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Interview

"Die Münchner Psychologin" spricht über die Gen Z und die Vier-Tage-Woche

Laura Klimecki berät Führungskräfte und verrät ihnen, wie sie gezielt besser werden.
Laura Klimecki berät Führungskräfte und verrät ihnen, wie sie gezielt besser werden.bild: die münchner psychologin
Interview

Laura Klimecki coacht Führungskräfte – hier spricht sie über die Gen Z und Fehler der Chefs

19.01.2025, 13:35
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Laura Klimecki ist Psychologin. Sie coacht und betreut Führungskräfte. Und gibt auf Instagram, Tiktok und in ihrem Podcast als "Die Münchner Psychologin" Tipps für ein besseres Arbeitsleben.

Im watson-Interview spricht sie über Vorurteile über die Gen Z, Probleme in Chefetagen und einen Fehler, der in Deutschland viel zu oft gemacht wird.

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watson: Laura, wird die Debatte über die Arbeitsmoral der Gen Z zu hitzig geführt?

Laura Klimecki: Bei jeder Führungskraft, die sich über die junge Generation aufregt, stelle ich immer eine Frage: "Haben sich deine Eltern auch über dich aufgeregt?"

Und meistens ist die Antwort Ja?

Exakt. "Früher war alles besser" haben schon unsere Urgroßeltern gesagt. Wir sollten deshalb nicht in dieselbe Falle tappen, weil wir keinen Bock haben, uns mit der neuen Generation auseinanderzusetzen. Oft wollen Führungskräfte, dass junge Menschen so ticken wie sie selbst. Die Frage ist für mich daher: Was hätte ich mir damals aktiv von meinen Eltern gewünscht, um besser verstanden zu werden?

Dass sie zuhören.

Und verstehen, was mir persönlich wichtig ist. Als Führungskraft sollte es darum gehen, erst mal Verständnis zu generieren. Dazu kann man drei konkrete Fragen stellen: Was darf auf gar keinen Fall passieren? Was möchtest du gerne haben? Und was ist für dich verhandelbar beziehungsweise wo siehst du Lösungsansätze, die dir wichtig sind und passend für die Gesamtsituation erscheinen? Diese Transferleistung müssen Mitarbeiter und Führungskräfte gemeinsam erbringen. Sich nur beim eigenen Chef zu beschweren, hilft nicht und reicht vor allem nicht.

"Die Gen Z sehnt sich genauso nach Sinn und Zweck in ihrer Arbeit wie jede andere Generation."

Gibt es Dinge, die junge Menschen sich besonders oft wünschen?

Junge Menschen wünschen sich mehr Agilität, Flexibilität und Digitalisierung. Was sie heute verständlicherweise nicht mehr akzeptieren wollen, ist, dass man auf einem normalen Amt in der Schlange stehen muss, um ein Formular auszufüllen, das man genauso einfach hätte online ausfüllen können.

Und inhaltlich?

Die Gen Z sehnt sich genauso nach Sinn und Zweck in ihrer Arbeit wie jede andere Generation. Was mir persönlich aufgefallen ist, ist, dass genau das häufig bei jungen Menschen fehlt.

Siehst du einen Weg, das zu ändern?

Zuerst müssen wir erklären, woher das Problem kommt. Wir reden über Menschen, eine Generation, die erwachsen geworden ist in einer Zeit, in der sie auf Knopfdruck fast jegliches Bedürfnis befriedigen konnte. Wer Hunger hat, öffnet eine App, bestellt und eine halbe Stunde später ist das Essen da. Wer ein Date möchte, swiped lange genug hin und her und innerhalb von zwei bis drei Tagen hat man in der Regel ein Date. Das Problem ist, dass diese Generation denkt, dass es genauso schnell mit dem Job laufen sollte. Das ist nicht der Fall.

Wie wirkt sich das aufs Berufsleben aus?

Die Frustrationstoleranzgrenze ist unglaublich niedrig. Wenn ich es gewohnt bin, auf Knopfdruck alles zu bekommen, finde ich es super frustrierend, wenn ich auf einmal eine Woche oder einen Monat oder vielleicht sogar ein halbes Jahr Probezeit warten muss, bevor ich etwas bekomme, was ich instinktiv gefordert habe. Und genau das ist im Job die größte Herausforderung. Das, was tatsächlich Sinn stiftet, das, was tatsächlich ein erfülltes Leben ausmacht, sind tiefgründige Beziehungen, spezialisiertes Fachwissen, eine selbst aufgebaute erfolgreiche Karriere. Und die braucht Zeit. Das ist das, was die jüngere Generation oft nicht so bereitwillig hergibt wie die Älteren.

Laura Klimecki betreut Führungskräfte.
Laura Klimecki betreut Führungskräfte. bild: die münchner psychologin

Wie sollten Führungskräfte darauf reagieren?

Ehrlich und authentisch. Junge Menschen sollten durch ihren Chef erkennen, dass kein einziger Erfolg jemals über Nacht entstanden ist. Jede erfolgreiche Person hat Höhen und Tiefen erlebt und ist deshalb gewachsen und erfolgreicher geworden, weil sie hingefallen und wieder aufgestanden ist.

Du sprichst hier ja über Menschen, die gerne und schnell Karriere machen wollen. Der Gen Z wird oft nachgesagt, das gar nicht vorzuhaben.

Ich bin überzeugt, dass es in jeder Generation alles gibt. Diejenigen, die gerne Karriere machen wollen, und diejenigen, die eine gute Work-Life-Balance haben möchten. Was wir nicht aus den Augen lassen dürfen, ist die Tatsache, dass die ältere Generation uns den Weg geebnet hat, jetzt für die neue Generation deutlich mehr Annehmlichkeiten zu fordern und zu nutzen, weil sie da sind. Wir hatten vorher nicht die Option, dass alles super digital gelaufen ist. Jetzt läuft es digital – und wir beschweren uns gleichzeitig, dass die Kompetenz, damit umzugehen, nicht vorhanden ist. Wir müssen also irgendwo hier noch mal aufräumen.

"Es ergibt mehr Sinn, die Ergebnisse der Arbeit zu bewerten, nicht die Anzahl der gearbeiteten Stunden."

Was denkst du über die Vier-Tage-Woche?

Ich kenne die Ergebnisse aus Island, wo gerade die Wirtschaft nach der Einführung wächst. Ich glaube, das Dümmste, was man tun kann, ist, einfach eine Vier-Tage-Woche ohne Plan einzuführen. Man muss überlegen, was man testen will. Und als Firma dann die Ergebnisse anschauen. Klar sollte aber sein: Es ergibt mehr Sinn, die Ergebnisse der Arbeit zu bewerten, nicht die Anzahl der gearbeiteten Stunden.

Welchen Fehler beobachtest du im Umgang mit jungen Menschen noch?

Einer der Hauptfehler, den Arbeitgeber machen, ist, dass sie junge Führungskräfte ins kalte Wasser werfen, ohne ihnen die richtigen Tools an die Hand zu geben. Genau deshalb mache ich Coachings. Wir müssen uns bewusst machen, dass heute sogar an der Uni der Stundenplan vorgegeben wird. Wie sollen junge Kollegen dann plötzlich ein ganzes Team organisieren? Das hat nichts damit zu tun, dass sich junge Menschen nicht den Hintern aufreißen. Aber man muss sie unterstützen. Und man sollte sie vor der Beförderung fragen, ob sie überhaupt Lust auf die Führungsaufgabe haben und den notwendigen Lernprozess.

Wie haben sich die Themen bei dir in den letzten zehn Jahren verändert?

Die Digitalisierung, gerade seit Corona, ist schon sehr präsent. Die ständige Erreichbarkeit, die ständigen Pushnachrichten verhindern, sich zu fokussieren. Es ist wichtig, die Leute nicht zu überfrachten und klar zu besprechen, wann man erreichbar ist und wann man konzentriert arbeiten kann. Dabei sind die Tools, die wir heute haben, toll. Es ist wie mit einem Chefkochmesser. Wenn du das ohne Einweisung in die Hand nimmst, ist die Gefahr groß, dass ich dich gleich ins Krankenhaus zum Nähen fahren muss. Aber wow, wird das Ergebnis gut, wenn dir jemand zeigt, wie man es unfallfrei benutzt.

"Sich die Zeit zu nehmen, über Optimierungen nachzudenken, darin liegt der Schlüssel."

Die deutsche Wirtschaft steht gerade vor großen Herausforderungen. Gibt es ein Problem, über das du immer wieder den Kopf schüttelst?

Ja. Wir wollen alle die ganze Zeit, dass der Baum schneller umfällt, nehmen uns aber zu wenig Zeit zu checken, ob die Axt geschärft ist.

Wie meinst du das?

Es ist der Unterschied zwischen Effizienz und Effektivität. Effizient bin ich, wenn ich schnell die Leiter hochklettern kann. Effektiv bin ich, wenn sie sofort an der richtigen Stelle stand.

Und wie klappt es mit der Leiter?

Hast du dir heute Morgen überlegt, mit welcher Hand du die Zahnbürste hältst? Nein. Es kostet Kraft und Energie, mit Gewohnheiten zu brechen. Sich die Zeit zu nehmen, über Optimierungen nachzudenken, darin liegt der Schlüssel. Soll ich dir ein Beispiel für dich nennen?

Klar.

Du bist Chefredakteur, du musst bestimmt sehr viele Nachrichten lesen. Dafür brauchst du sehr viel Zeit. Wenn dir das bewusst wird, kannst du entscheiden, einen Speed-Reading-Kurs machen. Drei Monate später brauchst du nur noch die Hälfte der Zeit fürs Lesen. Und denkst dir: Warum habe ich das nicht schon vor zehn Jahren gemacht?

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