Social Media gibt Unternehmen ganz neue Möglichkeiten, Werbung zu machen und bei (jungen) Leuten präsent zu sein. Der große Unterschied zu Werbung im Katalog oder im TV ist aber, dass sie mit potenziellen Kund:innen direkt in Kontakt kommen können. Dabei gibt es – das ist ja klar – nicht immer nur positive Rückmeldungen.
Das bekommt momentan auch Erdinger zu spüren. Eigentlich wollte die Brauerei mit einem Instagram-Reel Werbung für die Arbeit bei sich im Betrieb machen. Plötzlich steht jedoch der Vorwurf im Raum, das Unternehmen würde Gewalt gegen Frauen dazu benutzen – und das auch noch lustig finden.
Was ist passiert?
In dem besagten Clip steht eine Mitarbeiterin im Fokus. Sie liest von einem Tablet ab, welche Benefits man bei einer Stelle bei Erdinger erwarten kann. Dabei wird sie von allen Seiten mit Gegenständen bedroht, darunter ein Holzhammer, eine Bierflasche und ein Flaschenöffner. Ihr Tonfall ist an die Szene angepasst: unsicher und verängstigt.
So lief ein Teil des Monologs ab: "Außerdem hat Erdinger gutes Bier", erzählt die Mitarbeiterin an einer Stelle. Die Gegenstände werden an ihrem Kopf bedrohlich bewegt. Sie korrigiert sich erschrocken und sagt: "Ich meine das beste Bier".
Was Erdinger hier als launigen Clip verkaufen möchte, kam bei einigen User:innen überhaupt nicht gut an.
"Noch geschmackloser geht es nicht mehr", schreibt eine Person unter den Clip und wirft Erdinger "Verharmlosung von Gewalt" vor. Das sei "wirklich sehr frauenverachtend" findet jemand anderes. Kritik, die so oder so ähnlich zahlreich unter dem Reel gepostet wird.
Die Autorin Christina Mundlos findet ebenfalls deutliche Worte: "Eure Zielgruppe: Männer, die Gewalt an Frauen lustig finden? Schämt Euch!" Sie wirft Erdinger vor, mit dem Video Femizide zu verharmlosen.
Eine andere Userin kommt ebenfalls auf das Thema Femizide zu sprechen. Eigenen Angaben zufolge bietet sie Sensitivity-Training zum Thema 'Gewalt gegen Frauen' an. "Bei diesem Werbespot von Erdinger wünscht man sich, jemand aus dem Team hätte ihn besucht", schreibt sie.
Auf Anfrage von watson hat sich Erdinger inzwischen zu dem Clip geäußert. Ein Sprecher der Brauerei erklärt:
Die Darstellung sei "mit einem augenzwinkernden Bezug gedacht" gewesen und in den Kommentaren sei die "humorvolle Darstellung von vielen Usern positiv aufgenommen" worden.
Tatsächlich findet sich unter dem Instagram-Reel auch positives Feedback oder User:innen, die mit lachenden Smileys auf darauf reagieren. Ein paar Beispiele: "Ich finde es superlustig!", "echt witzig" und "alleine wegen dieser Werbung würde ich mich da bewerben".
Mit dem Beitrag wollte man "nicht provozieren oder gar verletzen", heißt es von Erdinger. Geklappt hat das aber offensichtlich nicht.
Man nehme die Kritik aber ernst und will bei künftigen Posts "noch sorgfältiger abwägen, wie Inhalte in unterschiedlichen gesellschaftlichen Kontexten wirken können".
Inzwischen ist das Instagram-Reel von dem Account von Erdinger verschwunden.
Der Beitrag kommt zu einer Zeit, in der sich die Situation von Frauen hinsichtlich geschlechtsbezogener Gewalt weiter verschlechtert hat. Das zeigt das im vergangenen Jahr veröffentlichte Lagebild. Die Zahlen zu häuslicher Gewalt, von der überwiegend Frauen und Mädchen betroffen sind, sind 2023 um 5,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr angestiegen. 2023 gab es fast jeden Tag einen Femizid.