Für Männer und trans* Frauen, die Sex mit Männern haben, gab es in Australien lange Zeit strenge Regeln. Betroffene durften bislang nur Blut und Plasma spenden, wenn sie in den vergangenen drei Monaten keinen Geschlechtsverkehr mit Männern hatten. Praktisch bedeutete das für die Betroffenen: Wer nicht ein Vierteljahr enthaltsam leben wollte, durfte auch nicht zur Blutspende gehen.
Hintergrund der Regelung ist, dass Männern, die Sex mit Männern haben, statistisch gesehen ein höheres Risiko für eine HIV-Übertragung zugeschrieben wird. Damit nicht das Blut einer infizierten Person (unwissentlich) an eine andere Person weitergegeben wird, mussten sich schwule und bisexuelle Männer sowie trans* Personen lange Zeit an die Sonderregel halten.
Aus der LGBTQIA+-Community gab es daran allerdings schon lange Kritik, weil die Regel pauschal Männer, die Sex mit Männern haben, vom Spenden ausschloss – unabhängig von ihrem tatsächlichen Risikoverhalten oder ihrer individuellen Sicherheit. Dadurch wurden Menschen allein aufgrund ihrer sexuellen Orientierung anders behandelt, was viele als diskriminierend empfanden.
Damit soll nun aber Schluss sein. Wie die nationale Blutspende-Organisation Lifeblood Australia vor wenigen Tagen bekannt gab, werden die meisten der bisher geltenden Wartefristen ab dem 14. Juli 2025 wegfallen. Umfangreiche Forschungs- und Modellrechnungen hätten gezeigt, dass diese Änderung keine Auswirkungen auf die Sicherheit der Plasmaversorgung haben werde, heißt es auf der Website von Lifeblood, das zum australischen Roten Kreuz gehört.
"Wir freuen uns, ab nächsten Monat mehr Menschen aus der gesamten Community in unseren Spenderzentren begrüßen zu können", wird Jo Pink, ärztlicher Direktor bei Lifeblood, in der Mitteilung zitiert. Die Änderung käme zu einem wichtigen Zeitpunkt, da Plasma für australische Patient:innen mittlerweile die am meisten benötigte Spendenart sei.
Nach seiner Einschätzung waren von der bisherigen Regelung rund 600.000 Menschen betroffen. Mit der Aufhebung der dreimonatigen Wartefrist "rechnen wir nun damit, dass jedes Jahr zusätzlich 24.000 Spender und 95.000 zusätzliche Plasmaspenden geleistet werden".
Ab Mitte Juli sollen dann allen Spender:innen die gleichen Fragen zu ihren sexuellen Aktivitäten gestellt werden – ganz unabhängig des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung. Demnach werden künftig alle Menschen, die seit sechs oder mehr Monaten in einer monogamen Beziehung leben, zur Blutspende zugelassen.
Und auch Menschen, die noch nicht so lange in einer Beziehung leben oder wechselnde Partner:innen haben, dürfen laut Lifeblood künftig Blut spenden, sofern sie in den vorangegangenen drei Monaten keinen Analverkehr hatten.
In Deutschland ist die Blutspende für homo- und bisexuelle Männer schon 2023 erleichtert worden. Mit der Änderung der Blutspende-Richtlinie der Bundesärztekammer darf seitdem die sexuelle Orientierung und die Geschlechtsidentität keine Rolle mehr bei der Risikobewertung spielen. Zuvor galt es bereits als Risiko, wenn ein Mann in den vorangegangenen drei Monaten Sex mit einem Mann hatte.