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Ukraine-Krieg: Reporterin beleuchtet die Rolle von Frauen in Kriegen

In der Ukraine gibt es viele Soldatinnen, die derzeit gegen die russischen Truppen kämpfen.
In der Ukraine gibt es viele Soldatinnen, die derzeit gegen die russischen Truppen kämpfen.dpa
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"Krieg ist nie nur Männersache": Doku-Podcast "Women in War" beleuchtet Rolle von Frauen in Kriegen

11.04.2022, 14:1208.06.2022, 17:19
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Der Krieg in der Ukraine hat ein männliches Gesicht: Es sind Männer wie der Despot Wladimir Putin, die ihn begonnen haben und männliche Heldenfiguren, wie der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, die kämpfen. Der Krieg ist das Gesicht von zahlreichen Soldaten, Politikern und Experten, die das Geschehen vermeintlich beeinflussen.

Doch in der ukrainischen Armee können auch Frauen anheuern: Laut Parlamentspräsidentin Olena Kondratiuk kämpften mehr als 13.500 ukrainische Soldatinnen seit Beginn des Kriegs in der Ukraine gegen prorussische Separatisten in der Ostukraine.

Manche davon sind noch ganz neu im Widerstand, andere wie die 42-jährige Olena Bilozerska sind Profis. Biolzerska wird laut Medienberichten der britischen Zeitung "TheSun" als "gefährlichste Scharfschützin der Ukraine" bezeichnet.

Die Rolle, die Frauen im Krieg spielen, ist unterschiedlich, doch ihre Geschichten bleiben meist im Schatten. Die vielen ukrainischen Frauen und Kinder auf der Flucht tauchen auf den Titelseiten meist nur als Symbol des Leids auf.

Doch wie geht es den ukrainischen Frauen und Mädchen auf den Fotos wirklich? Wie sieht ihr Leben aus und was macht der Krieg mit ihnen?

Julia Leeb erzählt zusammen mit ihrer Kollegin, der Journalistin Cosima Gill, in ihrem neuen Doku-Podcast "Women in War" beim Radiosender "Radio eins" verschiedenen Schicksale von Frauen in Krisen- und Konfliktgebieten auf der ganzen Welt. Den Anfang macht die Ukraine. Denn, wie es zur Einleitung der ersten Folge heißt: "Krieg ist nie nur Männersache."

Im Podcast treffen wir auf drei Frauen des Konflikts – in der Ukraine und in Russland: Olena, Lyubov und Xenia. Olena ist eine ukrainische Widerstandskämpferin. Im sechsten Monat schwanger kämpft sie trotzdem noch an der Front gegen Russland. Als Gründerin der "Ukrainian Women's Guard" hat sie auch ihre minderjährigen Kinder an den Waffen ausgebildet. Die 65-jährige Lehrerin Lyubov aus ihrem Versteck in Kiew kommt eben so zu Wort wie Xenia, eine junge Frau aus Russland, die gegen den Ukraine-Krieg ist, es aber nicht offen zeigen darf.

Julia Leeb, Autorin des Sachbuchs "Menschlichkeit in Zeiten der Angst", Fotojournalistin und seit über zehn Jahren Kriegsreporterin, war meist selbst vor Ort in den Krisengebieten, über die sie spricht. Sie recherchierte, interviewte War Lords und berichtet über die Brennpunkte unserer Zeit.

Wir haben Julia Leeb gefragt, wie ihre Arbeit aussieht, was der Krieg mit Menschen macht und warum man mehr über die Rolle der Frauen im Krieg berichten muss.

Julia Leeb bei der Aufzeichnung der ZDF-Talkshow 'Markus Lanz' im Fernsehmacher Studio im Phoenixhof. Hamburg, 16.05.2018
Julia Leeb zu Gast in einer Talkshow.Bild: Geisler-Fotopress / gbrci/Geisler-Fotopress

Julia Leeb sagt:

"Es fehlen in der Kriegsberichterstattung oft gerade die Menschen, die sich für den Alltag und für die Gemeinschaft einsetzen. Die kochen, die unterrichten, die heilen, die vergeben – die die Zukunft wieder möglich machen."

watson: Warum macht ihr einen Podcast über Frauen im Krieg? Warum ist es so wichtig, die Perspektive der Frauen im Krieg einzunehmen?

In meiner zehnjährigen Arbeit in Krisen- und Kriegsgebieten ist mir eine Lücke in der Kriegsberichterstattung aufgefallen. Aber eigentlich hat es schon viel früher begonnen: Ich habe mich viel mit Konfliktforschung während meiner Zeit in Ägypten auseinandergesetzt und dort sieht man, dass in diesem sehr patriarchalen Gefüge auch die Geschichtsbücher nichts anderes sind als eine Aneinanderreihung von Gewalttaten. Es ging eigentlich immer nur um das Beherrschen der anderen. Da haben Frauen immer nur eine Nebenrolle gespielt. Und in der Kriegsberichterstattung hat sich das fortgesetzt.

Inwiefern?

Man hat einen großen Teil der Kriegsberichterstattung ausgeklammert. Es fehlen oft gerade die Menschen, die sich für den Alltag und für die Gemeinschaft einsetzen. Die kochen, die unterrichten, die heilen, die vergeben – die die Zukunft wieder möglich machen. Und deswegen haben wir gedacht, wir drehen den Spieß um und zeigen die Kriege aus einer rein weiblichen Perspektive.

"In jedem Krieg spielt früher oder später sexualisierte Gewalt eine sehr große Rolle und das ist eine geschlechtsspezifische Gewalt."

Betrachtet ihr die Rolle der Frauen im Podcast nur aus Sicht der Kämpferin, oder auch als Opfer, beispielsweise von sexualisierter Gewalt?

Der Ukrainekrieg dauert noch nicht lange genug, als dass man die ganzen Zahlen dazu hätte. Aber in jedem Krieg spielt früher oder später sexualisierte Gewalt eine sehr große Rolle und das ist eine geschlechtsspezifische Gewalt. Wir befassen uns im Podcast mit ganz unterschiedlichen Konflikten in dieser Welt, aber es gibt wiederkehrende Muster und dazu gehört eben die sexualisierte Gewalt. Allein bis März sind laut UNO 1,7 Millionen Menschen aus der Ukraine geflohen, vor allem Frauen und Kinder. Aber auch die Flucht bedeutet eine sehr große Gefahr für Frauen und Kinder. In fast allen Kriegsgebieten gibt es Vergewaltigungen und wir wollten dem Phänomen auf den Grund gehen, woher diese Gewalt gegenüber Frauen kommt.

Wobei ja auch Männer im Krieg als Zeichen der Dominanz vergewaltigt werden.

Genau das ist in der Demokratischen Republik Kongo auch sehr ausgeprägt. Umso länger ein Krieg im Dunkeln wüten kann, umso schlimmer wird das. Der Kongo ist zum Beispiel einer der "most underreported conflicts", also sehr unterrepräsentiert in den Medien dafür, dass über 5,4 Millionen Menschen dort dem Krieg zum Opfer gefallen sind. Und dort ist die Vergewaltigung tatsächlich eine "Seuche" geworden, die von allen Kriegsparteien benutzt wird und sich jetzt auch gegen Männer richtet.

Wie habt ihr denn eure Protagonistinnen gefunden, beispielsweise jetzt im Ukraine-Krieg. Wart ihr vor Ort?

Dieser Krieg hat uns natürlich auch überrollt. Cosima, die besonders gut ist, was Social Media angeht, kann da wirklich schnell Leute kontaktieren, da staune ich immer. Und ich habe den Vorteil, dass ich in diesen ganzen Ländern schon unterwegs war und und oft ein Netzwerk vor Ort habe. Also kann ich jemanden anrufen und die sind eigentlich immer hilfsbereit und öffnen ihr Adressbuch. So haben wir dann Leute in Russland und in der Ukraine gefunden, die ihre Sicht schildern. Es ist auch wichtig für mich, im Podcast und in meiner Arbeit immer alle Seiten zu zeigen oder zu Wort kommen zu lassen. Das bedeutet nicht, dass ich alles gutheiße, aber ich möchte immer die Logik des anderen verstehen. Und deswegen gehe ich zum Beispiel zu den War Lords, obwohl sie gesuchte Kriegsfürste sind, aber ich möchte verstehen, warum sie so agieren.

"Ich finde mich jetzt nicht so besonders mutig."

Warum sollte man Kriegsverbrecher zu Wort kommen lassen?

Natürlich kommt es immer drauf an, aus welcher Sicht man das sieht. Aus der westlichen Sicht ist das ein gesuchter Kriegsfürst, aber aus seinem Blickwinkel hat er sich lediglich verteidigt. Es kommt immer drauf an, welche Perspektive man einnimmt.

Wie ist das dann im Gespräch? Musst du aufpassen, dass du nicht vermittelst, dass du sie vielleicht auch für Verbrecher hältst, weil es sonst vielleicht gefährlich für dich wird?

Man darf da jetzt nicht einfach so drauflos plappern. Und ich habe bei einem zum Beispiel eine falsche Frage gestellt. Ich habe gefragt, wie viel bewaffnete Leute er hat, da hat er das Gespräch sofort abgebrochen und war stinksauer. Je nachdem wo man ist, muss man die Gepflogenheiten kennen – dann kann man sie auch brechen. Aber in dem Fall kannte ich sie nicht.

Woher nimmst du den Mut, deine Arbeit zu machen?

Ich weiß es nicht. Ich finde mich jetzt nicht so besonders mutig. Wenn man vor Ort ist, sind das alles ganz normale Menschen. Es ist ja nicht so, dass die alle so sind, wie man das in der Presse liest. Egal wo ich bin, treffe ich eigentlich immer ganz normale Menschen, die über die gleichen Witze lachen. Und dann vor Ort kommt man halt immer weiter, weiter und weiter. Da begibt man sich manchmal in Situationen, die man von Zuhause aus nie für möglich gehalten hätte. Und man geht noch weiter, weil das was man wissen will, hinter der Angst liegt.

"Oft sind es tatsächlich einfach nur Energien, die einen Moment bestimmen oder eine Situation eskalieren lassen oder nicht."

Hast du für deine Arbeit eine gewisse Ausbildung absolviert?

Es gibt ja diese journalistische Ausbildung für Kriegsreporter in Hammelberg. Aber die habe ich nicht gemacht. Dort werden Entführungsszenarien geprobt. Aber wenn man Angst hat in solchen Gebieten, kann das gefährlich werden. Oft sind es tatsächlich einfach nur Energien, die über einen Moment bestimmen oder eine Situation eskalieren lassen oder nicht. Jede Energie ist auch eine Kommunikation und ich möchte nicht kommunizieren, dass ich ein Opfer bin. Und das ist so in dem Moment, in dem man Angst hat – man verhält sich anders als normalerweise.

Zurück zur Ukraine: Habt ihr mit euren drei Protagonistinnen noch Kontakt ? Wie geht es ihnen jetzt?

Wir wollen nicht alles aus dem Podcast vorwegnehmen. Aber jeder Mensch verändert sich natürlich in der kurzen Zeit. Und das ist das Spannende und das Tragische an jedem Krieg oder jedem Konflikt – die Dynamik. Also wie schnell sich alles verändert. Diese Dynamik haben wir mit eingefangen. Jede dieser Protagonistinnen hat eine große Wandlung durchgemacht in den letzten Wochen. Wir begleiten sie auf dieser Reise und sind mit vielen auch nach den Interviews in Kontakt.

Kennt ihr euch vor Ort selbst aus?

Ich bin vor Jahren durch die Ukraine gereist und auch mehrfach durch Russland mit der Transsibirischen Eisenbahn. Das hat zwar nichts mit der aktuellen Lage zu tun, aber es ist natürlich hilfreich, wenn man Erfahrungswerte hat. Ich war in Afghanistan und oft in Indien. Cosima hat dort länger gearbeitet. Diese Orte sind jeweils Folgen von "Women in War". Im Kongo war ich zum Beispiel das erste Mal schon 2010 und dann immer wieder. Dort war ich auch in einem Gebiet, wo man normalerweise als fester Journalist schwer reinkommt, weil dann die Versicherung nicht greift. Aber weil ich freiberuflich bin, kann ich auch andere Sachen machen, die Angestellte nicht machen dürfen.

Was hast du dort genau gemacht?

Da bin ich in ein Gebiet von einem Warlord gegangen und habe dort die Kämpferinnen interviewt. Das ist auch eine Protagonistin in unserem Podcast. Oder ich war in einem Außenbezirk der Stadt Goma und habe dort eine andere wunderbare Frau, Mama Macita, interviewt, die Opfer von sexualisierter Gewalt geworden ist und der das Schlimmste angetan wurde, was man einem Menschen antun kann. Das hier zu erzählen, wäre zu brutal.

"Dem Ganzen Schrecken die guten Menschen entgegen zu setzen, die Schönheit, das Heilen, das Gesunde."

Was ist aus Mama Macita geworden?

Sie hat es trotzdem geschafft, ein Mensch zu bleiben. Sie hat ein Heim gegründet für andere vergewaltigte Frauen, die teilweise auch von den Vergewaltigungen schwanger geworden sind. Für die hat sie ein Refugium geschaffen und hat die Mütter auch psychologisch betreut, als sie diese Kinder bekommen haben. Man trifft auf Menschen, die einen sprachlos machen. Ich weiß nicht, ob sie trotz oder gerade weil ihr das passiert ist, so über sich selber hinausgewachsen ist. Aber das sind Menschen, die in unserer Berichterstattung nicht stattfanden. Und das verstehe ich nicht.

Weil Gutes keinen Platz hat?

Es wird immer nur das gezeigt, was hässlich ist und was zerstört – auch jetzt. Siehe Putin und dergleichen. Es ist alles von Hässlichkeit und Gier flankiert. Aber wer sind eigentlich die Menschen, die das Leben lebenswert machen? Die, wie Mama Macita, vergeben können und anderen Leuten helfen, obwohl sie selbst Hilfe brauchen. Diese Menschen werden einfach nicht gezeigt. Und das ist es, was ich mir mit meiner Arbeit vorgenommen habe. Dem Ganzen Schrecken die guten Menschen entgegen zu setzen, die Schönheit, das Heilen, das Gesunde. Das klingt ein bisschen pathetisch, aber in dem Fall ist das wirklich ein Lichtschimmer in diesem dunklen Kriegsgräuel.

"Ich weiß, dass dieses Gute siegen wird, nicht unmittelbar, aber langfristig. Und diese Menschen gehören in die Geschichtsbücher."

Wie wichtig sind solche positiven, konstruktiven Geschichten bei einer Kriegs-Berichterstattung?

Im Krieg gibt es nur zwei Bewegungen: Die einen zerstören und die anderen kreieren und bauen auf. Und letzteres ist genauso echt, aber es findet in der Berichterstattung nicht statt. Ich weiß, dass das Gute siegen wird, nicht unmittelbar, aber langfristig. Und diese Menschen gehören in die Geschichtsbücher.

Wie hält man das denn aus, den ganzen Tag so schlimme Geschichten zu erfahren? Hilft dabei der positive Fokus eurer Arbeit?

Es ist natürlich wahnsinnig belastend. Wie jeder Kriegsfotograf – ich mag diesen Ausdruck nicht – aber als "War Journalist" bin ich natürlich auch ein Anti-War-Journalist. Ich glaube, das ist auch etwas sehr Weibliches, dass man versucht, mit seiner Arbeit unter anderem auch solche Tragödien zu verhindern. Das ist das Frustrierende: Dass man denkt, wenn die Leute verstehen was passiert, wird es aufhören. Und dann beginnt es wieder von vorne. Es ist einfach ein belastender Beruf, weil sich Sachen wiederholen.

Wie geht es dir damit?

Man kann dadurch natürlich zynisch und hoffnungslos werden. Aber wenn einem dann solche Menschen begegnen, die alles verloren haben, die das Schlimmste erlebt haben, was man auf Erden erleben kann und die trotzdem die Kraft haben, Hoffnung zu schöpfen und an das Gute zu glauben, dann färbt das ab. Und wer bin ich, nicht daran zu glauben, wenn sie das können.

Nun hat die neue Koalition in Deutschland sich ja der feministischen Außenpolitik verschrieben. Stimmt dich das ein bisschen optimistisch, dass vielleicht ein Schritt in die richtige Richtung gegangen wurde?

Auf jeden Fall. Denn wenn wir diesen aktuellen Krieg anschauen: Wer sind denn die Entscheidungsträger? Männer wie Putin. Und wer sind aber die, die das Land verlassen müssen und sich früher oder später um ihren Leib sorgen müssen? Denn der geschundene Frauenkörper ist immer eine Message an den Feind. Natürlich begrüße ich eine feministische Außenpolitik, aber es müsste da viel mehr passieren. Solche uralten patriarchalen Strukturen gehören einfach nicht mehr ins 21. Jahrhundert.

"Wenn man Menschen begegnet, die das Schlimmste erlebt haben, was man auf Erden erleben kann und die trotzdem die Kraft haben, Hoffnung zu schöpfen und an das Gute zu glauben, dann färbt das ab."

Eine Russin sagt im Podcast zur Annexion der Krim über die Ukrainer: "Sie haben sich wie eine Frau verhalten". Sie benutzt also das Wort "Frau" als Schimpfwort. Das hat mich überrascht, weil ihr in eurem Podcast ja gerade die Rolle der Frauen wertschätzt. Warum habt euch entschieden, diesen Part in den Podcast mit reinzunehmen?

Das haben wir getan, weil in Russland ein Riss durch die Familien geht. Xenia ist eine ganz normale junge Frau, die in Russland lebt und ein ganz normales Leben haben will. Und die ist ausgerastet, als sie gehört hat, dass Krieg ist. Sie hat Panik bekommen, wirklich Panik. Und ihre Großmutter, mit der sie in einer Wohnung lebt, schaut, wie die Mehrheit der älteren Russinnen und Russen, Staatsfernsehen und hat eine ganz andere Realität. Die leben in einer Wohnung, sind aber mental kilometerweit getrennt. Diese Großmutter haben wir dann auch zu Wort kommen lassen, weil es ja ein Beispiel dafür ist, wie gespalten russische Familien sein können.

Geht Xenia auch protestieren?

Xenia war früher demonstrieren und jetzt, wo die Haftstrafen auf 19 Jahre erweitert wurden, demonstriert sie nur noch im Stillen und zwar mit einem grünen Bändchen. Das macht nach außen zwar keinen Sinn, aber wenn man in der U-Bahn jemanden anderen mit grünem Bändchen sieht, dann weiß man zumindest, dass man nicht alleine ist.

Derzeit wird von der ukrainischen Seite, auch in Deutschland, die Gewalt im Widerstand etwas glorifiziert. Hattet ihr da bedenken? Gerade in diesem Beispiel im Podcast, wo eine Frau mit ihren Kindern auf einem Familienfoto mit Gewehren posiert.

Das ist für uns natürlich befremdlich. Die Protagonistin ist ja auch noch hochschwanger und sie lehrt ihre Kinder den Umgang mit der Waffe. Natürlich ist das alles fraglich, aber es ist eine Herangehensweise von mir, dass ich nicht wertend bin. Es ist nur die Konstellation aus Zeit und Ort, wo ich geboren worden bin, die mich zu dem macht, was ich bin. Nur weil ich zufällig in einer demokratischen Zeitspanne in einem stabilen Land geboren wurde, bin ich nicht der Moralapostel. Ich bin total ergebnisoffen. Wir zeigen nicht nur den Krieg, sondern auch das, was der Krieg mit den Menschen macht. Und das ist ein sehr gutes Beispiel.

"Hier sind das Flüchtlinge und dort sind das ganz normale Menschen. Die Flucht nimmt ihnen die Identität."

Wie sehr verändert der Krieg die Menschen und wie sehr nimmt euch das auch mit?

Hier sind das Flüchtlinge und dort sind das ganz normale Menschen. Die Flucht nimmt ihnen sozusagen die Identität. Dort ist sie ein Mädchen mit einem schönen Namen, die gerne arbeitet, tanzt. Die sich gerne bunt anzieht und gut kocht. Die ihr eigenes Geld verdient, gerne Musik hört und die mit ihren Freundinnen schöne Unternehmungen macht. Und hier ist sie einfach nur noch ein Flüchtling. Mitzubekommen, dass man durch einen Umstand plötzlich seine Identität verliert, ist sehr krass.

Thematisiert ihr auch, wie der Krieg das Verhältnis zwischen Mann und Frau verändert?

Wir reden ja kaum mit Männern (lacht). Wie sich das Verhältnis zu Männer ändert, haben wir aber in anderen Folgen des Podcasts ganz konkret gezeigt. Olenas (ukrainische Widerstandskämpferin, Anm.d.Red.) Mann hat uns übersetzt und der war schon sehr stolz auf sie. Aber natürlich wird es da auch das eine oder andere Problem geben, weil sie sich nicht mehr so um den Haushalt kümmern kann. Er hat auch schon angemerkt, dass er Geburtstag hatte und sich den Kuchen selber backen musste. (lacht)

Gerade entwickelt sich der Konflikt in der Ukraine sehr, sehr schnell. Habt ihr vor, eine zweite Staffel zur Ukraine zu produzieren?

Wir hoffen natürlich, dass das nicht mehr nötig ist. Aber wir wollen eigentlich schon eine zweite Staffel, denn der Podcast ist eine Langzeitbeobachtung. Während unseres Podcasts ist eine Protagonistin geflohen. Sie hat gegen ihren Willen das Land verlassen und ist jetzt in Moldawien. Aber sie möchte endlich wieder zurück. Die andere ist eine Kämpferin, aber wir gehen davon aus, dass sie sich natürlich umso mehr radikalisieren wird, umso länger der Krieg dauert.

WHO schlägt wegen Ausbreitung von Vogelgrippe-Virus Alarm

Die Begriffe Vogelgrippe und Geflügelpest sind in Deutschland schon lange nicht mehr neu. Über Wildvögel aus dem südostasiatischen Raum gelangte das Virus laut Friedrich-Loeffler-Institut bereits 2004 auf den europäischen Kontinent, meist im Winter wurden Ausbreitungen regelmäßig etwa aus deutschen Zoos oder Geflügelfarmen gemeldet.

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