Schizophrenie-Behandlung: Magnetstimulation kann Stimmen stoppen
Psychische Erkrankungen gehören zu den großen medizinischen Herausforderungen unserer Zeit. Sie verlaufen oft chronisch, ihre Ursachen sind vielschichtig, und die Behandlung ist für viele Betroffene ein jahrelanges Ringen zwischen Hoffnung und Rückschlägen. Medikamente lindern Symptome, doch Nebenwirkungen sind häufig. Psychotherapie hilft, ist aber nicht für alle wirksam. Forscher:innen suchen also nach Alternativen.
Nun liegt erstmals ein wissenschaftlich gesicherter Beleg vor, dass Menschen mit Schizophrenie von einer Behandlung mit elektrischen oder magnetischen Impulsen profitieren können. Und zwar bei einem der quälendsten Symptome dieser Krankheit: den Stimmen im Kopf.
TMS-Therapie kann bei Schizophrenie helfen
Eine große klinische Studie an sieben psychiatrischen Universitätskliniken in Deutschland hat den Beweis geliefert, dass die Transkranielle Magnetstimulation (TMS) eine wirksame und sichere Therapiemöglichkeit für Menschen ist, die aufgrund von Schizophrenie Stimmen hören. Veröffentlicht wurden die Ergebnisse, die unter Leitung des Universitätsklinikums Tübingen entstanden, in der Fachzeitschrift "The Lancet Psychiatry".
Bei der Behandlung wird durch eine elektrische Spule eine Serie magnetischer Impulse erzeugt, die gezielt Hirnareale ansprechen, die für Sprache und Sprachverstehen zuständig sind. Studienleiter Christian Plewnia erklärt gegenüber dem SWR:
Über zehn Jahre hinweg wurde TMS an 138 Erwachsenen getestet, die an hartnäckigem Stimmenhören litten. Drei Wochen lang erhielten sie entweder 15 Sitzungen mit der echten Magnetstimulation oder eine Scheinbehandlung.
Das Ergebnis war eindeutig: "Die tägliche Stimulation führt dazu, dass sich diese Balance der Hirnaktivität wieder herstellt, die normalerweise dazu führt, dass man keine Stimmen hört beziehungsweise keine Depression hat", sagt Plewnia.
TMS-Therapie bei Schizophrenie bleibt ohne Nebenwirkungen
Die Methode ist medikamentösen Behandlungen insofern überlegen, als sie nur die betroffenen Hirnareale beeinflusst. Der übrige Körper bleibt unberührt, Nebenwirkungen wie bei Tabletten treten nicht auf.
Auch die Frage nach unerwünschten Effekten durch die Stimulation anderer Hirnregionen wurde untersucht, Hinweise darauf fanden sich nicht.
Die Studie zeigt, dass Stimmen sogar ganz verschwinden können und die Wirkung teils lange anhält. Kommt es zu Rückfällen, könne die Behandlung unkompliziert wiederholt werden, meint Studienleiter Plewnia.
Nun aber gehe es darum, die Methode "aus dem Elfenbeinturm zu holen: Der wissenschaftliche Nachweis in Form einer großen multizentrischen, randomisierten klinischen Studie ist erbracht". Daraus müssten Konsequenzen folgen.
Plewnia zufolge wird daran gearbeitet, die Magnetstimulation in die klinischen Leitlinien aufzunehmen und sie als Kassenleistung zu etablieren. Bislang zahlen gesetzliche Versicherungen nur im stationären Kontext bei Depressionen, während ambulante Behandlungen privat zu tragen sind.
Doch auch hier könnte sich bald etwas ändern. Eine weitere große Studie zur Behandlung schwerer Depressionen mit TMS soll noch in diesem Jahr abgeschlossen werden.