
Optimale Hautpflege, die man sich leisten kann: Das war das Ziel von Caroline R. Kroll.Bild: Elizabeth Shrier Photography / Elizabeth Shrier
Interview
Ein Gespräch mit Gründerin Caroline R. Kroll über Drogeriemarkt-Durchbrüche, ehrliche Kommunikation, ihren Vater als Businesspartner – und warum Black Friday bei No ein No-Go bleibt.
02.07.2025, 19:1203.07.2025, 09:16
Wer sich für Skincare interessiert, kommt an dieser Marke kaum vorbei: Die bunten Produkte von No Cosmetics sind längst Stammgast in vielen Badezimmerschränken.
Dahinter steckt Caroline R. Kroll, die mit 22 Jahren etwas Mutiges gemacht hat: ohne Investor:innen, ohne Businessplan, dafür mit Bauhaus-Spanplatte und einer Marmorfolie für das erste Instagram-Foto.
Heute steht die Marke der mittlerweile 29-Jährigen in vielen Regalen bekannter Drogerie-Ketten. No Cosmetics verspricht, auf Tierversuche und Greenwashing zu verzichten und lieber das zu machen, "was sich richtig anfühlt".
Ein Gespräch mit watson über ehrliche Hautpflege, Haltung im Alltag und warum Caroline am Black Friday lieber abschaltet, als Rabattcodes an die Community zu verteilen.
watson: Wie kam es damals zur Gründung von No Cosmetics?
Caroline R. Kroll: Ich habe zusammen mit meinem Vater und dem Hersteller bb med die Marke als Joint Venture gegründet. Die Idee kam, weil wir nichts im Drogeriemarkt gefunden haben, was uns überzeugt hat. Ich bin in einem kleinen Dorf aufgewachsen und das Spannendste dort war, in den Drogeriemarkt zu gehen. Als Teenagerin wollte ich einfach ein cooles, buntes Produkt kaufen, das in mein Budget passt und mein Vater meinte damals zu mir nur: "Das ist alles Müll, da kannst du dein Geld direkt in die Mülltonne hauen."
Joint Venture
Ein Joint Venture ist eine Partnerschaft zwischen zwei oder mehr rechtlich unabhängigen Unternehmen zur Verfolgung eines gemeinsamen Ziels – etwa der Entwicklung eines neuen Produkts, einer neuen Dienstleistung oder der Erschließung eines neuen Marktes.
Wie ging es dann los?
Ziemlich unromantisch. Wir haben mit der Entwicklung der Produkte im Keller begonnen. Ich habe mir im Bauhaus eine Spanplatte gekauft, Marmorfolie draufgeklebt, mit meinem Handy Fotos gemacht und die auf Instagram gepostet. Kein Plan, keine Workshops, also einfach nur gemacht. Ich hab stundenlang dm-Haul-Videos geguckt und gehofft, dass wir irgendwann mal in einem auftauchen. Sind wir natürlich nie. Ich habe dann oft einfach darunter kommentiert und so die Marke immer sichtbarer gemacht.
Wenn du zurückblickst: Welche Hürden gab es beim Einstieg in den Drogeriemarkt?
In den Drogeriemarkt zu kommen, ist schwer, aber drin zu bleiben noch schwerer. Wer ein gutes Produkt hat, kann pitchen, denn Ketten wie Rossmann oder Müller sind offener, als viele denken. Aber du brauchst einen echten Mehrwert. Wir hatten keinen Promi im Rücken, der alles lostritt, wir mussten uns Sichtbarkeit hart erarbeiten. Es war herausfordernd, aber machbar. Auch ohne große Namen.
Warum habt ihr euch gegen Investor:innen oder Promis entschieden?
Weil wir frei sein wollten. Mein Vater und ich sind beide sehr eigensinnig. Wir wollten Entscheidungen treffen, ohne jemandem Rechenschaft schuldig zu sein. Wir wollten das tun, was wir für richtig halten. Das war uns wichtiger als schnelles Wachstum.
"Er zeigt mir: Es gibt eine Welt da draußen, der das alles völlig egal ist."
Und wie ist das für euch im Business?
Klar, nicht immer einfach. Wir sind zum richtigen Familienbusiness geworden, also mein Vater, meine Mutter, meine Schwester und ich. Aber meine Schwester und ich trennen das zum Beispiel super strikt. Wenn wir uns anrufen, heißt es: "Hey, ich habe eine Frage als Schwester" oder "Hey, ich habe eine Frage an dich als Chefin". Man muss das bewusst trennen, sonst wird es irgendwann zu viel.

Seit ihrer Marketingausbildung lebt die 29-jährige Unternehmerin in Berlin.Bild: No Cosmetics / Jörg Klaus
Du bist verheiratet. Wie klappt hier die Balance?
Mein Partner hat mit dieser ganzen Beauty-Welt nichts am Hut. Ich zeige ihm ein neues Video und er guckt nach drei Sekunden weg (lacht). Er versteht die ganzen Trends nicht und das ist total gut so. Weil er mich immer wieder runterholt. Er zeigt mir: Es gibt eine Welt da draußen, der das alles völlig egal ist. Und das relativiert so viel. Die Community nennt ihn inzwischen liebevoll Mr. No Cosmetics. Und das ist er irgendwie auch, der geerdete Ruhepol für mich neben dem ganzen Trubel.
Was war dein bisher härtester Moment?
Da gab es einige und das ist auch ganz normal, wenn man ein Business gründet! Aber was bei mir wirklich hängen geblieben ist: Wir wollten zwei Produkte launchen und eins davon ist kurz vorher gekippt. Und wir standen da und dachten: "Sagen wir es einfach nicht?" Dann war es aber bereits im alverde-Magazin abgedruckt.
Also habe ich ein Statement aufgenommen und das ehrlich erzählt. Das war schmerzhaft: finanziell und emotional. Aber danach kamen so viele Nachrichten von Leuten aus der Branche, die meinten: "Krass, das passiert uns auch, aber wir dürfen nicht darüber sprechen." Und das war für mich so ein Moment: Ehrlichkeit lohnt sich.
"Dieses blinde Kaufen, das ist nicht das, wofür wir stehen wollen."
Eure Werte zieht ihr ja sehr konsequent durch. Wie lebt ihr das im Alltag?
Toleranz ist bei No Cosmetics keine Floskel. Bei uns kann jede Person so arbeiten, wie sie ist. Egal ob Mutter, alleinerziehend, queer oder mit Therapie-Terminen. Wir wollen, dass sich Menschen gesehen fühlen: In der Werbung verzichten wir bewusst auf Models und Stereotypen, im Team setzen wir auf Ehrlichkeit, in der Kommunikation auf Transparenz. Deshalb launchen wir zum Beispiel kein Regenbogenprodukt im Juni, weil wir nicht wollen, dass queere Sichtbarkeit wieder verschwindet, sobald der Pride Month vorbei ist.
Ihr macht auch am Black Friday alles dicht – warum?
Weil es mir nicht um Rabatte geht, sondern um den Konsumrausch dahinter. Ich hatte mal eine Nachricht von einer Person, die meinte, sie hat unsere Seite dreimal refreshed, bis sie gemerkt hat, dass wir bewusst geschlossen haben und plötzlich realisiert, was da eigentlich mit ihr passiert. Das war so ein Aha-Moment. Dieses blinde Kaufen, das ist nicht das, wofür wir stehen wollen.
Gemeinsam mit Leon aka xskincare habt ihr zusammen Produkte entwickelt. Wie kam es denn dazu?
Leon ist eigentlich kein Influencer, sondern Kosmetikentwickler. Er wollte ein richtig gutes Produkt in die Drogerie bringen, das auch kostengünstig ist und wir haben gesagt: Lass uns das gemeinsam machen. Es war kein klassisches Influencer-Branding, sondern echte Co-Entwicklung. Deshalb war Leon auch zusammen mit unserer Laborleitung im Labor und hat nicht nur "ausgesucht", sondern wirklich selbst entwickelt.
Wird da in Zukunft noch etwas auf uns zukommen?
Vermutlich nicht. Leon hatte beim letzten Launch-Event verkündet, dass er sich aus der Produktentwicklung rausziehen wird.
"Bleib dran, denn nichts passiert über Nacht, egal wie leicht es bei anderen aussieht."
Du wirst zunehmend zum Gesicht der Marke. Wie geht es dir damit?
Ich empfinde keinen Druck, sondern bin stolz, das nach außen tragen zu können. Ich bleibe einfach authentisch, ohne Retusche, so wie ich wirklich aussehe. Mal gibt es gute Fotos, mal nicht, aber das ist okay. Früher war mir das wichtiger, heute stehe ich da viel entspannter zu und freue mich sehr über den Erfolg.
Was gibst du jungen Gründer:innen mit auf den Weg?
Wenn ich drei Tipps geben müsste, dann diese: Nimm dich selbst ernst und steh für deine Ideen ein. Bleib dran, denn nichts passiert über Nacht, egal wie leicht es bei anderen aussieht. Und: Hol dir Hilfe. Du bist nicht allein, und garantiert nicht die erste Person, bei der mal etwas schiefläuft. Das gehört dazu.