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Gleichberechtigung: Warum mich am Weltfrauentag das Gejammere der Männer nervt

Demonstration zum Internationalen Frauentag in Berlin am 8. Maerz 2021. Viele Tausende Menschen, insbesonders Frauen trafen sich um für Frauenrechte in Berlin zu demonstrieren. *** Demonstration for t ...
Frauen gehen zum Internationalen Frauentag am 8. März in Berlin auf die Straße. Gut so, findet unsere Redakteurin.Bild: www.imago-images.de / Emmanuele Contini
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Gleichberechtigung: Das Gejammer am Weltfrauentag geht mir auf die Nerven!

07.03.2024, 07:5509.03.2024, 13:40
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Es soll ja immer noch Menschen geben, die den Weltfrauentag für völlig unnötig halten. Die doch tatsächlich meinen, dass wir schon längst in einer gleichberechtigten Gesellschaft leben. Und gleichzeitig hört man immer wieder Klagen von Männern, die sich durch den Feminismus benachteiligt, ja sogar bedroht fühlen würden.

Derzeit werden solche Ansichten wieder häufiger geäußert: Der patriarchale Schreckenstag (gemeint ist natürlich der Weltfrauentag – oder wie er eigentlich heißen sollte, der feministische FLINTA*-Kampftag) naht. Am 8. März ist es wieder so weit.

Die Bedeutung von FLINTA*
Das Akronym FLINTA* steht für Frauen, Lesben, intersexuelle, nicht-binäre, trans und agender Personen – also für alle, die aufgrund ihrer Geschlechtsidentität patriarchal diskriminiert werden.

Aber, ich sage es, wie es ist: Das alljährliche, inhaltsleere Gejammere der Männer zum FLINTA*-Kampftag nervt mich! Zeit also, mal wieder einen geschärften Blick auf den Status quo des Kampfes um Gleichberechtigung in Deutschland zu werfen. Kleiner Spoiler vorab: In diesem Kampf sind noch einige Schlachten zu schlagen.

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Zunächst: Der FLINTA*-Kampftag wird seit über 100 Jahren am 8. März begangen. Das grundlegende Ziel ist wie folgt definiert: die völlige Gleichstellung von Frauen in wirtschaftlicher, kultureller und sozialer Sicht. Aufgrund fehlender Daten zur Gleichstellung der Geschlechter kann in diesem Artikel der Begriff Frauen leider nicht durch FLINTA* ersetzt werden.

Ein Blick zurück zeigt, dass es zumindest in Deutschland in Sachen Gleichstellung in den letzten Jahrzehnten deutlich vorwärtsging. Frauen dürfen in Deutschland wählen, sie haben ein eigenes Bankkonto, besitzen das Recht, über ihren eigenen Körper zu bestimmen, und seit 1991 sind sie sogar offiziell auf den Fußballfeldern dieser Welt zugelassen.

Danke dafür erstmal.

Auch wenn sich im Laufe der feministischen Erfolge nicht alle Politiker (an dieser Stelle bedarf es keines Genderns) mit Ruhm bekleckern konnten: So stimmten etwa 1997 im Bundestag 138 Abgeordnete gegen die Strafbarkeit von Vergewaltigung. Darunter auch der damalige Gesundheitsminister Horst Seehofer (CSU) und der heutige CDU-Chef Friedrich Merz.

Und dennoch kämpfen Frauen heute weiter. Es geht um die vollkommene Gleichberechtigung auf dem Arbeitsmarkt, in der Politik und im Alltag. Es geht um nicht mehr, aber auch nicht um weniger.

Care-Arbeit wirkt sich stark auf den Gender-Pay-Gap aus

Einer der offenbar utopischen Wünsche von Frauen, ist die längst überfällige Überwindung des Gender-Pay-Gaps. Und seien wir mal ehrlich: Dass es, nachdem wir gesellschaftlich schon so viel geschafft haben, 2024 immer noch unüberbrückbare Differenzen gibt bei den Gehältern, kann doch nicht sein!

Laut dem Bericht des Statistischen Bundesamt aus dem Jahr 2021 verdienen Frauen ganze 18 Prozent, also circa 4,16 Euro pro Stunde weniger. Diese Ungerechtigkeit wirft nicht nur Fragen zur Wertschätzung der weiblichen Arbeitskraft auf, sondern auch einen Schatten auf die finanzielle Unabhängigkeit von Frauen.

Dafür übernehmen Frauen mehr von der unbezahlten Care-Arbeit. Es ist nicht neu, aber das macht es nicht besser: Frauen leisten laut dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) täglich durchschnittlich 52,4 Prozent mehr unbezahlte Sorgearbeit als Männer – sei es in der Kindererziehung, der Pflege von Angehörigen oder im Haushalt.

Daran wird sich allerdings nichts ändern, schaffen wir es nicht endlich, internalisierten Erwartungshaltungen an die Geschlechter zu überwinden. Schließlich leiden nicht nur Frauen unter dem sozialen Druck der Rollenzuschreibung, sondern auch Männer, die sich beispielsweise mit einem erschwerten Zugang zur Elternzeit konfrontiert sehen. Warum tragen wir ein System weiter, unter dem die meisten leiden?

Weniger als ein Drittel aller Führungspositionen von Frauen besetzt

Denn jede:r sollte unabhängig vom Geschlecht Karriere machen können, oder sich eben dagegen entscheiden können.

Fakt ist aber: Es gibt in Deutschland genauso viele Christians in den Chefetagen der 160 größten börsennotierten Konzerne, wie Frauen. Wir sollten also nicht über Gleichberechtigung streiten, sondern gegen Ungleichheiten ankämpfen. Laut dem Statistischen Bundesamt waren 2022 in Deutschland nur 28,9 Prozent der Führungs­positionen von Frauen besetzt.

Und das, obwohl laut Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) Frauen gleiche oder höhere Bildungsabschlüsse, Qualifikationen sowie Führungskompetenzen vorzuweisen haben.

Klar, lässt sich das auch mit der hohen Belastung durch Care-Arbeit erklären. Aber der Arbeitsmarkt und die Führungsebenen waren auch einfach lange Zeit von Männern dominiert. Führungskräfte werden mit "männlichen" Eigenschaften assoziiert. Oder einfacher gesagt: Männer halten männliches Auftreten eher für einen Erfolgsfaktor und neigen daher dazu, vor allem Männer zu befördern.

Und da fängt der ewige Kreislauf an, in dem wir uns seit Jahrzehnten befinden. Um daraus endlich ausbrechen zu können, brauchen wir die Frauenquote. Und genauso wichtig sind Männer ohne Angst vor Gleichstellung.

Sonst funktioniert das hier alles nicht!

14 Fälle von Partnerschaftsgewalt pro Stunde

Kommen wir nun zum Schlimmsten: Das größte Gesundheitsrisiko für Frauen ist Gewalt – psychische, physische oder sexuelle. Und diese Gewalt kann überall lauern, unterwegs ebenso wie zu Hause.

Das Lagebild des BKA für das Jahr 2022 zeigt, wie dramatisch die Situation ist. Demnach werden in Deutschland stündlich mehr als 14 Frauen Opfer von Gewalt in der Partnerschaft und täglich versucht ein Partner oder Ex-Partner eine Frau zu töten.

Und solange Frauen Angst hinter der eigenen Wohnungstür, Angst in Parks, Angst vor Unterführungen oder Angst vor dunklen Gassen haben müssen, ist es mir unbegreiflich, wie wir uns überhaupt erst die Frage stellen können, ob wir in einer bereits gleichberechtigten Gesellschaft leben.

Der Weltfrauentag allein wird daran nichts ändern. Leider. Rabattaktionen von Kosmetikmarken oder Blumengeschenke zum Feiertag sowieso nicht. Was wir mit dem Feiertag machen sollten, ist, ihn endlich als feministischen Weckruf zu verstehen – und dann auch danach zu handeln.

Wir können bessere Diskussionen führen und gemeinsam aktiv werden. Damit wir echter Gleichberechtigung zumindest ein Stück näher kommen.

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