Manche TV-Show hätte ihre Staffeln fünf, sechs oder sieben vergessen können, wenn da nicht ein Thema wäre, bei dem so ziemlich jeder mitfiebert: die dramatische Rückkehr zu einer großen Liebe. Siehe Gossip Girl, siehe Friends, oder auch: Sex Education, Sex and The City, Big Bang Theory, Riverdale ... Was fasziniert uns nur so an der Idee, eine verhunzte Liebesbeziehung doch noch zu einem Happy End zu bringen?
Denn auch im Privaten klammern sich viele Menschen lange noch an den Traum, ihren vermeintlichen Seelenverwandten zurückzuerobern. Doch ist es überhaupt eine gute Idee, eine Ex-Beziehung wieder aufzunehmen und auf ein Liebes-Comeback zu hoffen?
Christian Hemschemeier ist Psychologe und Paartherapeut, coacht auch in Online-Kursen und sagt zu reaktivierter Liebe deutlich: "Ich bin überhaupt kein Freund davon."
Dabei ist ihm klar, dass er damit dem Bedürfnis vieler Menschen widerspricht, die gerne den oder die Ex zurück hätten. Wie man eine verflossene Liebe für sich zurückgewinnt, ist daher auch eine der meistgestellten Fragen an Liebesberater:innen.
"Ich weiß, da gibt es viele Coaches und Beratung im Internet, die sich so Programme wie 'Zum Ex zurück' auf die Fahnen geschrieben haben", berichtet Hemschemeier im Gespräch mit watson. "Das sehe ich aber sehr kritisch. Denn es gibt immer einen Grund, warum es zwischen zwei Menschen nicht geklappt hat."
Die Runde Zwei endet zumeist nur in einer weiteren Runde Liebeskummer. Die Statistik spiegle das Scheitern auch wider, erklärt der Psychologe weiter. Entsprechende Erhebungen, die zumeist auf Umfragen beruhen, "zeigen, dass die Rückkehr zum oder zur Ex nur in zehn bis zwanzig Prozent der Fälle gut geht, wenn es eine richtige Trennung gegeben hat."
Das heißt, bis zu neun von zehn Ex-Beziehungen schmecken auch aufgewärmt nicht besser. Eine entmutigende Anzahl. "Es gibt natürlich Ausnahmen", lenkt der Paartherapeut ein. Hemschemeier führt ein Beispiel aus:
"Die Bedingung ist aber, dass die Sachen, die zur Trennung geführt haben, wirklich aufgearbeitet sind", mahnt der Psychologe deutlich. Und das ist leider oft nicht der Fall, wie er auch aus der Praxis weiß.
"Die Regel ist leider, dass Paare nach kurzer Zeit wieder am selben Problem scheitern wie vorher", erklärt Hemschemeier. Der Grund, warum Paare sich dieses Leiden dennoch antun, ist oft die Freude an der anfänglichen Leidenschaft, die gerade Ex-Beziehungen wieder ein richtiges High verpasst. Der Therapeut beschreibt den typischen Verlauf:
Die meisten Menschen arbeiten ihre gemeinsamen Probleme leider nicht vollständig miteinander auf, sondern lassen einfach ihren Gefühlen freien Lauf und fallen dann miteinander wieder in dieselbe Beziehungsdynamik wie beim ersten Mal.
"Wenn es eine einigermaßen gesunde Beziehung war, kann man vielleicht einmal probieren, ob man sich zu anderen Bedingungen wieder zusammenrauft", sagt Christian Hemschemeier. Er schließt aber eine Warnung an:
Denn Enttäuschungen und Trennungen tun immer wieder neu weh, rauben Zeit und Energie und versperren mitunter die Sicht auf jemanden Neuen, der tatsächlich besser für einen wäre. "Leider erlebe ich, dass Menschen auch zu toxischen Beziehungen zurückgehen, alle Warnsignale wegerklären", sagt Hemschemeier.
Manche stecken sogar über viele Jahre im emotionalen Hin- und Her-Gezerre miteinander fest. Soweit sollte es nicht kommen, sagt der Paartherapeut deutlich: "Ganz klar: Es gibt keinen Grund, zurück zu einem Menschen zu gehen, mit dem man sich extrem schlecht gefühlt hat. Das führt nirgendwohin."
Vielleicht kann man es sich inmitten des Gefühlschaos noch nicht vorstellen, aber: Manch ein bitteres Ende ist eigentlich nur der Beginn eines viel süßeren Neuanfangs.