Das erste Zusammentreffen der "Schwiegerfamilie" mit dem oder der neuen Partner:in ist ein beliebtes Motiv in den Rom-Coms von Hollywood – gleich hinter dem Wiederentdecken einer alten Schulliebe oder dem grantigen Feind, der sich als "The One" entpuppt.
Beim Treffen mit den Schwiegereltern geht es jedoch um mehr als nur das Liebespaar, ein externer, menschlicher Faktor kommt hinzu. Da wird sich beschnüffelt, kritisiert und angebiedert, nur eines ist es scheinbar nicht: egal.
Ganz im Gegenteil! Für viele Menschen ist das Kennenlernen der Familie der ultimative Beweis der Verbindlichkeit, à la "jetzt wird es ernst". Deshalb verunsichert es auch, wenn ebenjenes Kennenlernen über Monate, manchmal Jahre, hinausgezögert wird.
Stellt sich die Frage: Ab wann kann man erwarten, die Familie kennenzulernen? Was steckt dahinter, wenn gerade das nicht passiert?
Wir fragten bei Lisa Fischbach nach. Sie ist Diplom-Psychologin und berät Singles und Paare in ihrer Praxis in Hamburg, forscht zudem in Sachen Dating.
Die Therapeutin ist zuletzt Leiterin der bevölkerungsrepräsentativen Elite-Partner-Studie 2024 gewesen, in der knapp 4000 Liierte mit Wohnsitz in Deutschland danach befragt wurden, "wann bestimmte Ereignisse in ihrer Beziehung stattgefunden haben", erklärt sie.
Daher weiß sie ziemlich genau, was in Bezug auf das Kennenlernen der Schwiegereltern derzeit die Norm der Mehrheit ist. Lisa Fischbach führt aus:
Das sei eine "spannende Erkenntnis" der Studie, findet die Paartherapeutin. Ein halbes Jahr ist schließlich nicht allzu lange.
Dieses Ergebnis deckt sich allerdings mit der Biologie. Denn Wissenschaftler:innen haben herausgefunden, dass der Dopaminspiegel Verliebter nach drei bis sechs Monaten sinkt. Heißt: Das krasse Verknalltheitsgefühl lässt nach, der Körper stellt um auf Langzeitbindung und Oxytocin.
Es wäre also nur logisch, wenn ungefähr in diesem Moment auch der Wunsch entsteht, mal zu schauen, wie harmonisch ein Alltag in der Zukunft miteinander aussehen könnte – Schwiegerfamilie inklusive. Wobei auch andere Faktoren ausschlaggebend dafür sind, wie schnell die Liebsten einander präsentiert werden.
Wohnt die Sippe weit entfernt? Ist das Verhältnis der Familie untereinander eng? Wenn der Kontakt im Alltag kaum eine Rolle spielt, muss es keine Red Flag sein, wenn das Kennenlernen erst spät ansteht. Dann heißt es Abwarten, Ruhe bewahren.
Das Tempo des Kennenlernens sollte der Partner oder die Partnerin selbst entscheiden dürfen, ohne dabei gedrängelt zu werden. Das fällt manch verliebten Menschen schwer zu akzeptieren, wie die Psychologin erklärt, denn schließlich wisse jede:r: "Die meisten gehen diesen Schritt, wenn sie es ernst meinen und eine längerfristige Beziehung eingehen wollen."
Gibt es also keinen triftigen Grund, den Eltern vorenthalten zu werden, steht schnell die Frage im Raum, ob die Gefühle nicht reichen, um diese Liebesgeschichte "offiziell" zu machen. Diese Verunsicherung ist nachvollziehbar, erzwingen lässt sich jedoch nichts.
Es sei "ein Zeichen des Vertrauens und der Verbindlichkeit, mit der oder den Geschwistern oder Eltern einen Besuch abzustatten und damit zu zeigen, wir sind ein Paar", erklärt Lisa Fischbach weiter. Sie führt aus:
Die Familie kennenzulernen, ist also meist für alle beteiligten Seiten mit hohen Erwartungen verknüpft. Dem Neuzugang hilft es, die Biografie des oder der Liebsten noch besser zu verstehen, für das "Bindeglied" ist es spannend zu sehen, ob der Lieblingsmensch mit Eltern und Geschwistern harmoniert.
Vielen sei "die Meinung der nächsten Familienmitglieder wichtig", gibt die Psychologin zu bedenken, "die kennen einen gut, wissen um vorherige Beziehungen und sind oftmals auch Ratgeber."
Bekommt der oder die neue Partner:in den Segen der Familie, kann das als Booster für die Liebe wirken. Wer dieses schöne Erlebnis nicht hat, aber dennoch an der Beziehung festhalten will, tröstet sich vielleicht mit einem Aphorismus, das den Mongol:innen zugeschrieben wird und übersetzt in etwa lautet: "Gut ist, wenn die Wasser nahe, aber die Schwiegereltern fern sind …".