Das menschliche Immunsystem ist eigentlich ein hervorragendes Schutzinstrument. Viele Viren, Bakterien und Pilze bekämpft es gezielt, ehe sie eine ernsthafte Bedrohung darstellen; Schadstoffe aus der Umwelt kann es neutralisieren und sich sogar Krankheitserreger merken, um sie nach einer ersten Infektion noch schneller zu bekämpfen. Sobald ein Eindringling auftaucht, schlägt es Alarm und schickt seine Privatarmee an Helfer- und Killerzellen in den Kampf.
Problematisch wird es, wenn der Alarm ohne wirkliche Gefahr losgeht und die Einsatztruppen nicht gegen Eindringlinge, sondern gegen unschuldige körpereigene Zellen vorgehen. Passiert das, fällt das unter die Kategorie "Autoimmunerkrankungen". Das Immunsystem richtet sich gegen das, was es schützen soll. Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Schuppenflechte und Morbus Crohn lassen sich darunter verbuchen.
Derlei Erkrankungen gelten eigentlich als kaum heilbar. Doch es gibt Hoffnung: Seit Jahren arbeiten Forscher:innen an Zelltherapien. Eine chinesische Forschungsgruppe konnte nun einen neuen Behandlungsansatz entwickeln – und erfolgreich testen.
Ein Hoffnungsträger im Kampf gegen Autoimmunerkrankungen sind sogenannte CAR-T-Zellen. Dabei handelt es sich um genetisch veränderte Immunzellen, T-Zellen, die einem Patienten zuvor entnommen wurden. Die modifizierten Zellen sind imstande, sogenannte B-Zellen zu erkennen und zu zerstören, die wiederum bei der Entstehung von Autoimmunerkrankungen eine Rolle spielen. Das Verfahren wird bereits seit Jahren erforscht.
Ein chinesisches Forschungsteam hat nun eine Studie in der Fachzeitschrift "Cell" veröffentlicht, in der drei Patient:innen mit Autoimmunerkrankungen CAR-T-Zellen bekommen haben. Und das Ergebnis: nach der Therapie gab es deutliche gesundheitliche Verbesserungen.
Interessant dabei ist, dass die Forscher:innen die CAR-T-Zellen nicht aus den Zellen der Patienten hergestellt haben, sondern Spenderzellen von einer gesunden Person verwendeten. Bei allen drei Behandelten stoppte innerhalb von Wochen die Autoimmunerkrankung.
Die Arbeit mit Spenderzellen könnte die Therapie von Autoimmunerkrankungen deutlich erleichtern. "Zum einen könnten gesunde Zellen eine erhöhte Fitness haben. Außerdem könnte man sie auf Vorrat oder kurzfristig herstellen und nutzen", sagt Ulrich Blache vom Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie zur "Tagesschau".
Wobei es einen Haken bei Spenderzellen gibt: Sie können heftige Abstoßungsreaktionen auslösen. Doch die chinesischen Forscher:innen konnten diese so modifizieren, dass es eben nicht dazu kam.
Bereits eine Zellspende würde etwa reichen, um hunderte Therapien zu ermöglichen, schreiben die Autor:innen der chinesischen Studie. Denn bisher wird noch jede einzelne Therapie quasi in Handarbeit für die jeweiligen Patient:innen hergestellt. Eine Behandlung mit CAR-T-Zellen ist entsprechend teuer und aufwändig.
Die Studie stellt einen wichtigen Schritt im Kampf gegen Autoimmunerkrankungen dar. Nun ist, wie so häufig, weitere Forschung nötig, um sie weiter zu optimieren. Es gilt vor allem, zu beobachten, ob es bei der Behandlung mit Spenderzellen ungewünschte Nebeneffekte geben wird.