Traut man den Branchenberichten, dann herrscht in der Discounter-Branche aktuell eine Stimmung wie bei "House of Cards". Die "Bild" schreibt von der "Billig-Offensive", die "Lebensmittelzeitung" berichtet von einem Vorstoß, "der den Markt seither in Atem hält". Freunde der gepflegten Supermarkt-Schlammschlacht, wir befinden uns im Preiskampf.
Am Samstag hat Lidl den Vorstoß gewagt und nicht weniger als die "größte Preissenkung aller Zeiten" angekündigt, mehr als 500 Produkte über alle Warenbereiche hinweg sollten dauerhaft im Preis gesenkt werden. Um Punkt 16.04 Uhr wurde dann per Pressemitteilung zurück rabattiert: Aldi kündigte seinerseits an, in den kommenden Wochen hunderte Produkte dauerhaft günstiger anbieten – vorerst ohne konkret zu werden.
Verlässt man sich auf die Eigendarstellung, haben die beiden sympathisch-mittelständischen Discounterketten Lidl (Gesamtumsatz 2023: 28,7 Milliarden Euro) und Aldi (Gesamtumsatz 2023: 32,6 Milliarden Euro) ihren Altruismus entdeckt.
Lidl erklärte den Preissturz mit der "nach wie vor hohen Belastung der Haushalte durch gestiegene Lebenshaltungskosten" und Aldi sieht es gerade in den "aktuell für die Menschen auf so vielen Ebenen fordernden Zeiten" als seine Aufgabe, "für Stabilität zu sorgen, indem sich in unserer Gesellschaft alle etwas Gutes leisten können".
Was zwischen den Zeilen verloren gehen mag: Es geht hier schlicht um die Marktführerschaft unter den Supermärkten. Für die Kund:innen eine gute Nachricht – allerdings stellt sich die Frage, wie lange die Preispolitik gut geht.
Mittlerweile ist Aldis Antwort auf den Vorstoß von Lidl klar: 100 der teilweise umsatzstärksten Produkte sollen dauerhaft reduziert werden, unter anderem Kassenschlager wie Fischstäbchen oder das Eigenmarkenwaschmittel. Felix Rottmann, der Deutschland-Chef von Aldi Nord erklärte am Wochenende: "Preisführerschaft ist für uns kein kurzfristiger Aktionsmodus, sondern ein Grundprinzip."
Bei der Ankündigung des Preiskonters ließ Aldi auch kanz unverhohlen durchschimmern, was hier gerade auf dem Spiel steht: "Allein in dieser Woche wurden bereits zahlreiche Artikel dauerhaft im Preis reduziert", ließ der Discounter mitteilen. "Welche das sind, zeigt das Unternehmen für alle transparent auf."
Eine klare Nachricht an den Konkurrenten Lidl, der genau das eben nicht getan hat, sondern lediglich generalisierend von Preissenkungen sprach.
Wie diese aggressive Preispolitik der beiden Marktführer weitergeht, und welche Opfer in dem Duell noch gebracht werden, ist bislang kaum absehbar. Auch Rewe und Edeka mussten sich bereits der Rabbattierungswut beugen und ihrerseits mit Preissenkungen reagieren. Damit verschärft sich der Druck auf den gesamten Lebensmitteleinzelhandel.
Expert:innen gehen davon aus, dass Aldi und Lidl im Kampf um Marktanteile bereit sind, Margenverluste hinzunehmen. Die Frage ist nur: wie lange?