Keine Frau, die die Pille nimmt, bekommt ihre Periode. Vielleicht verwundert dieser Satz die eine oder andere. Schließlich weiß doch jeder, dass Frauen monatlich bluten, egal ob mit Pille oder ohne – nur manche nehmen die Pille pausenlos durch und unterbinden damit die Blutung komplett. Doch das, was viele als Periode bezeichnen ist auf der Pille nur eine Hormonentzugsblutung.
Und die ist eigentlich auch komplett sinnlos, wie die britische "Faculty of Sexual and Reproductive Healthcare" (FSRH) nun angemerkt hat.
"Es gibt keine gesundheitlichen Vorteile der 7-tägigen Pillenpause", heißt es in einer Pressemitteilung des größten Berufsverbandes für Sexualgesundheit in Großbritannien.
Keine gesundheitlichen Vorteile, dafür aber Nachteile im Hinblick auf die Sicherheit. Denn die Pause erhöhe die Gefahr, dass eine Einnahme vergessen wird, schreibt der Verband weiter, der regelmäßig Richtlinien für den Praxisalltag von Ärzten und medizinischem Fachpersonal herausgibt. Das sieht im Übrigen auch der Berufsverband der Frauenärzte in Deutschland so. Auf deren Website "Frauenärzte im Netz" heißt es:
Die Pillenpause ist also nicht medizinisch indiziert und weniger sicher als eine pausenlose Einnahme. Doch warum empfehlen sie dann so viele Ärztinnen und Ärzte? Die Antwort findet sich irgendwo in den 1950ern, als das Verhütungsmittel entwickelt wurde. Entscheidend beeinflusst hat dies der Mediziner und Pillenmitentwickler John Rock. Der Gynäkologe John Guillebaud sagte im "Telegraph" dazu:
Rock war Katholik und bemühte sich, die von ihm mitentwickelte Methode der Empfängnisverhütung theologisch zu rechtfertigen, um sich so auch die Akzeptanz der Kirche zu sichern.
Wie der Journalist Malcolm Gladwell schon vor knapp zwanzig Jahren für den "New Yorker" recherchiert hat, hatte Rock auch versucht, dies mit dem Design der Pille zu erreichen. Denn der 21-Tage-Zyklus, der mit der Pille simuliert wird, ähnelt eben einer Methode der "natürlichen" Empfängnisverhütung, der "rhythm method", die die Kirche akzeptierte. Dieser "natürliche" Anschein, den die Pillenpause vorgab, sollte die Theologen überzeugen.
Hat allerdings nicht geklappt. Laut der päpstlichen Enzyklika "Humanae Vitae" von 1968 gibt es bis heute nur eine gültige Einnahmeempfehlung der katholischen Kirche für die Antibabypille und die lautet: gar nicht nehmen.
Die Pillenpause als gescheiterter Überredungsversuch also. Und medizinisch überflüssig. Trotzdem kämen viele vermutlich nicht auf die Idee, die Fake-Periode zu hinterfragen. Einmal im Monat eine Blutung ist doch total normal. Warum also dran zweifeln?
Dabei lohnt es sich eigentlich immer, ein bisschen skeptisch zu sein, wenn es um weibliche Geschlechtsorgane und ihre pharmazeutische oder medizinische Versorgung geht. Auch wenn es nicht so sein sollte, fällt doch immer wieder auf, dass dabei nicht nur wissenschaftlich und sachlich kalkulierte Überlegungen eine Rolle spielen. Sondern auch eine ganze Schippe Moral und Ideen von "Natürlichkeit", die sich gesellschaftlich und kulturell entwickelt haben.
Und für manche Frauen kann der Langzyklus, also das "Durchnehmen" der Pille sogar eindeutige Vorteile haben:
In anderen Worten: Nur weil die Pille mit ihrer gängigen Pillenpause einen Zyklus simuliert, ist an dieser Art und Weise der Verhütung noch lange nichts "natürlich".