"Längst überfällig": Österreich stellt Dickpics unter Strafe
Nicht jede Grenzüberschreitung verlangt nach körperlicher Nähe. Manche dringen durch den Bildschirm, unvermittelt, schamlos. Sie setzen auf Überraschung und Schock, auf die Unmöglichkeit, sich rechtzeitig zu wehren. Fremde dringen in einen Raum ein, der eigentlich geschützt sein sollte: die eigene Privatsphäre.
Seit dem 1. September ist in Österreich eine Praxis strafbar, die vielen Menschen, vor allem Frauen, nur zu vertraut ist: das ungefragte Zusenden von Fotos, die Genitalien zeigen – sogenannte "Dickpics". Wer solche Bilder verschickt, riskiert künftig eine Haftstrafe von bis zu sechs Monaten.
Dickpicks via Mail, SMS, Airdrop, Bluetooth sind verboten
Das Verbot geht auf eine Initiative der Bundesregierung zurück, die das Vorhaben Mitte Juni auf den Weg gebracht hatte. Der Nationalrat und der Bundesrat stimmten noch vor der Sommerpause zu, wie das Parlament am 31. August bekannt gab. Justizministerin Anna Sporrer (SPÖ) sprach in einer Pressemitteilung von einem "längst überfälligen Schritt".
Sie begründete: "'Dickpics' ungefragt aufs Handy zu bekommen, ist ein invasiver Übergriff in die Privatsphäre und löst bei Betroffenen neben Ärger oft auch Hilflosigkeit, Ekel und Scham aus."
Rechtlich präzisiert das Gesetz, dass Genitalbilder strafbar sind, wenn sie ohne Einverständnis und mit dem Ziel der Belästigung übermittelt werden. Einvernehmliche Kommunikation bleibt straffrei. "Die bloße Präsenz auf einer Datingplattform stellt allerdings noch kein Einverständnis dar", heißt es beim Justizministerium.
Erfasst sind sämtliche digitalen Wege: Sofortnachrichten, Postings, SMS, MMS, E-Mail, aber auch Übertragungen via Airdrop, Bluetooth oder Fax.
Österreich setzt EU-Richtlinie um
Die Strafbarkeit gilt nicht nur für Fotos männlicher, sondern auch weiblicher Geschlechtsorgane. Ausgenommen sind sekundäre Merkmale wie Brüste. Erfasst werden zudem manipulierte oder mit künstlicher Intelligenz erzeugte Bilder, sofern sie realistisch dargestellte Genitalien zeigen.
Die Maßnahme setzt eine EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt um. Schon die frühere Koalition aus ÖVP und Grünen hatte ein Verbot angekündigt, aber nicht mehr umgesetzt. Nun fand die Novelle breite Mehrheit: ÖVP, SPÖ, Grüne und NEOS stimmten zu.
Ähnliche Verbote gibt es längst auch in anderen Ländern. In England und Wales etwa ist "Cyberflashing" seit 2024 ein Straftatbestand. Mit der österreichischen Regelung reiht sich das Land nun in eine Reihe europäischer Staaten ein, die klarstellen: Digitale Belästigung ist kein Kavaliersdelikt.