Gelegenheit macht Diebe. In wohl keiner anderen Lebenszeitspanne ist dieser Spruch so wahr, wie in ebenjenen zwölf Minuten, die der oder die Partner:in unter die Dusche verschwindet. Wenn jetzt das Display des Handys auf dem Nachtisch verlockend aufleuchtet, wird die Versuchung zuweilen größer als jeglicher Anstand …
Heimlich ins Handy des Lieblingsmenschen zu schauen, geht eigentlich gar nicht. Wissen wir. Dennoch machen es die meisten Menschen irgendwann in ihrem Leben doch. Sei es aus Neugierde, Unsicherheit oder blanker Eifersucht. Ist das nun schlimm oder völlig normal?
Wir fragten bei Lisa Fischbach nach. Sie ist Diplom-Psychologin und berät Singles und Paare in ihrer Praxis in Hamburg, forscht zudem in Sachen Dating.
Sie sagt: "Inwieweit mit der digitalen Spionage eine Grenze überschritten wird, hängt viel von den gemeinsamen Absprachen ab."
Ob eine Grenze überschritten wurde, ist also abhängig davon, welche Grenzen das jeweilige Paar überhaupt miteinander festgelegt hatte. Die Expertin führt aus:
Falls sich jetzt jemand fragt, wer denn so verrückt ist, den oder die Partner:in an das heilige Handy zu lassen, lautet die Antwort: die Mehrheit.
Ganze 63 Prozent der Deutschen kennen die Handy-PIN ihres:r Partner:in – das ergab die aktuelle Elitepartner-Studie 2024, die Lisa Fischbach selbst leitete und für die 6164 in Deutschland lebende Menschen zwischen 18 und 69 Jahren befragt wurden.
Aus ebenjener Studie weiß die Psychologin auch, dass jede:r Vierte dennoch offen zugibt, in der aktuellen Beziehung schon heimlich Nachrichten des Lieblingsmenschen gelesen zu haben (26 Prozent). Frauen (28 Prozent) liegen dabei vor Männern (24 Prozent) – oder geben es offener zu.
"Doch wer aus dem Bedürfnis, den Partner oder die Partnerin zu kontrollieren, handelt und sich unabgesprochen Zugänge verschafft, verletzt massiv die Privatsphäre und das Vertrauen", warnt Lisa Fischbach zu diesen Schnüffeleien deutlich.
Spionage gegenüber den Liebsten sieht zudem nicht besonders souverän aus. Aus gutem Grund, wie die Psychologin aus der Praxis weiß. Denn hinter den unerlaubten Zugriffen "stecken Gefühle von Unsicherheit, Misstrauen und oftmals wird ein Verdacht gehegt".
Kurzum: Wer schnüffelt, glaubt offenbar, dass der oder die Andere einen anlügt oder betrügt. Keine schöne Basis für eine Partnerschaft auf Augenhöhe.
"Eifersuchtsgefühle darf man haben", ordnet Fischbach das Thema weiter ein, "sie sollten aber in der Beziehung besprochen werden und nicht durch übergriffiges Verhalten gelöst werden."
Spionage ist zudem oft begleitet von schlechtem Gewissen und wenn herauskommt, dass unerlaubt in der Privatsphäre gewühlt wurde, ist das Entsetzen darüber zurecht groß. "Das kann eine Beziehung auf eine Zerreißprobe stellen", weiß der Liebes-Coach.
Übrigens ist die digitale Schnüffelei unter Liebenden besonders ein Problem jüngerer Menschen. 36 Prozent aller Frauen zwischen 18 und 29 Jahren – und sogar 37 Prozent aller Männer dieser Altersgruppe – geben zu, heimlich Nachrichten gelesen zu haben. Bei den Ü-60-Jährigen ist das gerade mal jede:r Zehnte.
Ob feine Art oder nicht, die Bespitzelung ist eines auf jeden Fall nicht: zielführend. Vorausgesetzt, man möchte mit dem oder der Liebsten zusammenbleiben. Denn im schlimmsten Fall findet man tatsächlich etwas, worüber sich streiten lässt. Im besten Fall findet man nichts – hat dabei aber die Integrität der Beziehung verletzt.
Beides schwächt die Partnerschaft, weiß die Expertin. "Wer aber über seine Gefühle spricht, was ihn in der Partnerschaft belastet, an Zuneigung vermisst oder an Aufmerksamkeit fehlt, kann sein Miteinander stärken und entwickeln", ist sie überzeugt.
Also lieber nicht gute Laune vortäuschen und dann bei Nacht ans Handy robben, sondern besser offen sagen, dass man sich in letzter Zeit nicht mehr priorisiert fühlt oder verunsichert, wenn nach einem getrennten Partyabend keine Schlaf-Gut-DM mehr kommt. Dafür braucht es dann auch keine ausgeklügelten Spionage-Pläne mehr, nur ein bisschen Mut.