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Interview

Generation Z: Tiktokerin Wifiloo_m über die Schattenseiten von Social Media

In der Reihe "Die Gen-Z" beleuchtet watson die junge Generation, die zwischen 1997 bis 2012 geboren ist.
In der Reihe "Die Gen-Z" beleuchtet watson die junge Generation, die zwischen 1997 bis 2012 geboren ist.null / bild: imago / jürgen held
Interview

Tiktok-Star Wifiloo_m enthüllt Schattenseite von Social Media: "Schulzeit nicht immer schönste Zeit"

31.10.2022, 10:5831.10.2022, 11:35
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Lea Pietsch hat 3,8 Millionen Fans auf Tiktok. Sie singt in die Kamera, stylt sich, erzählt von ihrem Privatleben und zeigt, wie sie ihre Wohnung dekoriert oder was sie gekocht hat. So weit, so normal. Doch die Kommentare unter ihren Videos sind begeistert bis frenetisch. Wie hat es die 21-Jährige geschafft, mit so viel Normalität so erfolgreich zu werden?

Die junge Frau startete bereits in der Schule ihren Musically-Account, später Tiktok, und ist heute unter dem Namen @wifiloo_m einer der größten deutschen Stars der Social-Media-Plattform.

Lea Pietsch hat auf Tiktok mehrere Millionen Follower:innen.
Lea Pietsch hat auf Tiktok mehrere Millionen Follower:innen.Bild: Lea Pietsch

Im Interview mit watson erzählt Lea, warum sie trotz ihrer Offenheit im Netz eigentlich schüchtern ist, wie es ist, schon in der Schule berühmt zu sein und warum sie ihren zukünftigen Kindern eine Kindheit ohne Social Media wünscht.

watson: Lea, wie wird man zum Tiktok Star?

Lea: Vor ein paar Jahren habe ich mir eigentlich so typisch mitläufermäßig die App heruntergeladen, weil sie so viele Freunde hatten (lacht). Ich habe im ersten Moment gar nicht verstanden, wie diese App funktioniert und fand sie zu dem Zeitpunkt auch gar nicht so gut. Bis mir dann eine Freundin erklärt hat, wie man die Videos dort aufnimmt, sodass es letztlich cool ausschaut. Daraufhin habe ich begonnen, mich mit der App zu beschäftigen und kreativ zu entfalten.

Das heißt, als du angefangen hast als Creator warst du noch minderjährig. Was haben deine Eltern dazu gesagt?

Ich habe mir die App einfach runtergeladen. Damals hat man nicht großartig nachgefragt und sich auch erst einmal gar nichts dabei gedacht. Meine Eltern konnten damals gar nichts mit dem Namen und der Plattform anfangen. Es gab dann aber einen Zeitpunkt, an dem ich blöderweise gehackt wurde und mein Konto war von heute auf morgen verschwunden: Alles, was ich mühevoll ein Jahr lang gepostet und geteilt habe, war weg. Mich hat das Ganze emotional sehr getroffen und ab diesem Moment haben meine Eltern gemerkt, dass mehr dahinter steckt. Von da an haben sie begonnen, es zu verfolgen und da war ich auch nicht mehr minderjährig.

"Es waren am Anfang viele Freunde schon sehr kritisch. Da wurde das belächelt."

Wie war es für deine Freunde, dass du auf Tiktok so berühmt bist?

Natürlich war das während der Schulzeit nicht unbedingt selbstverständlich und es waren am Anfang viele sehr kritisch. Es wurde äußerst belächelt. Erst ein paar Jahre später in der Oberstufe, als alle auch etwas reifer waren, habe ich gemerkt, dass die Leute es doch alle ziemlich cool finden, was ich mir dort aufgebaut habe. Davor haben sie es die ganze Zeit abgestritten und sich auch mehr oder weniger darüber lustig gemacht. In der zehnten Klasse haben manchmal einige Mitschüler im Unterricht einfach angefangen, meine Youtube-Videos abzuspielen. Das war etwas unangenehm für mich und ich habe auch nie den Sinn und Zweck dahinter verstanden. Die Schulzeit war nicht unbedingt immer die schönste Zeit. Natürlich gab es Freunde, die mich unterstützt haben. Aber es gab auch durchaus Leute, die gewisse Vorurteile hatten.

Die Gen Z – Wer sie sind, was sie antreibt
Eine Generation, viele Namen: Z wie Zombie oder Generation Snowflake oder Greta. Die neue watson-Serie beleuchtet die Post-Millenials, die zwischen 1997 und 2012 Geborenen, was sie ausmacht und wo sie hin wollen. Für welche Zukunft steht das Z?

Sie gelten als angepasst, geradezu konservativ. Und doch haben sie mit "Fridays for Future" eine weltweite Protestbewegung in Gang gesetzt. Sie sind unselbstständig, aber prägen als Influencer Brands und werden zu Arbeitgebern, bevor sie volljährig sind.

Sie sind die Generation, die so sehr im Überfluss aufgewachsen ist, wie keine zuvor. Und doch müssen sie mit einem Krieg und einer Pandemie die größten gesellschaftlichen Herausforderungen seit dem Zweiten Weltkrieg meistern.

In der watson-Serie sprechen wir mit Experten und Post-Millenials über eine neue Generation.

Serienteil 1: Konservativ, zerbrechlich und abhängig von den Eltern: Forscher erklärt die Generation Z

Serienteil 2: Generation Z: Influencerin Leoobalys zu Kritik an ihrem Beruf – "mach's doch einfach selbst"

Serienteil 3: Workout für die Psyche: Einfache Übungen für die mentale Gesundheit der Generation Z

Wie fühlt es sich an, so viel von sich und seinem Privatleben zu zeigen?

Es ist natürlich nicht so, dass ich gesagt habe: Ab heute teile ich mein ganzes Leben. Am Anfang war ich relativ scheu, weil ich auch eine extrem schüchterne Person war – auch im Unterricht. Deswegen fanden das viele sehr crazy, wenn sie mich von der Schule kannten und dann auf Social Media gesehen haben. Natürlich fiel es mir am Anfang nicht leicht, in die Kamera zu sprechen. Das kam erst so mit der Zeit, dass ich aufgetaut bin und am Anfang hatte ich dieses Selbstbewusstsein definitiv nicht. Ich weiß nicht wieso, aber mir fiel es online leichter, mit Leuten zu kommunizieren, welche ich gar nicht kenne, als mit Leuten, die ich eigentlich täglich sehe. Über die Jahre hinweg wurde ich dann immer selbstbewusster und habe auch mehr Dinge aus meinem Leben gezeigt.

Gibt es alte Tiktoks von dir, die dir jetzt peinlich sind?

Wenn ich mir alte Tiktoks von mir anschaue, von vor drei bis vier Jahren, bin ich mir nicht sicher, ob ich das heute noch genauso posten würde. Damals war ich zufrieden damit und ich habe es gemacht, weil es mir Spaß gemacht hat. Ich sehe das Ganze auch so ein bisschen als Weg. Das ganze Leben ist ein Prozess und du wirst nie auf ein perfektes Leben zurückschauen und sagen: "Das fand ich alles supertoll, wie ich das gemacht habe." Ich finde manchmal selbst Bilder, die ich vor einem Jahr gemacht habe, jetzt nicht mehr gut. Und genau so sehe ich das auch teilweise mit Videos, die ich hochgeladen habe. Ich hatte ganz andere Interessen und mich außerdem anders artikuliert als heute. Und auch wenn manche Videos dann für mich vielleicht cringe anzugucken sind – es bin halt einfach ich gewesen in dem Moment.

"Letztendlich 'influencen' wir uns alle gegenseitig."

Dein Insta-Account wurde schon einmal gehackt. Macht dir das Angst, dass deine Karriere so schnell gelöscht werden kann?

Heutzutage weiß ich, dass ich mein Konto auf jeden Fall immer wiederbekommen würde. Ich sehe mich als Content Creator, weil ich mich nicht nur auf die Plattform stütze, sondern nebenbei eine eigene Modemarke aufgebaut habe und jetzt in den Musikbereich starte, weshalb ich auch nicht auf diese Plattform angewiesen bin. Natürlich basiert meine Reichweite darauf und es ist ein gewisses Risiko dabei, weil man sich natürlich abhängig vom Algorithmus macht und auf dieser Plattform lebt. In anderen Jobbereichen ist man jedoch auch nicht zu 1000 Prozent safe. Es gibt ja auch immer noch Plan B oder C, den man verfolgen kann. Ich habe mir schon relativ viele Standbeine in andere Richtungen geschaffen.

Du siehst dich also nicht wirklich als Influencerin?

Ich persönlich kategorisiere mich nicht als Influencer, sondern als Content Creator und Sängerin. Für mich sind klassische Influencer Personen, die fast täglich irgendwelche Kooperationen und Produkte bewerben. Ich sage nicht, dass ich noch nie Werbung für ein Produkt gemacht habe und natürlich beeinflusse ich mit meinen Videos auch viele Menschen, aber letztendlich "influencen" wir uns alle gegenseitig. Außerdem würde ich sagen, dass ich einen Mehrwert für meine Community schaffe. Klar, nicht jeder Beitrag ist super informativ und muss das auch gar nicht sein. Ganz viel ist einfach Entertainment und Spaß.

"Ich bin sehr glücklich, dass ich noch eine Kindheit ohne Social Media hatte."

Wie würdest du denn deine Generation in ein paar Worten beschreiben?

Natürlich definitiv anders als vor noch zehn oder 15 Jahren. Ich würde schon sagen, dass wir heutzutage in einer sehr medialen, digitalen Welt leben. Dieser Austausch untereinander und die Einflüsse von außen auf unsere heutige Jugend sind viel extremer als damals, weil wir uns noch mehr mit anderen vergleichen und täglich so viele Eindrücke bekommen. Das erleichtert zwar auch viel, weil wir uns austauschen können und auch neue Leute kennenlernen. Aber andererseits sehe ich das auch kritisch.

Inwiefern kritisch?

Ich bin sehr glücklich, dass ich noch damals eine Kindheit ohne Social Media hatte und in der Natur spielen und Leuten treffen konnte. Heutzutage treffen sich die Kids teilweise online nur noch zum Zocken. Ich finde es schon etwas traurig, dass wenn ich später Kinder habe, dass diese wahrscheinlich nie so eine Kindheit wie ich erleben werden, da dieser mediale Konsum einfach so extrem ist.

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