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Wie läuft eine Not-OP ab? Eine junge Ärztin berichtet

Volle Konzentration: Bei einer Not-OP ist es mit der Ruhe vorbei.
Volle Konzentration: Bei einer Not-OP ist es mit der Ruhe vorbei.Bild: ki / midjourney
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Not-OP im Krankenhaus: Wie sie abläuft und worauf es für Ärzte wirklich ankommt

Julia Saliger ist Ärztin. In ihrer watson-Kolumne schreibt die 26-Jährige über ihr Leben, ihre Emotionen und ihre Erfahrungen zwischen Kittel, Klinik und Kaffeeküche.
16.08.2025, 09:0716.08.2025, 09:07
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"Nachdem die Worte 'Sie müssen jetzt notoperiert werden' gefallen waren, fühlte sich alles an wie in einem Fiebertraum."

So in etwa beschreiben Patient:innen das Gefühl, wenn sie sich einer Notoperation unterziehen müssen.

Was das für uns als medizinisches Personal hingegen bedeutet, was uns interessiert und was uns bei den Vorbereitungen wirklich egal ist, darüber möchte ich in meiner heutigen Kolumne berichten.

Zunächst aber muss die Begriffsdefinition einer Notfall-Operation geklärt werden: Um diese handelt es sich, wenn ein akut (!) lebensbedrohlicher Zustand vorliegt und ein zeitlicher Aufschub der Operation am ehesten letal, also mit dem Tod, enden würde.

Achtung, Verwechslungsgefahr: Eine dringliche Operation ist etwas anderes. Auch die wird sehr zeitnah durchgeführt, es besteht jedoch keine Lebensgefahr, wenn sie um ein paar Stunden aufgeschoben wird.

Julia Saliger ist Ärztin in München. Hier findest du sie auf Tiktok.
Julia Saliger ist Ärztin in München. Hier findest du sie auf Tiktok.bild: privat

Kurz gesagt: Wenn die Indikation für eine Not-OP gestellt wird, interessiert uns als Mediziner:innen nicht mehr viel. Wir müssen loslegen.

Die zuständigen Narkose-Ärzt:innen wollen wissen, wann die letzte Nahrungsaufnahme stattgefunden hat und ob Blutkonserven vorbereitet werden müssen, Chirurg:innen möchten wissen, ob es bereits frühere Eingriffe gab, welche die folgende Operation erschweren könnten. Die Antworten auf die Fragen ändern jedoch nur die jeweilige Vorbereitung, nicht aber die zeitliche Dringlichkeit.

Not-OP: Nichts ist wichtiger als perfektes Teamwork

Was für uns zählt, ist vor allem Folgendes: klare Kommunikation, effizientes Zeitmanagement und, am allerwichtigsten, Teamwork. Jeder im Raum weiß, wo seine Position ist, was erledigt werden muss und welche Aufgabe er oder sie zu übernehmen hat.

Denn auch, wenn Adrenalin den Raum erfüllt, gibt es in dem Moment nichts Wichtigeres, als einen klaren Kopf zu behalten. Nachdem die Abläufe im Team geklärt wurden, es das mündliche Einverständnis (sofern einwilligungsfähig) der zu operierenden Person gibt und die Logistik organisiert ist, geht es los in den Operationssaal, in dem das Team aus Anästhesie, Pflege und Chirurgie bereits wartet. Narkoseeinleitung, steriles Abwaschen und Einkleiden der Chirurg:innen folgt, dann kommt der Schnitt.

Wer sich schon einmal einer geplanten Operation unterzogen hat, weiß: Die Vorbereitung braucht eigentlich Zeit. Aufklärung, Unterschriften, Verhaltensregeln, all das wird in Ruhe geklärt. Doch wenn all das bei einer Not-OP scheinbar keine Rolle mehr spielt – ist es dann überhaupt relevant? Kurz gesagt: ja. Denn etliche, eigentlich der Vorbereitung dienende Prozeduren werden nach einem solchen Eingriff nachgeholt. Es werden Angehörige benachrichtigt, ausführlich über den durchgeführten Eingriff aufgeklärt und Einverständniserklärungen retrospektiv dokumentiert.

Das mag auf den ersten Blick paradox wirken – aber die rechtliche und ethische Grundlage für jede medizinische Maßnahme gilt auch dann, wenn sie zunächst ohne klassische Vorbereitung erfolgen musste.

Gerade bei einer Not-OP darf auf keinen Fall Chaos herrschen

Was viele überraschen mag: Auch in akuten, kritischen Situationen folgen wir einem klar definierten Handlungspfad. Es gibt strukturierte Algorithmen, standardisierte Abläufe, festgelegte Kommunikationsmuster. Wer denkt, Notfälle oder gar die Notfallmedizin seien Chaos, der irrt. Gerade hier ist Struktur der Schlüssel.

Zwischen Notfallklingel und Hautschnitt vergehen oft nur wenige Minuten – aber jede davon ist gefüllt mit Präzision, denn im Zweifel kommt es auf Sekunden an. Natürlich verlaufen Notfälle selten linear und vorhersehbar. Nicht selten, auch wenn das niemand hören möchte, enden sie ohne Erfolg. Häufig kündigt sich ein letales Ende im Verlauf bereits an, die Diagnosen und Komplikationen häufen sich, lassen sich nicht mehr beherrschen, die Ursachen scheinen unbekannt.

In der ersten Not-OP, die ich noch in meinem Praktischen Jahr miterleben durfte, war genau das der Fall. Es ist ein unfassbar mulmiges Gefühl, zu wissen, dass man alles Menschenmögliche versucht, aber nicht weiß, ob es reichen wird.

Während Adrenalin und Anspannung den OP-Saal in diesen Situationen erfüllen, bleibt immer eines: Hoffnung. Hoffnung, dass es reicht. Hoffnung, dass ein Leben gerettet werden kann. Das mag nach Druck klingen. Natürlich. Und doch empfinde ich es als riesiges Privileg, als medizinisches Team Teil dieser Hoffnung sein zu dürfen.

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