Studie zu Stress: Unsere Nase könnte die Lösung für ein großes Problem sein
Der moderne Alltag ist schnell, laut und oft überwältigend – kein Wunder, dass Stress für viele längst zum ständigen Begleiter geworden ist. Was früher kaum Beachtung fand, wird heute immer mehr als ernstzunehmende Belastung für Körper und Geist erkannt. Schlafstörungen, Burnout oder Herzprobleme sind nur einige der Folgen, die Stress zur Volkskrankheit machen.
Doch so präsent das Thema ist, so schwer greifbar bleibt es. Denn Stress hat auf den Menschen oft unterschiedliche Auswirkungen: Was die einen antreibt, bringt die anderen an ihre Grenzen. Außerdem gibt es gesunden und ungesunden Stress. Die Forschung steht vor der Herausforderung, das komplexe Phänomen Stress wirklich zu verstehen.
Umso bemerkenswerter ist, was Forscher:innen nun herausgefunden haben: Stress kann man am Gesicht ablesen – mit einer Wärmebildkamera.
Studie: Nase kann Stress anzeigen – Temperatur sinkt
Mit dieser Kamera werden dann gleich mehrere Entwicklungen in Stresssituationen sichtbar. Die Temperatur wandert quasi – von der Nase in andere Gesichtsregionen.
Das haben Psycholog:innen der Universität von Sussex laut dem Sender BBC in einer Studie herausgefunden. Sie setzten Teilnehmer:innen eines Experiments Stresssituationen aus, etwa indem diese sich unter Zeitdruck auf Vorträge vorbereiten mussten, und filmten das Ganze mit einer Wärmebildkamera.
Das Ergebnis: Die Nase der Proband:innen wurde kälter. Gleichzeitig stieg die Temperatur der Augen und Ohren, weil mehr Blut dorthin umgeleitet wurde.
Wie eine BBC-Reporterin schreibt, die selbst am Experiment teilnahm, sank die Temperatur ihrer Nase um zwei Grad, bei anderen Proband:innen seien es gar drei bis sechs Grad gewesen. Nach wenigen Minuten habe sich dieser Effekt jedoch wieder eingestellt und die Nasentemperatur sei normal gewesen.
Depressionen und Angst: Nase und Wärmekamera könnten helfen
Der BBC zufolge handele es sich um eine körperliche Reaktion – um in Stress- und Gefahren-Situationen besser sehen und hören zu können.
Faszinierend – und eine hilfreiche Entdeckung. Denn Projektleiterin Gillian Forrester zufolge könne dieser Stresseffekt auf Nasen ein "objektives Maß" dafür sein, "wie gut jemand seinen Stress regulieren kann".
Vor allem gäbe es mithilfe von Wärmebildkameras nun ein nicht-invasives Verfahren zur Messung von Stressreaktionen im Körper. Das könnte etwa hilfreich sein bei der Ermittlung von Stress bei Babys oder bei anderen Menschen, die nicht kommunizieren können.
Doch das ist womöglich nur der Start. Forrester schwebt auch vor, dass mithilfe der Ergebnisse "Risikomarker für Angstzustände oder Depressionen" entwickelt werden könnten – etwa wenn die Nase einer Person "ungewöhnlich langsam" darin ist, ihre Temperatur wiederzuerlangen.
Und das könnte wiederum hilfreich dabei sein, Menschen mit diesen Krankheiten zu helfen.
Auch bei Affen kann Stresseffekt nachgewiesen werden
Wie die BBC schreibt, könnte die Methode nicht nur Menschen helfen. Auch bei einigen Primaten würde sie funktionieren, da vielen von ihnen diese thermische Stressreaktion angeboren sei.
Die Forscher:innen würden derzeit den Einsatz in Schutzgebieten für Menschenaffen entwickeln. Die neuen Ergebnisse könnten bei der Erkenntnis helfen, wie bei Tieren Stress reduziert und das Wohlbefinden verbessert werden kann – vor allem bei solchen, die möglicherweise aus traumatischen Situationen gerettet wurden.
Forresters Team habe bereits festgestellt, dass das Zeigen von Videomaterial von Babyschimpansen auf erwachsene Schimpansen beruhigend wirkt. Nachgewiesen wurde dieser Effekt mithilfe eben dieser Wärmebildkameras, welche die Temperaturwanderung im Gesicht der Primaten beobachteten.
Weniger Stress für Mensch und Tier: Ein hehres Ziel, dem die Wissenschaft nun einen Schritt näher ist. All das nur durch Wärmebilder von Nasen, die statt rot auf einmal orange sind.