Deutschland hat die erste Hitzewelle des Jahres überstanden. Im Verlauf der Woche wurden hierzulande in vielen Regionen Temperaturen weit über der 30 Grad gemessen; teilweise sogar nahezu 40 Grad. Doch die nächste Hitzewelle wird wohl nicht lange auf sich warten lassen und womöglich länger anhalten als ein paar Tage.
Bei solchen Extremtemperaturen gibt es für viele Menschen nur zwei Optionen: Entweder im klimatisierten Eigenheim bleiben oder raus an den See oder ins Schwimmbad fahren. Aber das ist natürlich nicht jeden Tag möglich. Als Arbeitnehmer:in bekommt man eher selten hitzefrei und alltägliche Erledigungen wie Einkäufe oder der Gang zum Arzt sind auch an heißen Tagen notwendig.
Kein Wunder also, dass ein sommerliches Gadget in den vergangenen Jahren immer mehr an Beliebtheit gewinnt: der Mini-Ventilator. Die kleinen Geräte lassen sich oft leicht in einer Handtasche oder den Rucksack verstauen und sorgen in heißen Momenten für ein wenig Erfrischung. Leise, leicht, günstig und überall einsetzbar – die "mini fans", wie sie auf Englisch genannt werden, überzeugen immer mehr Menschen.
Allein in Großbritannien sollen in den vergangenen zwölf Monaten über sieben Millionen der kleinen Elektro-Geräte verkauft worden sein, berichtet der "Independent". Die Zahlen gehen auf Material Focus zurück, eine gemeinnützige Organisation, die sich für ein besseres Recycling von Elektro- und Elektronik-Altgeräten einsetzt.
Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Zahl in den kommenden Jahren weiter ansteigt. Denn in Großbritannien sind ebenso wie in Deutschland viele Bereiche des öffentlichen Lebens mehr auf harte Winter als auf extreme Hitzesommer vorbereitet. Gerade im ÖPNV sind hierzulande noch viele ältere U-Bahnen, Straßenbahnen oder Züge im Einsatz, in denen noch keine Klimaanlage eingebaut ist.
Wer mal eine oder gleich mehrere Stunden in solch einem Fahrzeug bei 38 Grad festsitzt, der wird sich wohl über jede frische Brise freuen, die er abbekommt.
Wenig überraschend ist der Trend auch schon auf Social Media angekommen. Auf Tiktok finden sich unzählige Creator:innen, die ihren Follower:innen von den Vorteilen der tragbaren Mini-Ventilatoren erzählen: drei oder mehr Leistungsstufen, ein LED-Screen und eine Trageschlaufe zum Umhängen des Geräts.
Oft finden sich unter den Videos Links zu vermeintlichen Sonderangeboten. Im Tiktok-Shop werden die kleinen Geräte zum Teil für unter zehn oder sogar unter fünf Euro angeboten. Die meisten Anbieter versprechen, dass die "mini fans" wiederaufladbar sind.
Wirft man einen Blick in die Kommentarspalte solcher Videos, fällt allerdings auf, dass viele Nutzer:innen sich über die Qualität der Geräte beschweren. "Hab' eins geholt, nach einem Tag kaputt", schreibt eine Userin unter einem Clip zu einem Mini-Ventilator von Action. Eine andere schreibt: "Habe den auch, ist perfekt für die Handtasche. Aber Luft ist halt sehr wenig."
Unter anderen Videos berichten User:innen, dass die Batterien der Billig-Elektrogeräte schon nach zehn Minuten den Geist aufgegeben haben. Wiederaufladbar scheinen sie nicht gewesen zu sein; am Ende ist es also wohl nur noch Elektroschrott.
"Wir hatten Fast Food, wir hatten Fast Fashion – alles billig und minderwertig – und jetzt haben wir Fast Tech", kritisiert die Tiktokerin @leswastelaura. Billige Einweg-Elektronik sei auf dem Vormarsch. Ganz neu sei das Thema nicht, Einweg-Vapes seien ebenfalls ein perfektes Beispiel für Wegwerf-Elektronik.
"Diese billigen Tech-Produkte sehen zu gut aus, um wahr zu sein, und das sind sie auch. Sie werden nicht lange halten und sie beinhalten sehr viel Plastik, Elektronik, Batterien, Mineralien und Metalle, die wir für andere Dinge auf dem Planeten brauchen, erklärt die Tiktokerin in dem Video.
Die Entwicklung wirkt vor der sich zuspitzenden Klimakrise besonders ironisch: Einerseits wollen sich die Menschen vor deren Auswirkungen schützen, andererseits tragen sie durch ihren Konsum von Wegwerf-Artikeln dazu bei, dass die Klimakrise weiter befeuert wird. Elektroschrott schadet dem Klima, weil bei seiner Herstellung und Entsorgung große Mengen Treibhausgase freigesetzt werden.
Rund 3,5 Millionen Ventilatoren sollen laut der Organisation Material Focus im vergangenen Jahr in Großbritannien weggeworfen oder in irgendeiner Schublade vergessen worden sein.
Wenn sich Leute darum Sorgen machen würden, dass es im Sommer zu heiß werde, sei das ernstzunehmen, meint die Tiktokerin Laura. Aber dann sollte man in ein gutes Gerät investieren, dass lange hält oder zumindest repariert werden kann. Lauras Fazit ist deshalb eindeutig: "Wir können alle ein Teil davon sein, die große Mengen an Abfall, die mit Fast Tech zusammenhängen, zu vermeiden."