Wer frisch verliebt ist, möchte sich so oft wie möglich nahe sein. Doch wie wir alle wissen, ist das nicht immer möglich. Entfernungen, Arbeitszeiten und weitere Verpflichtungen machen das Flirten per Screen oft unerlässlich. Dazu gehört dann oft auch das eine oder andere neckische Bild, was hin- und hergeschickt wird.
Allerdings führt das oft in heikle Debatten. Dann nämlich, wenn Person A angestachelt ein paar Nacktfotos fordert, Person B aber unsicher ist, ob das so eine gute Idee wäre. Was jetzt? Sind nackte Tatsachen vom Date zu viel verlangt oder eine sexy Sache?
Wir haben darüber mit Mignon Kowollik gesprochen. Sie arbeitet als Sexual-Coach für Paare und Singles in Hamburg und warnt davor, sich in das Versenden von Nacktfotos hinein drängeln zu lassen.
"Die Entscheidung, Nacktbilder zu teilen, ist sehr persönlich und sollte auf gegenseitigem Vertrauen und Respekt basieren", sagt sie ganz klar.
Eine pushy Person, die noch vor dem ersten Treffen nackte Tatsachen geschickt haben will und auf ein "Nein" weiter emotional Druck ausübt ("Hätte dich jetzt nicht so verklemmt eingeschätzt" oder "Wieso schämst du dich für deinen Körper? Ich wette, du bist wunderschön") ist es nicht wert.
Im Gegenteil. Wenn du dich unwohl fühlst und deine Bedenken kleingeredet werden, ist das eine echte Red Flag. Schließlich gibt es gute Gründe, warum man keine Nacktfotos versenden will: neben der individuellen Schamgrenze kann auch Angst vor Cyberkriminalität, Stalking, Revenge Porn oder Mobbing berechtigt sein. Zumal viele digitale Plattformen das Recht am Bild ihrer User:innen für sich beanspruchen.
"Bevor man sich dazu entscheidet, ist es wichtig, mit deinem Partner offen über deine Bedenken, Grenzen und Komfortzonen zu sprechen", rät die Expertin daher und hält fest:
Wird schon beim Gespräch darüber mit den Augen gerollt (auch virtuell)? Dann lass' es lieber. Denn jegliche Arten von Nacktaufnahmen sollten "stets auf freiwilliger Basis und im Bewusstsein der möglichen Konsequenzen geschehen", sagt Kowollik. "Wenn ich mich dagegen entscheide, sollte dies respektiert werden."
So weit, so warnend. Allerdings kann es natürlich durchaus Spaß machen, sich gegenseitig über die Distanz mit sexy Fotos anzuheizen. Gerade in vielen Fernbeziehungen ist Sex per Videocall oder das Versenden ein paar teasing Bilder für die Lieblingsperson kaum wegzudenken.
Das weiß auch die Sexpertin und gibt in solchen Fällen grünes Licht: "Wenn du dich sicher und respektiert fühlst, kann das Teilen von intimen Bildern eine Möglichkeit sein, die Intimität zu stärken."
Entscheidend ist also, wie wohl man sich mit dem Empfänger oder der Empfängerin der Aktbilder fühlt. Sich nackt zu zeigen, erfordert immer Vertrauen, egal, ob im real life oder digital. Und Vertrauen braucht Zeit.
Kein Wunder also, dass die wenigsten Menschen (notorische Dick-Pic-Versender mal ausgenommen) einer neuen Bekanntschaft direkt intimste Aufnahmen senden würden. Kowollik:
Zum einen geht es also um die eigenen Grenzen, zum anderen um das Vertrauen gegenüber dem oder der Adressat:in. Mitunter kann aber auch ein dritter Faktor wichtig sein, nämlich die Art und Weise der Darstellung.
Manche Menschen haben kein Problem in einem gemeinsamen Videocall zu masturbieren, würden aber nie ein Foto versenden, ohne zu wissen, in welchem Kontext sich das angeschaut wird. Andere fühlen sich mit einem inszenierten, kunstvollen Aktbild vielleicht wohl, würden aber niemals Bewegtbild von sich zeigen wollen.
"Ein Nacktfoto muss auch nicht direkt komplette Freizügigkeit oder eine Ganzkörperaufnahme bedeuten", ergänzt Sexualcoach Kowollik, die auch das Vergebenen-Dating-Portal Ashley Madison berät, "Vielleicht fühle ich mich wohl damit, Teilkörperbilder zu versenden, beispielsweise von meiner Brust oder meinen Lippen."
Für Neugierige, die noch ein wenig Angst haben, könnte das die Lösung sein. Die Silhouette eines Po's reicht schließlich oft schon, um Kopfkino zu starten. "Wenn ich mein Gesicht nicht zeigen möchte, ist das absolut in Ordnung", betont die Expertin zuletzt noch einmal. Sicher ist sicher.