Die moderne Medizin hat in den vergangenen Jahrzehnten Millionen von Menschenleben gerettet. Pharmakologische Entdeckungen und die Weiterentwicklung von Heilmethoden haben ein Arsenal an Werkzeugen und Medikamenten hervorgebracht, die Krankheiten und Verletzungen heilen, die für unsere Vorfahren noch Todesurteile waren. Vor allem nach operativen Eingriffen sind wir besonders anfällig.
Dabei übersieht die Schulmedizin immer wieder die menschliche Komponente bei Heilungsprozessen. "Weiche" Faktoren fallen in der wissenschaftlichen Fachdisziplin oft unter den Tisch. Oft bieten sich allerdings einfache Lösungen an, um mit geringem Aufwand gute Ergebnisse zu erzielen.
Nun haben sich Forscher einer bisher unterschätzten Methode gewidmet. Und verblüffende Resultat entdeckt.
Die meisten Menschen haben das Hilfsmittel für eine schnellere Genesung in jeder Lebenslage griffbereit: Musik. Sie kann dabei helfen, nach Operationen vielfältige Vitalfunktionen zu stabilisieren. Dazu gehört die Linderung von Schmerzen, der Umgang mit Ängsten und zahlreiche messbare Werte.
Ermittelt wurde das von Wissenschaftlern der California Northstate University in den USA. Sie verglichen 35 bereits bestehende klinische Studien und zogen ein überraschend positives Fazit aus den Erkenntnissen.
So können musikalische Impulse messbar das Schmerzempfinden von Operationspatient:innen lindern. Der Meta-Analyse zufolge benötigten Patient:innen nach einem Eingriff nur 0,758 Milligramm, wenn sie danach Musik nach ihrem eigenen Geschmack hören durften, im Vergleich zu 1,654 Milligramm bei Menschen ohne Musik-Session nach der OP.
Dasselbe Bild ergaben die anschließenden Patientenbefragungen. Hier lag die Kontrollgruppe rund 19 Prozent über der Experimentalgruppe beim empfundenen Schmerzlevel.
Das Wissenschaftsmagazin "Scinexx" zitiert Co-Autor Shehzaib Raees: "Wenn man Musik hört, kann man sich ablenken und entspannen." Dabei spielt die Psyche eine wichtige Rolle.
Denn Musik diente den Patient:innen als Stimulus zum Abbau von Ängsten und Stress. Wer in einer Klinik voller Fremder von einer Vollnarkose aufwacht, hat nämlich selten das Gefühl von Wohlbefinden. Laut der Studie leiden Patient:innen mit musikalischer Unterstützung um drei Prozent weniger an Ängsten und Stress nach einem Eingriff.
Diese positiven psychischen Effekte schlagen sich unter anderem in einer geringeren Herzfrequenz nieder. Das Hören von Musik führte hier zu 4,5 Herzschlägen weniger pro Minute. Das zieht einen ganzen Rattenschwanz an positiven Nebenwirkungen nach sich. Demzufolge sinkt das Risiko für Vorhofflimmern in den Herzkammern.
Außerdem zirkulieren bei den Musikhörer:innen Sauerstoff und Nährstoffe besser im Organismus. Diese können in der Folge die Wundheilung beschleunigen. Besonders wurden diese verbesserten Vitalwerte in den operierten Körperregionen gemessen.
Bisher wurden nur Teile der Meta-Studie von der California Northstate University veröffentlicht, mehr Details dürften also folgen. Diese soll auch einen Pfad zu Folgeuntersuchungen weisen. Denn präzise Untersuchungen, welche Musikrichtungen sich medizinisch wie auswirken, wurden noch nicht angestellt.