildungsministeriums Jens Brandenburg (FDP) im Interview mit dem Magazin "Spiegel": Man wolle künftig eine "vollständig digitalisierte Verwaltung, von Anfang bis Ende". Damit sollen solche Prozesse in der Zukunft wesentlich schneller werden.