Wenn das Handy piept und die Liebste beim Lesen verzückt kichert oder der Partner auf einmal den größten Teil seines Abends beim Sport verbringt, meldet sich bei einigen Menschen oft unvermittelt ein fieses Stimmchen. Es flüstert: "Was ist da los? Werde ich betrogen?"
Eifersucht ist ein Gefühl, das unangenehmer nicht sein könnte. Für beide Seiten. Angst, Zweifel und der Wunsch nach Aufklärung lassen Eifersüchtige nicht mehr schlafen, es ist Stress pur. Ebenso für den oder die Partner:in. Permanent unschuldig auf der Anklagebank zu sitzen, kränkt und belastet. Sexy ist es auch nicht.
Niemand möchte den Menschen verlieren, den er liebt. Eifersucht in Maßen ist daher ganz normal. Doch ab welchem Punkt gefährdet Eifersucht genau die Beziehung, die sie zu halten versucht? Wann wird es toxisch? Wir fragten Ulrike Scheuermann.
Sie ist Diplom-Psychologin und Buchautorin. In ihrer esencia Akademie bietet sie psychologische Seminare und Ausbildungen an. Nach ihrem Medizin- und Psychologiestudium hat sie vor 25 Jahren den Berliner Krisendienst mit aufgebaut.
"Eifersucht spielt häufig eine Rolle in Beziehungen und kann sehr quälend sein", sagt die Psychologin. Große Gefühle gehen oft auch mit großen Ängsten einher. Erst einmal ist das weder gut noch schlecht, sondern vor allem logisch. Scheuermann führt aus:
Von manchen Menschen wird Eifersucht daher auch als kleiner Liebesbeweis gewertet. Einige provozieren sie sogar, um zu wissen, wie wichtig sie dem Gegenüber tatsächlich sind. Das Spiel mit den Ängsten des Anderen ist allerdings weder besonders nett, noch sehr aufschlussreich, denn mangelnde Eifersucht heißt nicht, dass man dem anderen egal wäre.
Nicht alle liebenden Menschen sind gleichermaßen anfällig für bohrende Zweifel und Ängste, erklärt die Psychologin. Wer ein gesundes Selbstbewusstsein hat und zudem nie betrogen wurde, dem fällt es leichter, locker zu bleiben.
Kompliziert ist es, wenn ein Mensch "nur schwer vertrauen kann" oder im schlimmsten Fall bereits "Erfahrungen mit begründeter Eifersucht gemacht hat", sagt Scheuermann. Kurz gesagt: Ein gebranntes Kind "wird leichter eifersüchtig".
Ein bisschen Eifersucht ist für die meisten Beziehungen kein Problem. Es gibt Missverständnisse, die sich aus dem Weg schaffen lassen, wenn offen miteinander gesprochen wird. Ein wenig "blindes" Vertrauen ist dabei aber unumgänglich, denn wer meint, dem anderen erst dann glauben zu können, wenn er jede seiner Aktionen auf den Wahrheitsgehalt geprüft hat, lügt sich selbst in die Tasche.
"Schädlich für die Beziehung, einen selbst und die andere Person wird Eifersucht, wenn der Partner oder die Partnerin kontrolliert wird", warnt Ulrike Scheuermann. Wenn zum Beispiel die Handynachrichten gecheckt, Gespräche belauscht und der Partner sogar "überwacht oder verfolgt" würde.
Das gelte auch "wenn jemand ständig fragt, was der andere gemacht hat oder ob man noch geliebt wird", erklärt die Therapeutin weiter. Jemanden auszuspionieren oder unter Druck zu setzen, ist nicht liebevoll. Derart toxisches Verhalten führt nicht zu mehr Nähe, sondern manchmal sogar zu einem Teufelskreis: Wer beispielsweise schon ahnt, dass es Ärger gibt, weil auf der besuchten Party auch ein/e Ex-Partner:in auftaucht, wird durch Verschweigen dem oder der Eifersüchtigen noch mehr Anlass für Misstrauen geben.
Ersetzt Kontrolle das Vertrauen und wird die Privatsphäre des Gegenübers permanent verletzt, passiert genau das, wovor Scheuermann warnt. "Dann wird die Beziehung unfrei", sagt sie, "beide geraten immer mehr unter Druck". Zuletzt kann durch ein solches Verhalten ebenjene Beziehung zerstört werden, die man so krampfhaft bewahren will.
Wer eifersüchtig ist, sollte in erster Linie ehrlich zu sich selbst sein, bevor er den anderen attackiert. "Sie können und sollten herausfinden, wodurch die Verunsicherung entstanden ist, ob sie eine reale Grundlage hat", rät die Psychologin.
Es gibt echte Vertrauensbrüche und Betrug. Doch manchmal hat die Eifersucht in Wirklichkeit rein gar nichts mit dem Verhalten des Gegenübers zu tun, sondern der "inneren Situation der eifersüchtigen Person", sagt Scheuermann. Und führt aus:
Wer sich also dabei erwischt, in jeder Partnerschaft generell das Schlimmste zu vermuten, der hat unter Umständen noch alte Wunden aufzuarbeiten. Und diese kann die geliebte Person niemals kompensieren – auch nicht, wenn sie ihr Handy freiwillig tracken lässt. Sich das einzugestehen, ist schmerzhaft, aber wie Frank Kafka einst schrieb: "Alles Reden ist sinnlos, wenn das Vertrauen fehlt."