
Rumble in the jungle: Aldi gegen Lidl.Bild: imago images/ CHROMORANGE
Geld & Shopping
Ein Liter Saft, ein paar Cent Unterschied – mehr braucht es nicht, um den Markt in Bewegung zu setzen. Aldi legt vor, die Konkurrenz schaut nervös. Was wie Kleinkram klingt, ist Teil eines großen Spiels.
Es gibt kaum eine Koalition, die so stabil ist wie die zwischen Brot, Kaffee und Saft. Sie hält seit Jahrzehnten und übersteht jede Krise. Manchmal gerät sie ins Wanken, aber am Ende landet doch wieder das Gleiche auf dem Tisch.
Genau an diesem Tisch zeigt sich daher, wie empfindlich die Republik auf Verschiebungen reagiert. Es braucht nur einen geänderten Preis, und schon diskutiert man, ob das Leben als solches teurer oder billiger geworden ist. Ausgerechnet ein Getränk, das tropische Sonne verspricht, ist in deutschen Küchen längst zum Indikator für Kaufkraft geworden.
Preis von Orangensaft ist in den vergangenen Jahren explodiert
"Aldi senkt erneut als erster Lebensmitteleinzelhändler Orangensaft dauerhaft im Preis", meldet das Unternehmen nun. Ab dem 19. August kostet der "Rio D' Doro Orangensaft Premium Direktsaft", die Eigenmarke, nun 2,65 Euro statt 2,99 Euro.
Damit bleibe man Aldi zufolge "seinem Versprechen als Preisführer treu" und gebe "Einsparungen, wo immer möglich, direkt an die Kundinnen und Kunden weiter". Auch der Orangennektar fällt im Preis, ebenso die Ein-Liter-Flasche Orangensaft. Die Produkte sollen bis zu elf Prozent günstiger werden.
Dass diese Botschaft Wirkung entfaltet, liegt auch an der Vorgeschichte: Orangensaft war in den vergangenen zwei Jahren so teuer wie nie. Schuld daran sind schlechte Ernten in Brasilien und Florida – Hauptlieferanten für die europäische Industrie.
Dürren, Pflanzenkrankheiten und Stürme ließen die Erträge dramatisch sinken, die Rohsaftpreise schossen auf Rekordhöhen. Was einst als banales Frühstücksgetränk galt, wurde plötzlich zum Luxusgut, das sich im Regal Richtung Drei-Euro-Marke bewegte.
Aldi mit impliziter Preisansage an Lidl
Für Discounter ist das ein Problem. Denn Produkte, deren Preis jeder im Kopf hat, eignen sich schlecht, um Inflation stillschweigend an den Kunden weiterzureichen. Also begann das Spiel, das der deutsche Lebensmittelhandel seit Jahrzehnten perfektioniert hat: Einer senkt, der andere kontert, beide schieben sich gegenseitig vor sich her. Im Mai etwa hatte Lidl "die größte Preissenkung aller Zeit" angekündigt und die Konkurrenz zum Nachziehen gezwungen.
Am Ende hat sich ein neuer, niedrigerer Referenzpreis im Markt etabliert. Für Verbraucher sieht das aus wie ein kleiner Sieg. Für Produzenten ist es eher eine Niederlage, weil sie in den Verhandlungen den Druck spüren, die Einsparungen irgendwo möglich zu machen.
Eigenmarken sind dabei die entscheidende Waffe. Mit ihnen können Discounter Preise durchsetzen, die Markenprodukte unterbieten – und zugleich das Bild des kompromisslos günstigen Händlers pflegen.
So wird aus einem Liter Saft eine Marktansage. Wer ihn billiger anbietet, verspricht implizit die eigene Vormachtstellung im Handel. Und die Erfahrung zeigt: Lange bleibt das nicht ohne Antwort. Lidl könnte schon bald nachziehen, Netto und Penny ebenso.
Der morgendliche Orangensaft ist damit erneut zu dem geworden, was er im deutschen Einzelhandel immer war: ein Seismograf für Machtfragen.
Ein Liter Saft, ein paar Cent Unterschied – mehr braucht es nicht, um den Markt in Bewegung zu setzen. Aldi legt vor, die Konkurrenz schaut nervös. Was wie Kleinkram klingt, ist Teil eines großen Spiels.
Es gibt kaum eine Koalition, die so stabil ist wie die zwischen Brot, Kaffee und Saft. Sie hält seit Jahrzehnten und übersteht jede Krise. Manchmal gerät sie ins Wanken, aber am Ende landet doch wieder das Gleiche auf dem Tisch.